Trauerfeier für Elias und Mohamed in Potsdam: Arbeiten am Schmerz
Im Schlaatz fällt der Abschied von Elias schwer. 400 Menschen versammelten sich am Abend zum Gedenken vor dem Bürgerhaus.
Potsdam - Aufgeregt waren die beiden Jungs, die am gestrigen Dienstagabend vor dem Bürgerhaus standen – inmitten von rund 400 Teilnehmern der Gedenkveranstaltung vor dem Bürgerhaus am Schlaatz. Sie hätten oft mit Elias gespielt, sagten sie und hielten ihre Kerzen höher. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beugte sich etwas nach unten und fragte neugierig nach. „Kanntet ihr euch?“ „Ja, wir waren Freunde. Und plötzlich war er weg.“
Wie alle anderen auf der Trauerfeier für den vierjährigen Mohamed aus Berlin und den sechsjährigen Elias ist die Gewissheit auch vier Tage nach der schockierenden Nachricht nur schwer erträglich. Der mutmaßliche Doppelmörder Silvio S. soll beide getötet haben, wie er am Freitag in einer Vernehmung selbst einräumte. Jetzt stehen die Menschen hier in der kalten Dunkelheit und versuchen, zu verarbeiten und Abschied zu nehmen.
Trost von Seelsorgern
Zu der stillen Gedenkveranstaltung im Stadtteil Schlaatz hatten die Stadt Potsdam sowie die beiden Kirchen der Landeshauptstadt eingeladen. Bei dem Treffen wurden unter anderem Kerzen an die Besucher verteilt und ein Kondolenzbuch ausgelegt. Seelsorger kümmerten sich um Menschen, die ihre Tränen nicht zurückhalten konnten. Wie es vielen in den vergangenen Tagen erging, die immer wieder an die Treppe vor dem Bürgerhaus kamen. Dort stapelten sich am Dienstag regelrecht die Kerzen, Blumen, und Stofftiere in Gedenken an die Kinder. Die Treppe zu einer Grasfläche war nur noch über einen schmalen Durchlass zu betreten.
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs drückte der Familie des kleinen Elias in einer kurzen Ansprache sein Mitgefühl aus. „Wir stehen hier bestürzt und fassungslos über die Grausamkeit dieser Taten“, sagte er. Jakobs dankte den vielen freiwilligen Helfern, die wochenlang nach Elias’ Verschwinden im Juli nach dem Jungen gesucht hatten. Dies habe „Potsdam, dem Land, einfach allen gezeigt, wozu unsere Gesellschaft fähig ist: zusammenzustehen, wenn die Not am größten ist“, sagte er.
Was ist am 8. Juli wirklich passiert?
Es seien unschuldige Kinder gewesen, die vertrauensvoll in die Zukunft geblickt hätten. Sie seien getötet worden von einem Menschen, der „völlig unauffällig unter uns gelebt hat“. Wut und Angst seien aber jetzt schlechte Ratgeber, so Jakobs. Wichtig sei nun, genau zu wissen, was wirklich passiert sei am 8. Juli, dem Tag, an dem Elias spurlos verschwand. Hier habe er aber volles Vertrauen in die Arbeit der Polizei, so Jakobs.
Der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Potsdam, Joachim Zehner, sagte, Elias und Mohamed seien „uns brutal entrissen worden“. Nun gelte es, geschlossen und in der Trauer vereint zu sein. „ Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“, zitierte Zehner eine Bibelstelle. Er bot an, in die Stern- und Nikolaikirche zu kommen, die als Orte des Gedenkens allen offenstünden. Der Probst der katholischen Kirche Potsdams, Klaus-Günter Müller, erinnerte an die fünfjährige Inga, die im Mai in einem Wald bei Stendal (Sachsen-Anhalt) verschwand. Hier bestehe noch Hoffnung. Von dem Mädchen fehlt seitdem jede Spur.
Drei Kerzen für Elias, Mohamed und Inga
Auch der Vorsitzende des Vereins der Muslime in Potsdam, Kamal Mohamed Abdallah, war bei der Veranstaltung dabei. „Uns fehlen die Worte, wir sind tief betroffen“, sagte er den PNN. Im Islam sage man in solchen Situationen, dass man viel Geduld haben müsse, um die schwierige Lage zu überstehen. Und der Zusammenhalt in der Familie und unter Freunden sei sehr wichtig.
Müller und Zehner entzündeten anschließend drei Kerzen – je eine für Mohamed, Elias und Inga. Die Kerze für das Mädchen werde als Zeichen der Hoffnung entfacht, betonte Superintendent Zehner. Im Anschluss an die kurze Trauerfeier schrieben sich viele Menschen in das Kondolenzbuch ein, das die Stadt ausgelegt hat. Es soll zumindest in den kommenden Tagen im Bürgerhaus bleiben. Ob es dann noch einmal in der Nikolai- oder der Sternkirche ausgelegt wird, ist noch nicht entschieden. Auch im Rathaus von Luckenwalde (Teltow-Fläming) und im Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) in Berlin liegen mittlerweile Kondolenzbücher aus. Dort war der vierjährige Mohamed aus Bosnien am 1. Oktober entführt worden. Auch im Internet gibt es bereits ein Online-Kondolenzbuch für Elias und Mohamed.
Unklar ist, wann und in welcher Form die Beerdigung des Leichnams von Elias stattfinden wird. Geklärt werden muss noch, ob die Familie eine große Trauerfeier haben oder sich eher im Stillen verabschieden möchte. Bis Dienstagabend waren die gerichtsmedizinischen Untersuchungen zudem noch nicht abgeschlossen. Es wird noch dauern, bis die Trauer überwunden werden kann.
Stefan Engelbrecht
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