Babelsberg: Kleingärten Süd West: Einigung in Sicht?
Seit Jahren ist der Streit um die Kleingartensparte Süd West in Babelsberg festgefahren. Ein Urteil des Amtsgerichts Potsdam hat zumindest Bewegung in den Fall gebracht.
Babelsberg - Die Zukunft ihrer Gartensparte macht den Kleingärtnern der Sparte Süd West Babelsberg seit Langem Sorge. Bei einem Treffen zur Fortschreibung des Kleingartenentwicklungskonzepts, zu dem die Stadt am Donnerstagabend eingeladen hatte, sorgte das Thema erneut für Emotionen. „Was passiert denn nun mit unseren Gärten? Wir sind hier komplett am Schwimmen!“ – mit dieser Frage sprach einer der Anwesenden vielen aus der Seele. Eine klare Antwort gibt es zwar nach wie vor nicht. Doch nach jahrelangem Hin und Her bewegt sich etwas.
Denn am Dienstag fällte das Amtsgericht ein Urteil zur Sparte Süd West. Demnach ist der Kreisverband Potsdam der Garten- und Siedlerfreunde (VGS) nicht rechtmäßiger Zwischenpächter der Fläche. 120 Kleingärten gibt es dort. Das Grundstück gehört seit einigen Jahren der Firma „Wohnen in den Obstgärten“. Bisher schlossen die Kleingärtner einen Pachtvertrag mit der VGS ab, die dann wiederum die Pacht an „Wohnen in den Obstgärten“ weitergab. Alfons König, Geschäftsführer des Unternehmens und Kläger, erklärte den PNN, er habe mehrmals schriftlich beim VGS den Pachtvertrag eingefordert. Dieser sei ihm aber nie vorgelegt worden. Deshalb habe er die Klage angestrengt – und Recht bekommen. In früheren Verfahren war bereits geurteilt worden, dass der VGS nicht der Rechtsnachfolger des DDR-Kleingartenverbandes ist. Der VGS war für die PNN am gestrigen Freitag nicht telefonisch erreichbar.
Kommt der Kompromiss?
Damit vereinfacht sich zumindest die Ausgangslage für einen Kompromiss zur Zukunft von Süd West. Verhandlungsparteien sind neben dem Eigentümer der örtliche Gartenbauverein und die Stadt Potsdam. In den Grundzügen sind sich alle Parteien einig: Ein Drittel der Kleingärten soll mit insgesamt 100 Wohnungen bebaut werden. Dafür werden die restlichen zwei Drittel als Gärten gesichert und das auch im Bebauungsplan der Stadt festgehalten. Auf Wunsch der Gärtner nicht als Kleingärten, sondern als Erholungsgärten. Dadurch erhöht sich zwar die Pacht, die Pächter haben aber auch weniger Regeln einzuhalten.
„30 der Pächter wollten ihre Gärten sowieso aus Altersgründen aufgeben“, erklärte Alfons König. Das bestätigte der Vorsitzende des Kleingartenvereins Süd West, Alexander Schulze. Deshalb seien auch die Pächter mit dem Vorschlag einverstanden. „Ich will niemanden aus seinem Garten vertreiben“, betonte König.
Trotzdem sind die Verhandlungen seit Jahren festgefahren. Die Parteien geben sich gegenseitig die Schuld daran. Für Alfons König liegt die Verantwortung bei der Stadt: „Die Verwaltung hat das immer wieder in die Länge gezogen.“ Noch immer sei er an dem Kompromiss interessiert. „Ich nehme an, dass man sich mit der Stadt einigen kann.“
Erik Wolfram, Leiter des Bereichs Stadtentwicklung der Stadt Potsdam, sagte dazu: „Auch ich hätte mir gewünscht, dass es schneller geht.“ Doch die Einigung mit dem Besitzer in Bezug auf die Bewertung des Grundstücks sei schwierig gewesen. „Auch die Gärtner der Sparte Süd West haben einen Anteil daran, dass es so lange dauert. Denn sie haben sich in dem Prozess mindestens zwei Mal umentschieden, ob sie nun Kleingärten oder Erholungsgärten sein wollen.“ Auch er ist jedoch optimistisch, dass die Einigung bevorstehe.
Angergrund: Zukunft bleibt ungewiss
Weiter bangen müssen auch die Gärtner der Sparte Angergrund in Babelsberg. Hier ist die Lage ebenfalls verfahren. Eigentümer ist der Immobilieninvestor Tamax. Die Firma hat vor dem Amtsgericht Potsdam ebenfalls gegen den VGS geklagt, ein Urteil wird am kommenden Dienstag erwartet. „Wir sind eine Projektentwicklungsfirma, wir haben das Gelände, um es zu erschließen und zu bebauen“, erklärte der Geschäftsführende Gesellschafter Kai-Uwe Tank den PNN. Neuer Wohnraum komme ebenfalls den Potsdamern zugute. Seine Firma habe Lösungsvorschläge schriftlich an die Stadt geschickt, darauf jedoch keine Antwort erhalten.
Erik Wolfram von der Stadtentwicklung bezeichnet dagegen Tamax als „nicht kompromissbereit“. Ohne einen Dialog zwischen beiden kann die Sparte aber nicht bebaut werden, denn die Planungshoheit liegt bei der Stadt. Sie müsste die Bebauungspläne dementsprechend ändern. Allerdings habe seine Firma, so Tank, im Fall einer Rechtsprechung zu ihren Gunsten, „den Anspruch, die Flächen zu räumen. Das behalten wir uns vor“.
Angst um die eigene Parzelle
Wie sehr die Zukunft ihrer Sparten die Potsdamer Kleingärtner umtreibt, konnte man bei der Versammlung zur Fortschreibung des Kleingartenkonzepts am Mittwoch beobachten. Die Stadt hatte alle Kleingärtner dazu eingeladen, um ihre Sorgen, aktuelle Themen oder Vorschläge einzubringen. Fast 200 Kleingärtner kamen der Einladung nach. Die Stimmung war bei vielen panisch. Verunsichert durch jüngere Fälle wie die geräumten Parzellen in der Sparte Glienicker Winkel oder den Enteignungen in Klein-Sanssouci stellten die Gärtner vor allem eine Frage: Ist mein Garten sicher?
Insgesamt gibt es rund 242 Hektar Kleingartenland. Erik Wolfram von der Stadt Potsdam beruhigte: Die allermeisten Gärten seien sicher. Und quer durch alle Fraktionen seien sich die Politiker einig, dass die Gärten erhalten werden sollen. Sicher seien die Kleingärten im Eigentum der Stadt oder in privater Hand mit einem Vertrag nach der Wende und wenn im Bebauungsplan festgesetzt ist, dass es sich um Kleingärten handelt. Das betrifft laut einer aktuellen Risikoanalyse 54 Prozent der Gärten. Je nach Besitz- und Vertragslage gebe es dann verschiedene Risiken. In 38 Prozent der Flächen besteht demnach grundsätzlich ein Risiko zur Umwandlung, beispielsweise in einen Erholungsgarten. Nur zwei Prozent der Grundstücke, so die Analyse weiter, sind durch eine Bebauung gefährdet.
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