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Eine Erhöhung der Strompreise hat die EWP bisher nicht angekündigt.
© dpa

Energieversorgung in Potsdam: Kostspielige Neukunden für die EWP

Jahrelang sank die Zahl der Kunden des Potsdamer Energieversorgers EWP. Nun bekommt das Unternehmen offenbar viele neue Strombezieher. Das könnte teuer werden.

Potsdam - Normalerweise freuen sich Unternehmen über zusätzliche Kunden. Immerhin führen die in der Regel zu mehr Umsatz und Gewinn. Doch beim Energieversorger Energie und Wasser Potsdam (EWP) bringt ein Kundenzustrom nun offenbar Probleme im Bereich der Stromversorgung. Die könnte für das Unternehmen und seine Kunden kostspielig werden.

Denn beliebig erhöhen kann die EWP ihre Produktion nicht. Um also mehr Kunden zu versorgen, muss der Strom anderswo eingekauft werden. Und das ist derzeit besonders teuer. So hat sich der Börsenstrompreis für kurzfristig lieferbare Strommengen am Epex-Spotmarkt für Deutschland von November 2020 bis November 2021 laut Statistischem Bundesamt mehr als vervierfacht.

Deutschlandweit steigende Strompreise

Anders als die EWP bisher haben deshalb deutschlandweit viele Stromversorger bereits die Preise für ihre Kunden erhöht. Andere haben sogar einen Insolvenzantrag gestellt – etwa Neckermann Strom, Smiling Green Energy oder Otima Energie. Die Anbieter kaufen häufig Strom an den derzeit teuren Spotmärkten ein, um ihre Kunden zu beliefern. Mit diesen haben sie jedoch oft Langzeitverträge mit einer festen Preisbindung abgeschlossen und können die Mehrkosten nicht an ihre Kunden weitergeben.

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Stellt ein Anbieter die Lieferung ein, springt automatisch der örtliche Grundversorger ein. Ähnliches ist auch der EWP widerfahren. Wie die „Märkische Allgemeine“ berichtete, haben in Bad Belzig die dortigen Stadtwerke durch riskante Geschäfte auf dem Terminmarkt für Strom möglicherweise mehrere Millionen Euro verloren und sind in Schieflage geraten. Kurz vor Weihnachten teilte der Bürgermeister Roland Liesegang mit, das Unternehmen werde in Eigenverantwortung Insolvenz beantragen. 

EWP übernimmt viele Kunden der Stadtwerke Bad Belzig

Von den Kunden der Bad Belziger werden nun zahlreiche bei der EWP unterkommen. „Den Stromkunden der Stadtwerke Bad Belzig wurde ein faires Angebot unterbreitet“, teilte die EWP auf PNN-Anfrage mit. Es gehe insgesamt um 1000 bis 2000 Haushalte. Und deren Strom muss die EWP nun besorgen. „Es ist normal, dass wir Strom dazukaufen“, erklärt Sprecher Stefan Schulz. „Man muss aber dazu sagen, dass die Börsenpreise im Augenblick wesentlich höher sind als noch Anfang des Jahres.“ 

Für die bisherigen Stromkunden der EWP soll die Sache erstmal keine Folgen haben, stellt das Unternehmen auf Nachfrage klar. „Das Angebot an die Stromkunden in Bad Belzig hat keine Auswirkungen für die Bestandskunden der EWP.“ Allerdings bleibt längerfristig kaum eine Alternative: Entweder man schröpft die Neukunden oder man verteilt die Last auf alle. Ob gegebenenfalls Preise erhöht werden, um die zusätzlichen Strommengen zu finanzieren, sagte das Unternehmen nicht.

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Wie berichtet, war die Zahl der EWP-Kunden jahrelang gesunken. Das geht auch aus dem Jahresabschluss des Versorgers hervor – ohne dass diesbezüglich Zahlen genannt werden. Allerdings sank 2020 der Erlös im Energiebereich auf 161,5 Millionen Euro – nach 165 Millionen Euro im Jahr zuvor. Inzwischen hat sich der Trend umgekehrt: „Wir haben beim Strom ein deutliches Wachstum seit 2020 und seit 2021 auch im Gasgeschäft. Einzelheiten wollen wir hier aus Wettbewerbsgründen nicht nennen.“

Das Unternehmen ist eine 65-prozentige Tochtergesellschaft der Stadtwerke Potsdam GmbH. Die weiteren 35 Prozent der Anteile hält die E.DIS AG. Den größten Teil des Stroms sowie Fernwärme produziert die EWP aus dem Primärenergieträger Erdgas mittels umweltfreundlicher Kraft-Wärme-Kopplung im Heizkraftwerk Süd in Potsdam. 

Kunde klagt über stark gestiegene Gasrechnung

Neben Strom liefert die EWP auch Gas an die Privatkunden. Mitte November hatte sie eine Erhöhung zum Jahreswechsel angekündigt, nachdem die Preise zuvor drei Jahre lang stabil gewesen waren. Mit dem Anstieg müssen Haushalte nun pro Jahr mit rund 200 bis 300 Euro Mehrkosten rechnen. „Durch die Entwicklung der Börsenpreise und die steigenden Beschaffungskosten für CO2-Zertifikate kann unser Unternehmen die Preissteigerung nicht länger verhindern“, hieß es. Wie sich die Preissteigerung im Einzelfall auswirkt, hängt davon ab, wie viel die Kund:innen verbrauchen und welchen Tarif sie gewählt haben.

Dabei kann es gerade für Kleinverbraucher zu erheblichen Steigerungen kommen, wie der Fall eines PNN-Lesers zeigt. Er berichtete, dass er im Jahr zwischen 400 und 450 Kilowattstunden verbrauche. Da aber nicht nur der Verbrauchspreis, sondern auch der Grundpreis gestiegen sei, ergebe sich für ihn eine um 50 Prozent höhere Gasrechnung. Er werde so für seine Sparsamkeit bestraft.

Auf Nachfrage erklärt die EWP, der höhere Grundpreis habe nichts mit den gestiegenen Beschaffungskosten zu tun. Grundsätzlich ändere sich der Grundpreis, wenn die Fixpreise – etwa Personalkosten – des Unternehmens steigen. „Das ist hier der Fall.“ Ein Tarif sei ein Durchschnittspreis, der sich in der Regel über die gesamte Menge der Kund:innen errechne. „Möglicherweise ist dem Leser geholfen, wenn er andere Tarife unseres Unternehmens als seinen bestehenden noch einmal prüft.“

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