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Katherina Reiche: Der neue Posten beim VKU sei außerordentlich interessant.
© dpa

Rechtfertigung für den Seitenwechsel: Katherina Reiche schreibt an die CDU

Ihren Wechsel zum Verband Kommunaler Unternehmen begründet die CDU-Politikerin mit dem „kurzfristigen Angebot“ für eine „außerordentlich interessante“ Aufgabe. Nachfragen werden allerdings nicht beantwortet.

Potsdam - Seit vier Tagen ist ihr Wechsel aus der Bundespolitik in die Wirtschaft bekannt, doch Katherina Reiche bleibt abgetaucht, auch am Donnerstag. Direkt äußern will sich die Potsdamer CDU-Politikerin weiterhin nicht. Allerdings hat sie sich in einem Brief an die CDU-Mitglieder im Potsdamer Bundestagswahlkreises 61 gewandt. Das Schreiben freilich beantwortet nur einige Fragen. Anderes bleibt offen. Wen sie als Nachfolger an der Spitze der Potsdamer CDU favorisiert beispielsweise, die nach langen Grabenkämpfen unter ihrer Führung in ruhigeres Fahrwasser gekommen war. Den Brief veröffentlichte sie auf ihrer Facebook-Seite, wo es Zuspruch, aber auch launige Kommentare gab: So wird ihr etwa Gottes „reicher Segen“ gewünscht.

Angebot sei "außerordentlich interessant"

Wie berichtet wird die CDU-Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin des Bundesverkehrsministeriums in sieben Monaten zum Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in Berlin wechseln. Der Verband vertritt Stadtwerke, die im Bereich Energie, Wasser und Abfall tätig sind. „Seit meiner ersten Wahl in den Bundestag im Jahre 1998 habe ich mich für Fragen der Energie-, Klima- und Umweltpolitik, der Nachhaltigkeit, der Ressourcen- und Wasserwirtschaft und für Fragen der Versorgungssicherheit und Daseinsvorsorge interessiert“, heißt es dazu in Reiches Erklärung. Kommunalwirtschaftliche Modelle in Deutschland auf europäischer Ebene zu sichern, habe immer wieder im Fokus ihres politischen Interesses gestanden. Das kurzfristige Angebot des VKU, ihr die Hauptgeschäftsführung anzuvertrauen, sei „außerordentlich interessant“ für sie gewesen, sie freue sich auf die spannende Aufgabe.

Aus dem politischen Raum wurde ihr vorgeworfen, ihre Wähler und auch ihren CDU-Landesverband im Stich zu lassen, der keinen Nachrücker für ihr Bundestagsmandat auf der Liste hat. Reiche schreibt, dass es ihr schwerfalle, ihr Mandat und den Staatssekretärsposten aufzugeben. Es sei ein Privileg, Potsdam und Teile Potsdam-Mittelmarks und Teltow-Flämings im Bundestag vertreten zu dürfen. „Insbesondere das Erringen des Direktmandates im Wahlkreis 61, das auch mit Ihrer Hilfe gelungen ist, macht diesen Schritt nicht leicht“, schreibt Reiche an ihre Parteifreunde.

Nach reiflicher Überlegung für den VKU-Posten entschieden

Aus ihrem Umfeld heißt es, dass die Bundestagswahl 2013 ein Schlüsselerlebnis für sie gewesen sei. Auf der einen Seite wurde die 41-Jährige neben Johanna Wanka als Kandidatin für einen Ministerposten gehandelt, Wanka machte bekanntlich das Rennen. Auf der anderen Seite hatten sie nur 730 Stimmen vom Ende ihrer politischen Karriere getrennt. Das Direktmandat hatte sie knapp und überraschend gegen SPD-Kandidatin Andrea Wicklein gewonnen, der zweite Platz auf der Landesliste hätte ihr wegen der Wahlsiege vieler CDU-Direktkandidaten nicht in den Bundestag geholfen. Selbst um ihre Direktkandidatur hatte sie parteiintern in einer Kampfabstimmung gegen ihre Rivalin Saskia Ludwig kämpfen müssen. Das habe sie, wie es heißt, schwer getroffen.

An die CDU-Mitglieder ihres Wahlkreises schreibt sie, sie habe sich immer engagiert vor Ort eingebracht und hätte dies gern fortgesetzt. „Nach reiflicher Überlegung“ habe sie sich aber für den VKU-Posten entschieden, die Funktion wird sie am 1. September übernehmen. Immerhin hat sie ein paar Monate Abstand auf eigenen Wunsch eingebaut: Sie habe die Bundeskanzlerin gebeten, sie mit Wirkung vom 4. Februar vom Amt als parlamentarische Staatssekretärin zu entbinden. Nach PNN-Informationen kann sie in den nächsten Tagen mit einer Bestätigung rechnen. Zum 1. September will Reiche dann auch ihr Bundestagsmandat aufgeben.

Bleibt sie CDU-Vorsitzende bis zum 1. September?

Dass sich ihr Staatssekretärsgehalt, wie ein Boulevardblatt anfangs verbreitete, beim VKU verdreifachen werde, hat sich als offenbar falsch erwiesen. Ein Interessenkonflikt wird ihr dennoch unterstellt. Noch dazu hat das Bundeskabinett am Mittwoch den Entwurf eines Karenzgesetzes verabschiedet, mit dem für Seitenwechsel von Spitzenpolitikern in die Wirtschaft Auszeiten von bis zu 18 Monaten angeordnet werden können. Nach PNN-Informationen soll der Fall Reiche im Bundeskanzleramt durchgespielt worden sein – unter der Annahme, dass das Karenzgesetz schon gilt. Reiche hätte wohl keine Auszeit nehmen müssen: Laut dem neuen Gesetz kann die neue Beschäftigung nur untersagt werden, wenn öffentliche Interessen beeinträchtigt werden. Das soll bei Reiche trotz ihres Spitzenpostens im Bundesverkehrsministerium nicht erkannt worden sein. Kommunale Verkehrsunternehmen werden vom VKU nicht vertreten. Das Bundeskanzleramt wollte sich dazu am Donnerstag nicht äußern.

Potsdam bleibt Reiche womöglich etwas länger treu: Nach PNN-Informationen ist offen, ob sie am 1. September auch den Vorsitz der Potsdamer CDU niederlegt. Gewählt ist sie bis September 2016. An die Mitglieder schreibt sie: „Selbstverständlich werde ich meiner politischen Heimat weiterhin verbunden bleiben.“ Das gelte auch für die CDU Potsdam.

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