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Unterkunft für Flüchtlinge in Potsdam: „Kreml“ in 14 Tagen bezugsfertig

Die Bürgerversammlung zu Potsdams größter Asylunterkunft im früheren Landtag verlief ruhig. Die Flüchtlingskrise beschäftigt Stadtpolitik. Der Bau von Sozialwohnungen soll beschleunigt werden.

Templiner Vorstadt - Ab 15. Dezember sollen die ersten 100 Flüchtlinge frühere Büros des alten Landtag auf dem Brauhausberg beziehen. Bis Frühjahr soll die Anlage dann mit 470 Asylbewerbern voll bezogen sein. Das sagte Sozialamtschef Frank Thomann am Montagabend bei einem öffentlichen Informationsabend zu den Plänen, das äußerst sanierungsbedürftige Gebäude als Flüchtlingsheim zu nutzen – es wäre neben der Erstaufnahmestation des Landes in der Heinrich-Mann-Allee die größte Asylunterkunft in Potsdam.

Im Vergleich zu anderen Veranstaltungen dieser Art war das Interesse am Montag gering, rund 150 Menschen folgten einer Einladung der Stadtverwaltung in die Sporthalle an der Heinrich-Mann-Allee. Sie erfuhren, dass in dem Gebäude rund zu 15 Prozent Familien unterkommen, dazu einzelne Männer und Frauen im Verhältnis zwei zu eins – vor allem aus Ländern wie Syrien, Eritrea oder Afghanistan. Betreuen wird sie die Arbeiterwohlfahrt (Awo), nachdem der Verein Soziale Stadt abgesprungen war.

Nach Schlägereien in Berlin: Flüchtlinge haben in Potsdam mehr Platz

Awo-Chefin Angela Basekow verwies angesichts von Sicherheitsbedenken einiger Anwohner auf einen Wachschutz für die Anlage, der Tag und Nacht ansprechbar sei. Sie betonte, in Flüchtlingsheimen gebe es nicht mehr Polizeieinsätze als in anderen Awo-Sozialeinrichtungen. Unter anderem verwiesen Nachbarn auf das Umfeld des Areals, das nachts nicht beleuchtet sei. Diese Frage wolle sie klären, sagte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos). Angesichts der Massenschlägereien in Unterkünften in Berlin sagte die Dezernentin, in Potsdam hätten Flüchtlinge mehr persönlichen Platz und müssten auch selbst für ihr Essen sorgen, statt wie in Berlin auf Catering angewiesen zu sein – eine der Zwischenfälle hatte sich bei der Essensausgabe ereignet.

Für den Landtag wird pro Jahr 1,63 Millionen Euro Miete fällig, hinzu kommt rund eine halbe Million Euro Betriebskosten. Erst im Frühsommer – also kurz vor Beginn der Flüchtlingskrise – war der im Volksmund „Kreml“ genannte Komplex vom Land für 8,65 Millionen Euro an ein Berliner Konsortium verkauft worden, das das 25 000 Quadratmeter große Areal zum Wohn- und Gewerbestandort entwickeln will. Diese Pläne liegen nun vorerst auf Eis. Sozialamtschef Thomann sagte, der Landtag werde drei, maximal vier Jahre als Unterkunft dienen können.

Linke fordert Personal für Spendensammellager

Unterdessen stehen auf der Tagesordnung der morgigen Stadtverordnetenversammlung zwei politische Initiativen zur Potsdamer Flüchtlingspolitik. In einem Dringlichkeitsantrag fordert die Linke, zum Betrieb des geplanten zentralen Sammellagers für Sachspenden in der Haeckelstraße müssten von der Stadt sofort fünf Stellen eingerichtet werden, die über die Arbeitsmarktförderung finanziert werden könnten. Das Lager soll noch in diesem Monat öffnen. Die CDU/ANW und die Grünen fordern wiederum, dass bei der Schulplanung ab sofort auch Räume für Vorbereitungsklassen für Flüchtlingskinder zu berücksichtigen sind. Das sei bisher nicht der Fall, so die Fraktionen.

SPD will Wohnungsbau vorantreiben

Zudem bereitet die SPD nach PNN-Informationen einen umfangreichen Antrag zur Flüchtlingspolitik vor, der im Januar beschlossen werden könnte. So geht man bei den Sozialdemokraten davon aus, dass allein für die aktuell aufgenommenen Flüchtlinge 850 Wohnungen zusätzlich nötig sind. Dazu kommen 1500 Wohnungssuchende für Sozialwohnungen. Um mehr Wohnraum zu schaffen, sollen bestehende Baurechte bei Investoren beworben werden – mit diesen könnten wiederum städtebauliche Verträge zur Bindung von Sozialwohnungen abgeschlossen werden. Zum Thema Wohnen gebe es auch schon in der Verwaltung eine Arbeitsgruppe, sagte Dezernentin Müller-Preinesberger. Trotz angekündigter Bundeshilfen im Bereich sozialer Wohnungsbau werde so ein Programm „eine große Herausforderung.“ Zumal Experten auch im kommenden Jahr von ähnlich vielen Flüchtlingen ausgehen, die in Potsdam ankommen könnten.

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