Kaufhaus auf der Brandenburger Straße: Karstadt-Filiale in Potsdam schließt nicht
Die Karstadt-Filiale auf der Brandenburger Straße bleibt. Autatmen bei Politikern, Wirtschaftsvertretern und Gewerkschaftern.
Potsdam - Beim insolventen Warenhausriesen Galeria Karstadt Kaufhof sollen weniger Filialen geschlossen werden als ursprünglich angekündigt. Sechs weitere Warenhäuser könnten doch fortgeführt werden, teilte Galeria-Chef Miguel Müllenbach am Freitag in einem Brief an die Mitarbeiter mit. Darunter die Filiale in Potsdam (siehe unten). Damit bestätigte sich die Hoffnung von Potsdams Karstadt-Filialleiter Michael Noss. Dieser hatte bereits kurz nach der verkündeten Schließung gesagt, dass er dennoch an den Erhalt des Hauses glaube und dass man noch "die Kurve kriegen" könne.
Auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zeigt sich erfreut über die Entscheidung: „Das ist eine gute Nachricht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den gesamten Einzelhandel in der Potsdamer Innenstadt. Sie unterstreicht die Attraktivität des Standorts Potsdam", so Schubert.
Schubert hatte auch direkt mit dem Eigentümer der Immobilie verhandelt. Das Warenhaus gehört PNN-Recherchen zufolge dem Londoner Immobilienmanager Meyer Bergman. Das Unternehmen stehe für einen Kommentar momentan nicht zur Verfügung, teilte ein Sprecher am Freitag auf PNN-Anfrage mit.
"Hervorragend", findet auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die Rettung: "Dank allen, die sich dafür tatkräftig und mit überzeugenden Argumenten eingesetzt haben. Das ist auch wichtig als Zugpferd für die Innenstadt, für die der Internethandel zur immer größeren Gefahr wird."
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Wirtschaftsvertreter in Feierlaune
„Ich freue mich”, sagt Nils Busch-Petersen, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Der Erfolg sei vor allem Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zu verdanken, der schnell reagiert habe und mit einer „klugen und besonnenen Verhandlungsführung” auf eine Lösung hingearbeitet habe. In den Gesprächen mit den Wirtschaftsverbänden habe Schubert nach einer “strategischen Ausrichtung für die Innenstadt” gesucht, mit oder ohne Karstadt. Erste Konzepte seien erarbeitet worden, in Zukunft müsse es darum gehen, gemeinsam mit Karstadt, dem Investor Meyer Bergman und den Anliegern eine umfassende Strategie für die Innenstadt zu entwickeln. „Doch heute Abend kann man sich erstmal ein Gläschen Sekt gönnen”, findet Busch-Petersen.
„Uns fällt eine große Last von den Schultern”, sagt Bärbel Schälicke von der AG Innenstadt. „Wir haben nur das eine Kaufhaus.” Für die Innenstadthändler bliebe mit Karstadt ein wichtiger Kundenmagnet erhalten. Nun hoffe sie, dass sich alle Beteiligten noch einmal an einen Tisch setzen und dabei auch über die „Philosophie des Hauses” sprechen. Ihrer Ansicht nach müsse sich das Kaufhaus so ausrichten, dass sich auch jüngere Zielgruppen stärker angesprochen fühlen. In der Innenstadt fehle es zudem an Angeboten im mittel- und hochpreisigen Segment, das die meisten mittelständischen Händler nicht anbieten könnten, sagt Schälicke.
„Der Verbleib von Karstadt ist eine sehr erfreuliche Nachricht für den Einzelhandelsstandort Potsdam”, sagt Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Potsdam. “Langfristig muss das Ziel sein, dass das Wohl und Wehe der Potsdamer Innenstadt nicht von einem einzigen Betrieb abhängt, und sei er noch so groß. Potsdam braucht dazu auch eine wesentlich bessere Erreichbarkeit des Zentrums und ein vorausschauendes Flächenmanagement.” Die IHK arbeite eng mit Stadt und Handelsverband zusammen, um “aus der stärksten Meile Brandenburgs eines der lebendigsten Zentren Deutschlands zu machen.“ Um den krisengeschwächten Handel in der Innenstadt kurzfristig anzukurbeln, hat Tobias einen konkreten Vorschlag: verkaufsoffene Sonntage, “gerade bei den Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit”.
Auch der Linke-Stadtverordnete Sascha Krämer begrüßt die Entscheidung. “Jetzt müssen wir gemeinsam über eine Attraktivierung der Innenstadt nachdenken”, teilte er den PNN mit. In der Diskussion müsse es um Stichworte wie Branchenmix und Aufenthaltsqualität gehen, aber auch generell um die Nutzung des öffentlichen Raums, das Konzept einer autofreien Innenstadt und um bezahlbare Mieten, so Krämer.
Verdi erleichtert über Erhalt des Karstadt-Kaufhauses
Bei der Gewerkschaft Verdi reagierte man am Freitag mit großer Freude über die Nachricht vom Erhalt der Potsdamer Karstadt-Filiale. „Das ist ein Riesenerfolg für die Mitarbeiter“, sagte Erika Ritter, Leiterin des Fachbereichs Handel der Gewerkschaft Verdi für Berlin und Brandenburg. Viele Mitarbeiter hätten Tränen in den Augen gehabt, als ihnen an Freitagvormittag gesagt wurde, dass es weitergeht. Durch den Erhalt des Kaufhauses würden nicht nur die Arbeitsplätze der 216 Mitarbeiter gesichert. „Da hängen ja immer Familien dran und auch die Untermieter im Stadtpalais sind betroffen“, so Ritter. Das Engagement des Rathauses und des Wirtschaftsministeriums in den Gesprächen mit Betreiber und Vermieter hätten geholfen. Nun kämpfe die Gewerkschaft weiter für andere Standorte der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die von der Schließung bedroht sind.
Bekanntgabe der Schließung vor wenigen Tagen
Noch Mitte Juni hatte der Konzern das Aus für 62 der insgesamt 172 Warenhäuser angekündigt, darunter die Zweigstelle in der brandenburgischen Landeshauptstadt. Die endgültige Entscheidung hänge aber noch von Gesprächen mit den Vermietern der Warenhaus-Immobilien über Zugeständnisse ab, hatte es damals geheißen. Hier war das Unternehmen nun bei einigen Vermietern erfolgreich. Es sei in "schwierigen Verhandlungen gelungen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für sechs Filialen so anzupassen, dass wir weitere Filialen fortführen können", schrieb Müllenbach. Das gelte für Warenhäuser in Chemnitz, Dortmund, Goslar, Leverkusen, Nürnberg und Potsdam.
Keine guten Nachrichten für die anderen
Insgesamt seien davon rund 750 Beschäftigte betroffen. „Leider können wir für die anderen Filialen, deren Schließung beabsichtigt ist, heute keine positiven Nachrichten mitteilen", schrieb Müllenbach weiter. Damit stehen nun 56 Warenhäuser vor dem Aus.
Der Konzern kämpft in der Corona-Krise um sein Überleben, das Amtsgericht Essen hatte am 1. Juli das Insolvenzverfahren eröffnet. Auch bis zu 20 Filialen von Karstadt Sports stehen vor dem Aus. (mit Reuters)