Evangelische Kirche in Potsdam: Kirche zieht Pfarrerin vom Schlaatz ab
Eklat um die evangelische Kirche und ihre Pfarrstelle im Potsdamer Stadtteil Schlaatz: Nur wenige Tage, nachdem der Fall des ermordeten sechsjährigen Elias den Schlaatz erschütterte, wurde die Pfarrerin Ute Pfeiffer suspendiert. Sie war für viele Anwohner eine Vertrauensperson. Es gibt Protest.
Potsdam – Die evangelische Kirche in Potsdam hat ihre Pfarrerin im Stadtteil Schlaatz, Ute Pfeiffer, mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden. Diese Entscheidung hat Joachim Zehner, Superintendent des Kirchenkreises Potsdam, getroffen – ausgerechnet wenige Tage nach Bekanntwerden des Todes des vermissten sechsjährigen Elias aus Potsdam. Der ermordete Junge hatte am Schlaatz gewohnt, der Stadtteil steht unter Schock.
Kirchlicher Beistand allerdings ist jetzt rar: Pfeiffers Stelle soll erst im August 2016 neu besetzt werden, sagte Superintendent Zehner den PNN. Bis dahin sei die Pfarrerin bei vollen Bezügen freigestellt. Pfeiffer habe sich aber nichts zuschulden kommen lassen. Als Grund für die Suspendierung nannte Zehner unterschiedliche Auffassungen über die Schwerpunkte der Arbeit der Pfarrerin. „Wir sind da einfach nicht zueinander gekommen“, so Zehner, der arbeitsrechtlich der Vorgesetzte von Pfeiffer ist. Einzelheiten wollte er nicht nennen. Er berichtete von Kritik einiger Anwohner an der Arbeit der Pfarrstelle. Es gebe aber keinen Zusammenhang zum Fall Elias, betonte der Superintendent.
Proteste am Schlaatz
Gegen seine Entscheidung gibt es bereits Proteste. Das Stadtteilmanagement im Kiez, weitere soziale Einrichtungen und Anwohner können die Entscheidung nicht nachvollziehen und setzen sich vehement für den Verbleib der Pfarrerin im Schlaatz ein. So schrieb Stadtteilmanagerin Kathrin Feldmann an die evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Sie lobte Pfeiffer in ihrem Schreiben an die Oberkonsistorialrätin Dorothea Bräuer, Personalreferentin in der evangelischen Kirche, als verbindlich und sehr sensibel. Pfeiffer habe auch das Nachbarschaftscafé initiiert. Es diene der Integration der Menschen im Stadtteil. Sie wünsche sich für die Zukunft, weiter Projekte mit Pfeiffer durchführen zu können. Feldmann arbeitet für Stadtkontor im Auftrag der Stadt in der Plattenbausiedlung.
Zudem setzten sich die freiwilligen Helfer bei der Suche nach Elias in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) dafür ein, dass Pfeiffer an diesem Sonntag trotz Freistellung einen Gedenkgottesdienst für Elias und Mohamed leiten kann. Auch Bräuer wurde angeschrieben. Die Antwort liegt den PNN vor. Demnach lehnte Bräuer das Ansinnen ab. Pfeiffer dürfe „gerne privat zur Seelsorge oder zum Gebet aufgesucht werden“, hieß es. Ein öffentlicher Gottesdienst oder eine Gedenkfeier könne jedoch nicht stattfinden. Zudem gehöre der Schlaatz zum Gebiet der Sternkirchengemeinde. Deshalb sei auch Pfarrer Andreas Markert zuständig. Er werde den nächsten Gottesdienst für „Kirche im Kiez“ am Schlaatz halten, kündigte Bräuer an.
Pfeiffer: "Ich wäre gern geblieben"
Zehner zufolge soll die Stelle „Kirche im Kiez“ künftig die Arbeit mit Kindern als Schwerpunkt haben. Dies sei jedoch noch nicht entschieden. Einen Nachfolger für Pfeiffer konnte Zehner nicht nennen. Möglicherweise werde wie früher ein Diakon und kein Pfarrer dort tätig sein. Diakone leiten nicht die Pfarrei und sind somit auch weniger unabhängig.
Pfeiffer selbst sagte, dass sie sich von Anfang an am Schlaatz sehr wohl gefühlt und vor den Schlaatzern großen Respekt habe. Vor dem Hintergrund des tragischen Geschehens um den vermissten Elias hätten sich viele Menschen an sie gewandt und ihr das Vertrauen geschenkt. „Ich wäre gern geblieben“, sagte sie den PNN. Laut vieler Anwohner hatte sich Pfeiffer intensiv um die Helfer gekümmert, die wochenlang nach Elias gesucht hatten. Sie fehle sehr als Vertrauensperson, hieß es.
Streitpunkt Garnisonkirche
Doch der Schlaatz ist nicht das einzige Problem für die evangelische Kirche in Potsdam, die sich prominent für den umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche einsetzt und dort eine eigene Pfarrstelle – allerdings ohne Gemeinde – unterhält: Auch in der bekannten Pfingstgemeinde ist die Pfarrstelle unbesetzt. In einem Brief an die Gemeinde begründete der bisherige Pfarrer Tileman Wiarda seine Versetzung mit der Trennung von seiner Ehefrau. Zuletzt hätten sich daraus „Entwicklungen vollzogen“, die ein vertrauensvolles Bleiben nicht mehr möglich erscheinen ließen. „Diese Entwicklungen liegen einzig und allein im Kirchenkreis, nicht aber im Bereich der Pfingstgemeinde.“ Er werde nun die Pfarrstelle in Motzen bei Mittenwalde übernehmen, schrieb Wiarda. Zehner wollte sich nicht zu dem Fall äußern.
Stefan Engelbrecht
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