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CDU-Chefin in Potsdam will in die Wirtschaft wechseln: Kritik an Plänen von Katherina Reiche

Bei der Bundestagswahl im September 2013 gewann Katherina Reiche erstmals das Direktmandat in Potsdam, jetzt will sie in die Wirtschaft wechseln. Dieser Plan sorgt für eine neue Debatte über mögliche Sperrfristen für Politiker, die in die Wirtschaft wechseln.

Berlin/Potsdam - Potsdams CDU-Kreischefin und langjährige CDU-Bundestagsabgeordnete, Katherina Reiche, tritt offenbar von allen ihren politischen Ämtern zurück und strebt den Posten der Hauptgeschäftsführerin der Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) in Deutschland an. Ein entsprechender Medienbericht der B.Z. wurde den PNN am Sonntag aus der Spitze der Landespartei bestätigt. Am Montag bestätigte laut dpa Brandenburgs auch CDU-Landeschef Michael Schierack die Medienberichte: "Frau Reiche wird sich am Mittwoch beim VKU zur Wahl stellen" Der VKU vertritt 1430 Unternehmen der Energieversorgung - darunter auch Stadtwerke.

Die Entscheidung Reiches sorgt allerdings für Unmut. So reagierte die Organisation LobbyControl mit scharfer Kritik. "Bundeskanzlerin Angela Merkel muss Katherina Reiche und dem VKU klar machen, dass ein Seitenwechsel ohne Karenzzeit nicht akzeptabel ist", meinte ein Sprecher. Die Organisation fordert drei Jahre Sperrzeit.

Debatte um Karrenzzeit weiter befeuert

Was mit Reiches Bundestagsmandat werden soll, blieb zunächst unklar. Ein Wechsel Reiches in die Wirtschaft könnte zudem die Debatte um Karenzzeiten weiter befeuern. Das Bundeskabinett soll ebenfalls am Mittwoch einen Gesetzentwurf mit Sperrzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder beschließen, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. Nach den Plänen der schwarz-roten Koalition soll für einen Wechsel in die Wirtschaft künftig eine Karenzzeit von zwölf, in Sonderfällen von 18 Monaten gelten.

Reiche war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Entscheidung, wer bei dem wichtigen Lobbyverband künftig die Geschäfte führt, soll beim VKU kommenden Mittwoch fallen. Reiche soll dem bisherigen VKU-Chef Hans-Joachim Reck nachfolgen, der mit 62 Jahren in den Ruhestand geht. „Wir sind derzeit in der Entscheidungsfindung. Am Mittwoch tagt der Vorstand und da steht auch die Frage der Nachfolge auf dem Programm“, sagte VKU-Sprecher Carsten Wagner den PNN. „Denn dass Reck mit 62 Jahren in den Ruhestand geht, war klar und wurde auch schon so kommuniziert.“

Wer rückt jetzt in den Bundestag nach?

Reiche ist seit 1998 Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordnete und seit Jahren parlamentarische Staatssekretärin in der Bundesregierung, zunächst im Umweltressort, zuletzt im Bundesverkehrsministerium. 2013 hatte Reiche bei der Bundestagswahl in Potsdam sogar erstmals das Direktmandat gewonnen - was damals als Sensation gewertet wurde.

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Mögliche Nachrückerin im Bundestag wäre eigentlich die brandenburgische CDU-Politikerin Andrea Voßhoff - sie ist aber Deutschlands oberste Datenschützerin. "Frau Voßhoff bleibt Bundesdatenschutzbeauftragte", sagte ihre Sprecherin am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Amt und ein Bundestagsmandat seien auch nicht vereinbar. Voßhoff wäre nach Angaben der brandenburgischen CDU aber die Einzige auf der dortigen Landesliste, die für Reiche in den Bundestag nachrücken könnte.

Sven Petke gibt Job als Lobbyist bei Bombardier auf

Während sie offenbar den Rückzug aus der Politik einläutet, will ihr Ehemann, der CDU-Landtagsabgeordnete und frühere CDU-Generalsekretär Sven Petke, als Politiker in Brandenburg neu durchstarten. Petke gibt deshalb sogar seinen gut dotierten Managerjob beim Bahnhersteller Bombardier auf, wo er seit einem Jahr „Director Business Development Eastern Europe“ war. Der zunächst befristete Vertrag als Lobbyist wäre nach PNN-Recherchen verlängert worden. Allerdings unter der Bedingung, dass er künftig ohne politischen Zweithauptjob dem Unternehmen zur Verfügung steht, was Petke aber nicht wollte. Bombardier-Sprecher Immo von Fallois sagte zur Petke-Personalie den PNN lediglich knapp: „Wir bedauern, dass Herr Petke uns verlässt und wünschen ihm für seine politische Laufbahn alles Gute.“

Petkes Engagement bei Bombardier war in die Kritik geraten, weil seine Frau kurz zuvor parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium geworden worden. Gewarnt worden war vor einer direkten EInflussnahme des Verkehrstechnik-Herstellers auf die Bundesregierung. Von Geschmäckle war die Rede. Die CDU sah keine Interessenkollission, nach der Landtagswahl 2014 gewann Petke sogar wieder an Gewicht in der Fraktion. Mit seinem Lobbyisten-Job bei Bombardier gehörte er zu den Spitzenverdiienern bei den Nebeneinkünften im Landtag. (mit dpa)

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