Debatte um Garnisonkirche: Kritiker fordern andere Turmgestaltung
Das Netzwerk „Lernort Garnisonkirche“ spricht sich gegen die Kirchturmhaube und militärischen Bauschmuck aus. Lob gab es für das Ausstellungskonzept der Garnisonkirchenstiftung.
Potsdam - Das Ausstellungskonzept für den neuen Garnisonkirchturm ist vom Kritiker-Netzwerk „Lernort Garnisonkirche“ zwar grundsätzlich positiv aufgenommen worden. Mit dem Konzept, das am vergangenen Freitag vorgestellt wurde, vollziehe die Garnisonkirchenstiftung „eine grundlegende Änderung ihres Geschichtsbildes“, erklärte das Netzwerk am Dienstag in Potsdam: „Darstellungen, für die Kritiker des Wiederaufbauprojektes bislang des Kirchenhasses, der Tatsachenverdrehung und als Ulbrichts Enkel bezichtigt wurden, macht sich die Stiftung nunmehr selbst zu eigen.“ Allerdings sehen die Kritiker dennoch dringenden Änderungsbedarf bei dem Großprojekt.
Die Dauerausstellung soll laut Konzept einen kritischen Blick auf die Geschichte der 1945 weitgehend zerstörten und 1968 abgerissenen Garnisonkirche werfen. In der Ausstellung mit dem Arbeitstitel „Glaube, Macht und Militär“ soll in sieben Abschnitten unter anderem die Bedeutung der historischen Garnisonkirche als Symbolort des nationalistischen und demokratiefeindlichen Lagers der Weimarer Republik thematisiert werden.
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Ausstellung dürfe kein „Feigenblatt“ werden
Dieses neue kritische Geschichtsbild müsse sich in der Turmgestaltung niederschlagen, forderte das Netzwerk. Es sei inakzeptabel, dass im 21. Jahrhundert das „Bildprogramm des preußischen Nationalprotestantismus ungebrochen nachgebildet“ werde. Die Ausstellung dürfe kein „Feigenblatt“ dafür werden.
Auf Kirchturmhaube und militärischen Bauschmuck sollte verzichtet und das Kunst- und Kreativhaus Rechenzentrum, das auf einem Teil des historischen Grundstücks steht, erhalten werden, hieß es - den Erhalt des DDR-Baus lehnt die Stiftung bisher ab. Die Kritiker gehen aber noch weiter: "Auch die Satzungen der Stiftung und der Fördergesellschaft sollen im Hinblick auf ihre Zielsetzungen und die Zusammensetzung des Stiftungskuratoriums geändert werden. Priorität soll einem Lernort eingeräumt werden, der sich kritisch mit der Geschichte des preußisch-deutschen Nationalprotestantismus befasst."
Ausstellung im Turm nicht zentral genug
Zudem sei die Ausstellung im Turm nicht zentral und gut erreichbar genug geplant: Das Erdgeschoss des Turmbaus solle stattdessen der historischen Vermittlung der Geschichte des Ortes gewidmet werden, so die Forderung - die Aktivitäten der dortigen Nagelkreuzkapelle könnten "im untergenutzten Heilig-Kreuz-Haus" stattfinden, also an anderer Stelle.
Der Aufruf ist unter anderem von den Wissenschaftlern Micha Brumlik, Manfred Gailus und Susannah Heschel unterzeichnet, aber auch vom Kasseler Architektur-Professor Philipp Oswalt, der Martin-Niemöller-Stiftung und Carsten Linke - der in Potsdam im Redaktionsteams des Lernorts Garnisonkirche tätig und auch als Kommunalpolitiker für Die Andere bekannt ist.