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Marode. Trotz Platzmangel soll es keine Kita im „Minsk“ geben.
©  A. Klaer

Kinderbetreuung in der Landeshauptstadt: Keine freien Krippen-Plätze in Potsdam

Im Norden Potsdams finden Eltern keine Tagesbetreuung für Babys. Das „Minsk“ als mögliche Kita lehnt das Rathaus weiter ab.

Potsdam - Neu in den Norden Potsdams ziehende Familien haben keine Chance auf einen Krippen-Platz in ihrer Nähe. Ebenso dramatisch ist die Lage für Eltern aus dem Bereich, die aktuell eine Betreuung für ein Baby oder ein Kleinkind suchen. Denn schon jetzt gibt es in den ländlichen Ortsteilen sowie den schnell wachsenden Stadtvierteln Bornim, Bornstedt, Eiche und Golm keinen einzigen freien Betreuungsplatz für Null- bis Dreijährige. Das teilte das Jugendamt jetzt auf Anfrage des CDU/ANW-Fraktionschefs Matthias Finken mit. Für Kinder zwischen drei und sechs Jahren gibt es im Norden demnach nur noch zehn freie Plätze.

Stadtsprecher Stefan Schulz teilte dazu am Montag auf PNN-Anfrage mit, die Situation im Potsdamer Norden nehme man im Rathaus ernst. „Wir versuchen, für alle Kinder, die jetzt von den Eltern angemeldet werden, einen möglichst wohnortnahen Krippenplatz zu finden. In der derzeitigen Situation bitten wir um Verständnis.“ Eine Klage von Eltern auf nicht bediente Rechtsansprüche gebe es derzeit noch nicht. Wegen der Kurzfristigkeit der Anfrage konnte der Stadtsprecher noch keine Antworten geben, ob auch im restlichen Potsdamer Stadtgebiet keine Krippenplätze mehr vorhanden sind und wie viele Eltern gerade auf der Suche sind. Allerdings: Im offiziellen Kita-Suchportal der Stadt ist im Internet derzeit in der Kategorie Krippe nur ein einzelner Platz in der privaten Nobel-Kita „Villa Ritz“ in der Berliner Vorstadt aufgelistet. Dazu gibt es noch einen freien Platz bei einer Tagesmutter.

581 Kinder mehr als geplant

Vor Ostern war wie berichtet bekannt geworden, dass in Potsdam deutlich mehr Plätze benötigt werden als bislang angenommen. Dem Statistikamt war aufgefallen, dass derzeit 581 Kinder zwischen null und sechs Jahren mehr in der Stadt leben als prognostiziert. Die Stadt hatte eigenen Angaben zufolge einen Puffer von rund 500 Plätzen in der Kita-Bedarfsplanung vorgesehen. Dieser ist nun mit einem Mal aufgebraucht, wie das Jugendamt jetzt auch CDU-Fraktionschef Finken bestätigte. Freie Plätze gebe es überwiegend für Kinder im Hortalter. Nach den PNN-Berichten über den Platzmangel hatten sich auch mehrere Eltern bei der Redaktion gemeldet, die über ihre Probleme bei der Kita-Platz-Suche in Potsdam berichteten. So schilderte eine Mutter, die ab diesem Monat kurzfristig einen Arbeitsplatz erhalten hat, dass sie für ihren Sohn einen Krippenplatz voraussichtlich erst ab Juni erhält – und zwar nur mit „sehr viel Glück“, wie die Frau aus Potsdam-West den PNN sagte: „Hätten wir keine Familienmitglieder in unserer näheren Umgebung, die uns unterstützen, hätte ich nicht arbeiten gehen können.“

Keine Daten liegen der Stadt vor, wie viele Kinder aus dem Norden schon jetzt in anderen Stadtteilen Einrichtungen besuchen müssen – mit entsprechenden Fahrtwegen für die Eltern. CDU-Fraktionschef Finken hatte auch gefragt, welche Fahrtzeiten für Kita-Kinder und ihre Eltern zumutbar seien. Das lasse sich nicht pauschal benennen, erklärte das Jugendamt – allerdings habe bei Verwaltungsgerichtsverfahren die Schwelle zur Unzumutbarkeit bei 30 Minuten gelegen.

Krisengipfel am 13. April

Wegen der schwierigen Lage hat die Stadt die freien Kita-Träger in Potsdam bereits um Hilfe gebeten – allerdings schwelt zwischen den Trägern und dem Jugendamt schon länger ein Streit über die Finanzierung beim Bau neuer Einrichtungen. Am 13. April findet ein erster, von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) einberufener statt.

Stadtsprecher Schulz versicherte, schon allein in diesem Jahr würden noch mehr als 400 Plätze neu entstehen. „Wir werden uns bemühen, den Bedarf zu decken.“ In der Antwort an die CDU verwies die Verwaltung aber auch auf 800 Plätze in den bestehenden Einrichtungen, die wegen „objektbezogener Bedingungen“, „struktureller Besonderheiten“, fehlender Erzieher oder nicht rechtzeitig abgeschlossener Umbaumaßnahmen nicht zur Verfügung stünden. Man befinde sich mit den freien Trägern in einem Abstimmungsprozess, „um kurzfristig zusätzliche Kapazitäten in den vorhandenen Einrichtungen zu ermöglichen“. Vom Betrieb eigener kommunaler Kitas hatte sich die Stadt schon vor Jahren verabschiedet.

"Minsk" ist keine Alternative

Kein Bestandteil der Planungen ist weiterhin das ruinöse Minsk-Terrassenrestaurant auf dem Brauhausberg. Nach Bekanntwerden des aktuellen Engpasses hatten mehrere Kita-Träger, aber auch die Linke im Stadtparlament, erneut das Minsk als Standort für eine neue Großkita ins Gespräch gebracht. Dabei hatte das Sozialdezernat erst im vergangenen Sommer entsprechende Pläne des Landessportbunds abgelehnt – es bestehe kein Bedarf für eine derartig große Einrichtung, zumal in dem Bereich noch zwei andere Kitas geplant seien, wie es damals hieß. Auch jetzt sagte Schulz, „ein rechnerischer Bedarf“ für das Minsk sei nicht gegeben, für diesen Sozialraum – gemeint sind die Templiner und Teltower Vorstadt, der Schlaatz und die Waldstadt – stünden „ausreichend Kitaplätze zur Verfügung“. Wie berichtet hatte der Landessportbund über eine Tochterfirma 1,5 Millionen Euro für das marode Gebäude geboten, entstehen sollte eine Kita für 220 Kinder.

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