Fridays for Future Potsdam: Menschenkette für den Klimaschutz
Fridays For Future fordern autofreies Potsdam und mehr Tempo beim kommunalen Masterplan Klimaschutz. Am Freitag gingen rund 200 Aktivist:innen auf die Straße.
Potsdam - „No More Empty Promises“, „Keine leeren Versprechen mehr“ – unter diesem Motto bildeten die Klimaaktivist:innen von Fridays For Future am späten Freitagnachmittag eine Menschenkette auf beiden Seiten der Breiten Straße zwischen Filmmuseum und Rechenzentrum, bei weiterlaufendem Verkehr. Rund 200 Menschen hatten sich an der Aktion zum siebten internationalen Klimastreik beteiligt, zu dem in 50 Ländern Proteste stattfanden, allein 270 Aktionen gab es in Deutschland.
"Dieser Planet stirbt, und ihr gebt ihm Sterbehilfe"
Neben vielen Jugendlichen beteiligten sich auch ältere Potsdamer:innen am Klimastreik. Insgesamt unterstützten 35 Initiativen den Aktionstag, darunter Extinction Rebellion, der Naturschutzbund Deutschland oder die Partei Volt. Die Teilnehmer:innen der Menschenkette trugen Masken und hielten größtenteils die Abstände ein. Den vorbeifahrenden Autofahrer:innen hielten sie Plakate mit Sprüchen wie „Alle für 1,5 Grad“, „Dieser Planet stirbt, und ihr gebt ihm Sterbehilfe“, oder „Grünkohl statt Braunkohle“ entgegen, vereinzelt gab es zustimmendes Hupen.
Bundestagskandidatin Roloff will Wahl zur Klimawahl machen
„Wat wolln wa? Klimajerechtigkeit!“ feuerte die Klimaaktivistin Lu Yen Roloff auf brandenburgisch die Teilnehmer:innen der Menschenkette zu Sprechchören an. Die frühere Greenpeace-Aktivistin tritt wie berichtet als freie, parteilose Bundestagskandidatin für Potsdam und den Wahlkreis 61 bei der Bundestagswahl gegen SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und die potentielle Spitzenkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, an. Potsdam sei daher der spannendste Wahlkreis in dieser Wahl, so Roloff, die für ihre Rede viel Applaus erntete: „Gemeinsam können wir auf Olaf Scholz und Annalena Baerbock Druck ausüben. Ich lade alle Menschen ein, diese Wahl zur Klimawahl zu machen!“
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Ähnlich äußerte sich ein Sprecher von „Scientists For Future“ in seinem Redebeitrag: „Ohne das Thema Klimaschutz kann man heute in Deutschland keine Wahl mehr gewinnen“, so Bernhard Steinberger vom Geoforschungszentrum Potsdam. Das Thema Klimaschutz begleite ihn schon seit vielen Jahrzehnten, doch erst durch Fridays For Future habe er wieder Hoffnung bekommen, dass es tatsächlich zu Veränderungen kommen könne.
Demonstrierende kritisierten, dass Potsdam bei der Verkehrswende zu langsam ist
Potsdams Klimapolitik kam bei den meisten Reden nicht gut weg: „Dass Potsdam eine Klimastadt sein soll, steht nur auf dem Papier“, sagte Eva Wieczorek von den Potsdamer Grünen, die das langsame Tempo der Verkehrswende kritisierte. Die Poller in der Gutenbergstraße und der Radstreifen auf der Zeppelinstraße seien zwar kleine Erfolge, aber viel zu wenig, so Wieczorek: „Wir fordern: Potsdam autofrei und keine neuen Dieselbusse!“
Klimanotstand zeigt in Potsdam bislang kaum Wirkung
Auch Anna Ducksch, Sprecherin von Fridays For Future Potsdam, sieht vor allem die Verkehrspolitik in Potsdam als großes Problem: „27 Prozent der CO2-Emissionen der Landeshauptstadt kommen aus dem Verkehr, da müssen wir ran.“ Sie forderte eine autofreie Innenstadt sowie die Verbesserung von ÖPNV und Radinfrastruktur. Potsdam habe mit dem Masterplan Klimaschutz 2050 zwar einen sehr umfangreichen Plan, doch 2050 sei viel zu spät zum Erreichen der Klimaziele. Ähnlich enttäuscht sei sie vom Klimanotstand, der bislang kaum Wirkung gezeigt habe. „Die Stadt arbeitet über eineinhalb Jahre nach Ausrufen des Klimanotstandes immer noch an den Kriterien, nach denen Anträge auf ihre Umweltverträglichkeit bewertet werden sollen“, so Ducksch.
Lu Yen Roloff nahm ebenfalls Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels in Potsdam: „Der Seddiner See ist stark ausgetrocknet, da gibt es jetzt einen 20 Meter breiten Strand.“ Überall in und um Potsdam sinke das Grundwasser, uralte Bäume in den Parks vertrockneten. Auch sonst hatte Roloff keine positiven Worte für den Zustand der Umwelt in Deutschland und weltweit: „Die Lage ist beschissen“, fasste sie zusammen. Die Kurzsichtigkeit und Untätigkeit, welche die Politik in der Corona-Krise gezeigt habe, könne man sich beim Klimawandel nicht leisten. Dennoch gebe sie die Hoffnung nicht auf: „Wir können in Deutschland bis 2035 klimaneutral werden, die Pläne dafür sind alle da!“, sagte Roloff.
Um dies zu erreichen und Stimmen für die Bundestagswahl zu sammeln, stellte sie am Freitag den Start der digitalen Mitmach-Plattform „Einfach Machen“ vor, auf dem nach dem Vorbild US-amerikanischer Kampagnen Wahlkampf-Aktionen gestartet werden können – „Organizing“ heißt die Strategie. Mit der Plattform sollen nach einem Schneeballsystem Freiwillige aktiviert werden, etwa um Haustürwahlkampf zu machen. „In Potsdam arbeiten bereits viele Menschen an klaren Lösungswegen und konkreten Projekten für den Klimaschutz. Wenn wir mehr Menschen befähigen, sich für diese Projekte einzusetzen, können wir neue politische Mehrheiten bilden“, so Roloff.
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