Neue Pläne für Kirchsteigfeld: Luftschiffhafen-Chef Klemund mit überraschendem Nebenprojekt
Am Kirchsteigfeld soll eine Brache zum Wohn- und Gewerbestandort werden. Für Überraschung in der Stadtpolitik sorgt, dass auch Luftschiffhafen-Chef Andreas Klemund zu den Investorenvertretern gehört.
Potsdam - Eigentlich soll Andreas Klemund als Geschäftsführer des Luftschiffhafens den kommunalen Sportpark weiterentwickeln. Doch nebenbei hat der mit mehr als 130.000 Euro pro Jahr vergütete Manager noch ein Nebenprojekt: Der als bestens vernetzt geltende SPD-Mann gehört nach PNN-Recherchen zum Projektteam, das eine große Brache am Rande des Kirchsteigfelds zum Wohn- und Gewerbestandort entwickeln will.
Pläne für Brache im Kirchsteigfeld
Demnach fungiert Klemund laut Auszügen aus dem Handelsregister seit Mai 2018 als zweiter Gesellschafter der zwei Monate zuvor gegründeten Open Space Development GmbH. Das ist jene Firma, die zusammen mit der Egenter und Czischka GmbH und zwei weiteren Partnern zuletzt die weitreichenden Pläne für die seit Jahren brachliegende Fläche zwischen dem Kirchsteigfeld und der Autobahn 115 präsentiert hat. Dort soll ein Gewerbe- und zusätzlich ein Wohngebiet samt Autobahnanbindung entstehen (PNN berichteten). Laut dem Registerauszug ist Klemund mit einem Stammkapitalanteil von 25 Prozent beteiligt, Hauptgesellschafter ist Michael Hoier-Schönbeck, der unter anderem schon mehrere Kaufhallen in Potsdam saniert hat.
Stadtverordnete sind überrascht
In der Stadtpolitik sorgt das Engagement von Klemund für Überraschung. „Das wusste ich nicht“, sagte etwa der CDU/ANW-Fraktionschef Matthias Finken in einer ersten Reaktion auf Anfrage. Ähnlich äußerte sich Linke-Parteichef Stefan Wollenberg – obwohl die Investoren erst am Montagabend ihr Projekt in der Linken-Fraktion vorstellten. „Doch dieses Detail wurde nicht erwähnt“, sagte Wollenberg auf Anfrage.
Dabei steht Klemund, gerade was Nebentätigkeiten betrifft, unter Beobachtung. 2014 hatte es deswegen viel Ärger und einen auf Antrag der Fraktion Die Andere initiierten Beschluss gegeben. Demnach müssen Vertreter der Stadt in den kommunalen Unternehmen sicherstellen, „dass die Nebentätigkeiten leitender Mitarbeiter nur dann genehmigt werden, wenn Interessenkonflikte mit der zusätzlichen Tätigkeit und der Tätigkeit für das städtische Unternehmen ausgeschlossen werden können und wenn die Nebentätigkeit von ihrem Umfang so gering ist, dass die Haupttätigkeit nicht beeinträchtigt werden kann.“
In der Begründung für den Beschluss wurde damals unter anderem eine Beratungs- und Immobilienfirma von Klemund genannt und ebenso ein Jahr später gegen eine Geldauflage eingestellte Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Zuge einer umstrittenen Honorarzahlung.
Klemund habe Beteiligung angezeigt
Die nun öffentlich bekannt gewordene Gesellschaftertätigkeit von Klemund kollidiert laut seinem kommunalen Arbeitgeber nicht mit dem besagten Stadtverordnetenbeschluss. Eine Sprecherin der städtischen Bauholding Pro Potsdam, die Mutterfirma der Luftschiffhafen GmbH, sagte den PNN auf Anfrage: Die Beteiligung an der Gesellschaft habe Klemund entsprechend der Regularien der Pro Potsdam und der Landeshauptstadt Potsdam „ordnungsgemäß angezeigt“. Klemund übernehme auch keine Aufgaben im operativen Geschäft der Gesellschaft. „Somit handelt es sich nicht um eine Nebentätigkeit, sondern um eine reine Vermögensverwaltung“, so die Sprecherin weiter. Zudem stehe die Open Space Development GmbH zur Luftschiffhafen Potsdam GmbH nicht im Wettbewerb, es bestünden auch keine anderen geschäftlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften. Daher gäbe eine keine Kollision zwischen den Tätigkeiten als Luftschiffhafen-Chef und als Anleger.
Gewerbe und Wohnungen sind geplant
Wie berichtet wollen die Entwickler rund 120.000 Quadratmeter Gewerbeflächen und 70.000 Quadratmeter für Wohnungen und andere soziale Nutzungen wie eine Kita schaffen. Da einst vor Ort nur Gewerbe geplant war und nun noch Wohnungen dazukommen sollen, sollen die kompletten Büroflächen in Gebäude mit zum Teil bis zu 16 Etagen kommen.
Für das Projekt haben sich bereits Linke, CDU/ANW und SPD in einem gemeinsamen Antrag stark gemacht, dieser wird am heutigen Dienstag im Bauausschuss behandelt. In dem Vorstoß heißt es unter anderem, das Rathaus solle den dort geltenden Bebauungsplan „inhaltlich mit dem Ziel zu überarbeiten, dass südlich des Hirtengrabens auf den Baufeldern entlang der Ricarda-Huch-Straße mehrgeschossiger Wohnungsbau und soziale Infrastruktur errichtet werden kann.“ Zudem will man die Investoren zum Bau einer Autobahnanbindung verpflichten. Ferner sollen über das Baulandmodell weitere Sozialwohnungen und eine finanzielle Beteiligung der Investoren an den Kosten für die Infrastruktur erreicht werden.
SPD-Fraktionschef Pete Heuer sagte den PNN schon vor der Sitzung, Ziel des Antrags solle es keinesfalls sein, eine Wertsteigerung durch zusätzliche Baurechte zu erreichen. „Vielmehr geht es darum, diese ewige Gewerbebrache auf der Seite der Straßenbahntrasse mit einem Anteil dringend benötigter Wohnbebauung zu versehen. Dies wiederum erst, wenn geprüft wurde, wie auf der der Autobahn zugewandten Seite mittels Gewerbebebauung der Lärmschutz gewährleistet werden kann. „Ziel sind Wohnen und Arbeiten im Kirchsteigfeld zu realisieren“, so Heuer.
Er plädiere daher für einen Prüfauftrag, wie auf einem Teil des Areals Wohnen statt Gewerbe möglich sein könnte. Zum Fall Klemund sagte Heuer, auch er sei überrascht gewesen, als er von dem Engagement hörte. „Umso wichtiger ist es, dass bei der Überarbeitung des B-Planes keine Wertsteigerung bei den Investoren verbleibt.“
Klemund: Er habe sich an alle Regularien gehalten
Klemund selbst verwies auf die Antworten der Pro Potsdam. Er habe sich an alle Regularien gehalten, sagte er auf telefonische Nachfrage. Alles weitere sei seine Privatangelegenheit.
Open-Space-Development-Hauptgesellschafter und -Geschäftsführer Hoier-Schönbeck sagte, er kenne Klemund schon viele Jahre, durch gemeinsame Interessen sei man nun zu diesem Projekt gekommen. Als Gesellschafter sei Klemund nur bei der Ideenfindung beteiligt, nicht aber am operativen Geschäft. Daher handele es sich auch nur um einen geringen Arbeitsaufwand. Die Gesellschaftertätigkeit sei ordnungsgemäß angezeigt worden, so Hoier-Schönbeck.