Relevanz und Imagewirkung: Jury gibt Nominierungen für Kongresspreis Potsdam bekannt
Neue Auszeichnungen für innovative Technik und Nachhaltigkeit: Die Nominierungen für den Kongresspreis Potsdam 2018 stehen fest. Ein Überblick.
Potsdam greift nach den Sternen – und behält dabei die Erde fest im Blick. So könnte man den Bogen der Nominierungen für den Kongresspreis Potsdam 2018 spannen. Die Jury hat diesmal Veranstaltungen nominiert, die sich unter anderem mit unserer Galaxie der Milchstraße, dem Klimawandel, dem Thema Nachhaltigkeit und der Migration befassen.
Die Preise werden in den Kategorien „Regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen“, „Einzelveranstaltungen“ und „Innovative und/oder außergewöhnliche Veranstaltungen“ für Kongresse und Tagungen vergeben, die im Zeitraum 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2018 in Potsdam stattfanden. Sie sind jeweils mit 1000 Euro dotiert.
Die Preisverleihung ist am 28. Februar im Inselhotel auf Hermannswerder, erst dann werden auch die Preisträger bekannt gegeben. Hinzu kommen diesmal Sonderpreise für innovative Tagungstechnologie sowie für Nachhaltigkeit (jeweils 500 Euro). Insgesamt gab es diesmal zwölf Bewerber für den Preis.
KLIMA UND NACHHALTIGKEIT
In der Kategorie „Regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen in Potsdam“ (vergeben von der Erfa-Gruppe) wurden zum einen die „Potsdam Summer School 2017, Human Environments in a Changing World“ und die „Impacts World 2017 – Counting the true costs of climate change“-Tagung nominiert. Es gab nur zwei statt drei Nominierungen, da sich unter den Einreichungen in diesem Jahr insgesamt nur zwei wiederkehrende Veranstaltungen befanden. Die Summer School wurde federführend organisiert von Potsdamer Nachhaltigkeitsinstitut IASS und zusammen mit dem Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI), dem Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) veranstaltet.
Nachhaltigkeitsforscher aus der ganzen Welt hatten sich dazu im September 2017 in Potsdam getroffen, um Strategien für die Zukunft menschlicher Lebensräume zu entwickeln. Ein intensiver Austausch über die Herausforderungen der Zukunft, so die Veranstalter. Die Jury hob hervor, dass fünf Potsdamer Wissenschaftsinstitutionen hier fächerübergreifend globalen Zusammenhängen nachspüren.
Auch bei der zweiten wiederkehrenden Veranstaltung, die nominiert wurde, ist das Potsdamer PIK involviert, hier als Hauptveranstalter. Die „Impacts World“ gilt als führende internationale Konferenz zur Vielfalt und Tiefe der Klimafolgenforschung. