Setbesuch bei der Soko Potsdam: Liegt eine Leiche neben dem Teiche
Potsdam bekommt seine eigene Krimiserie: Für die Soko Potsdam wird derzeit überall in der Stadt gedreht. Ein ehemaliges Schulgebäude in der Gutenbergstraße wurde dafür zum Polizeipräsidium umgewandelt. Ein Setbesuch.
Potsdam - Die Pinnwand ist voll mit toten Fischen. Aus allen möglichen Winkeln sind sie fotografiert, im See treibend und am Ufer liegend. Daneben Bilder eines Toten, im Gras liegend mit einem großen Blutfleck auf der Brust. Ob es das Opfer ist, nach dem die Polizeikommissare auf der anderen Seite des Raumes gerade akribisch ihre Computerdatei durchsuchen, ist nicht ganz klar. „Ist ja wie beim Onlinedating hier!“, kommentiert der eine beim Klicken. „Du sollst dich nicht verlieben, du sollst das Opfer finden“, kontert das Gegenüber sofort. Die Kollegin dreht sich mit genervten Blick um: „Jungs“, sagt sie nur und „Danke!“. Dann ist Ruhe und eine weitere Szene für die Soko Potsdam ist im Kasten.
Derzeit wird für den Potsdamer Ableger der ZDF-Krimiserie überall in der Stadt gedreht. Ende März erst wurde auf dem Pfingstberg ein Leichenfund aufgenommen (PNN berichteten), am gestrigen Montag gab es Innenaufnahmen nahe dem Holländischen Viertel. In der Gutenbergstraße/Ecke Hebbelstraße, direkt gegenüber von der Bar 54 wurde ein ehemaliges Schulgebäude zum Polizeipräsidium umdekoriert. Schon auf dem Hof stehen Polizeiwagen, die Flure sind mit Vermisstenplakaten bestückt. Im Büro stehen Aktenordner, auf den Schreibtischen befindet sich nicht nur Papier, sondern auch Joghurtbecher, Milch oder leere Brauseflaschen. Die Papierkörbe quellen über – ein ganz normales Büro also.
Starke Ermittlerinnen, emotionale Geschichten
Die Kommissarin, die ihre Kollegen so sachlich ermahnt, wird gespielt von Katrin Jaehne, eine der beiden Hauptdarstellerinnen des weiblichen Ermittlerteams der Soko Potsdam. Ihre Figur Sophie Pohlmann kommt zwar aus Berlin, wohnt aber inzwischen mit ihrer Familie in Potsdam. Ihre Teamkollegin kennt sie seit der Kindheit. Genau diese Konstellation hat Schauspielerin Katrin Jaehne auch an der Rolle gereizt, wie sie am Montag erzählt. „Ich finde es schön, dass wir zwei Ermittlerinnen sind und der Geschlechterkampf im Team damit wegfällt“, sagt die im Jahr 1987 geborene Darstellerin. Aus ihrem Umfeld habe sie viele Zweifel gehört, ob die Kombination funktionieren würde. Sie selbst hoffe, dass das Geschlecht am Ende keine Rolle mehr spielt und die Zuschauer lediglich zwei starke Protagonistinnen wahrnehmen, die auch mal Gefühle zulassen dürfen.
Das gehört nämlich zum Konzept der Potsdamer Soko, das die Serie von den übrigen Sokos etwas abheben soll, wie Regisseur Stefan Bühling sagt. Der hatte am gestrigen Montag nach 21 Tagen seinen letzten Drehtag. Abgedreht ist die Serie noch nicht, es folgen weitere 21 Tage, in denen Isabel Braak die Regie übernehmen wird. Die Übergabe fällt Stefan Bühling schon etwas schwer, wie er den PNN sagt: „Ich vertraue der Kollegin vollkommen, aber es ist schon ein Loslassen.“ Bühling hat bereits Serien-Erfahrung, er führte unter anderem für „Alles was zählt“, „Verbotene Liebe“ und „Alles Klara“ Regie. An der Soko Potsdam habe ihn vor allem gereizt, etwas Neues aufzubauen, sich einen Look und ein Konzept zu überlegen. „Wir erzählen unsere Fälle sehr emotional, wollen die Taten wirklich verstehen“, erzählt er.
