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Das Klinikum "Ernst von Bergmann" in Potsdam.
© Fabian Sommer / dpa
Update

Corona-Ausbruch im Potsdamer Klinikum: Stadt fordert Herausgabe von Daten per Zwangsgeld ein

Der Virus-Ausbruch im Bergmann-Klinikum soll dokumentiert sein. Doch das Klinikum will die Daten offenbar nicht an das Potsdamer Gesundheitsamt weitergeben. Dabei sind sie entscheidend, um die Verbreitung zu stoppen.

Potsdam – Das Geschehen um den Corona-Ausbruch am städtischen Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ nimmt skandalöse Züge an. Dabei geht es um den Umgang der Verantwortlichen im Klinikum mit dem Ausbruch des Virus und die vorgeschriebenen Meldungen über das Infektionsgeschehen an das Potsdamer Gesundheitsamt.

Weil das Klinikum die ihm vorliegenden Daten über die Infektionen von Patienten und Mitarbeitern – fachlich „Linelist“ genannt - trotz zweifacher Anordnung des Gesundheitsamtes nicht herausgegeben haben soll, hat Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) in seiner Rolle als alleiniger Gesellschafter des kommunalen Unternehmens am Mittwoch zum schärfsten Mittel gegriffen: Er hat per Gesellschafterweisung und nach Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 50 000 Euro das Klinikum zur Herausgabe der Daten verpflichtet. Darüber hatte zunächst die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) berichtet. Das Klinikum äußerte sich gegenüber den PNN bislang auf Anfrage nicht. Nach PNN-Informationen geht die Stadt davon aus, dass alle nötigen Daten im Klinikum vorhanden sind. 

Politischer Rückhalt fehlte

Die Frist für die Herausgabe der Daten läuft am heutigen Donnerstag ab. Für 14.30 Uhr hatte das Rathaus zu einer Pressekonferenz geladen, diese jedoch um 12.40 Uhr gecancelt. Eine Pressekonferenz am gestrigen Mittwoch um 17 Uhr war ebenso kurz vor Beginn abgesagt worden. Grund dafür sei nicht die Lage am Klinikum gewesen, teilte das Presseamt der Stadt mit. Ursache seien jeweils terminliche Gründe gewesen. Es gebe angesichts der Krise zahlreiche Fachgespräche, an denen der Oberbürgermeister teilnehmen müsse. 

In einer Krisensitzung mit den Fraktionschefs der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch hatte Oberbürgermeister Schubert jedoch auch keinen vollständigen Rückhalt für personelle Maßnahmen gegen die Klinikum-Geschäftsführung, namentlich Steffen Grebner und die erst seit kurzer Zeit amtierende Dorothea Fischer, erhalten. Es gab offenbar politischen Widerstand dagegen, die Chefs abzusetzen oder bis zur Klärung aller Vorwürfe zu beurlauben. Obwohl Schubert als Gesellschafter diese Entscheidungen auch allein treffen könnte, ist dies bisher nicht erfolgt.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). 
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD). 
© Fabian Sommer/dpa

Die Sachlage stellt sich Stand Donnerstagmittag so dar: Bislang hatte Potsdams Amtsärztin Kristina Böhm angegeben, das Klinikum habe eine sogenannte „Linelist“ mit Daten zum Infektionsgeschehen innerhalb des Krankenhauses nicht geführt. Auch das Interventionsteam der Bundesbehörde Robert Koch-Institut, das nach dem Corona-Ausbruch nach Amtshilfeersuchen von Oberbürgermeister Schubert und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) das Klinikum am 3. April inspizierte, erlangte offenbar keine Kenntnis einer „Linelist“.

So stellte das RKI in seinem Bericht vom 6. April fest, niemand habe bislang einen genauen Überblick, wohin wann welche Patienten bewegt worden sind – infizierte und nicht-infizierte. Das RKI mahnt daher im Bericht, das Klinikum müsse eine „Linelist und Zeitschiene“ führen, „da sonst kein Überblick über das Geschehen gewonnen werden kann“.

Die Daten sollen Auskunft darüber geben, was wirklich vorgefallen ist, wie viele Patienten zu welchem Zeitpunkt infiziert waren und wohin sie jeweils verlegt worden sind. Dabei geht es der Stadtspitze und dem Gesundheitsamt nach PNN-Recherchen vor allem um den Zeitraum zwischen den ersten Covid-19-Fällen im Klinikum Anfang März und der Infektion zahlreicher Patienten am 28. März. Aus diesen Daten könnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, um das Corona-Supercluster am Klinikum aufzulösen. 

Entscheidende Daten zur Ausbruchsbekämpfung fehlen

Doch diese entscheidenden Daten zur Bekämpfung des Corona-Ausbruchs liegen der Stadt offenkundig weiterhin nicht vor - und fehlen auch im Brandenburger Gesundheitsministerium, das als oberste Gesundheitsbehörde die Sonderaufsicht über das Potsdamer Gesundheitsamt führt.

„Wir haben gesehen, dass das Potsdamer Gesundheitsamt zu Beginn des Ausbruchsgeschehens selbst große Schwierigkeiten hatte, die erforderlichen Daten zu bekommen“, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Gabriel Hesse, am Donnerstag auf PNN-Anfrage. „Trotz mehrfacher Aufforderungen“ habe das Potsdamer Gesundheitsamt das Ministerium „aber immer noch nicht im notwendigem Umfang informiert“. Deshalb werde es am heutigen Donnerstag ein so genanntes „aufsichtliches Gespräch“ mit den Verantwortlichen der Stadt geben. Zu möglichen Maßnahmen und Sanktionen äußerte sich das Ministerium auf Anfrage nicht.

- Nach einem Hinweis des Presseamts der Stadt Potsdam haben wir die Textpassage zu den Gründen für die Absage der Pressekonferenzen am 16.4.2020 um 16.15 Uhr verändert.

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