"Wir sind alle verliebt in Potsdam.“
Potsdam als Drehort findet er unglaublich faszinierend, besonders wegen der großen Kontraste zwischen prunkvollen Schlössern und alten DDR-Plattenbauten. Gedreht werden wird überall: am Schlaatz, in Drewitz oder der Waldstadt, auch das Umland mit Werder (Havel) oder Teltow wird eine Rolle spielen. Der Schwerpunkt liege insgesamt auf den freundlichen Ecken Potsdams. „Wir wollen das Positive der Stadt zeigen, nicht das Dunkle, Düstere“, sagt Bühling. Die FH-Baustelle würde zwar schon mal mit im Bild sein, aktuelle Diskussionen um den Abriss des Gebäudes, das Potsdamer Minsk oder den Bau des Garnisonkirchturms würden aber nicht aufgegriffen, wie Produzent Lasse Scharpen sagt. Verschiedene Milieus der Stadt sollen allerdings schon beleuchtet werden. So ginge es etwa in einem Fall auch um Drogenhandel, wie er erzählt. Wo genau sich in Potsdam gut Drogen kaufen ließen, wollte er nicht sagen. „Das würde zu viel verraten“, sagt Scharpen.
Ihm verdankt Potsdam seine eigene Soko, er hat die Landeshauptstadt schon vor zwei Jahren als Soko-Schauplatz vorgeschlagen. „Die Stadt ist als solche noch nicht so bespielt, ist sehr facettenreich. Wir sind alle verliebt in Potsdam“, sagt er und lacht. Warum es mit der Soko Potsdam nicht schon früher geklappt hat, kann er sich auch nicht erklären. Überzeugt habe letztendlich wahrscheinlich das Kommissarinnen-Duo. „Die eine wohnt in Potsdam und fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit, die andere pendelt von Kreuzberg mit der S7“, erzählt er. Das sei sehr nahe an den Zuschauern dran, auch weil die Hauptcharaktere so unterschiedlich sind.
Ausstrahlungstermin im Herbst
„Wir sind in erster Linie hoch professionell“, beschreibt Katrin Jaehne das Kommissarinnenteam. Ihre Kollegin Caroline Erikson sieht das etwas anders: „Wir sind vor allem sehr albern“, sagt sie fast zeitgleich und lacht. Sie spielt Luna Kunath, die sie als grenzüberschreitend und – da ist es wieder – sehr emotional beschreibt. „Sie lässt sich von den Fällen berühren, ist wirklich ein Mensch, nicht nur ein Status“, sagt sie.
Unterstützt werden die Ermittlerinnen von mehreren Kollegen. Schauspieler Bernd Stegemann („Der Baader Meinhof Komplex“, „Fack ju Göhte“) etwa spielt den Rechtsmediziner Werner Vense, Michael Lott, der auch schon Auftritte in den Sokos Stuttgart und Wien hatte, verkörpert Kommissar Bernhard Henschel. Weitere Ermittler sind Omar El-Saeidi („In aller Freundschaft“, „Tatort: Wacht am Rhein“) und Hendrik von Bültzingslöwen, der auch in der in Potsdam angesiedelten Serie „Jerks“ von und mit Christian Ulmen mitwirkte. Zum Autorenteam gehört unter anderem Hanno Hackfort, der bereits an Hitserien wie „You are wanted“ und „4 Blocks“ mitgeschrieben hat und in der Jury des diesjährigen Sehsüchte-Festivals der Filmuniversität Babelsberg sitzt.
Ausgestrahlt wird die erste Staffel der Soko Potsdam im Herbst im ZDF, ein genauer Sendetermin steht noch nicht fest. Die erste Folge befindet sich bereits im Schnitt. Ob die toten Pinnwand-Fische darin eine Rolle spielen werden, ist aber noch streng geheim. Zumindest über das aus der Brust blutende Opfer verrät der Drehort eventuell schon etwas. Ein Steckbrief hängt neben dem Leichenfoto: Stefan Molchow, 92 Kilogramm, 181 Zentimeter, Wohnort: Werder. Ob allerdings wirklich ein Zusammenhang zwischen Opfer und Daten besteht, wird sich erst noch zeigen.
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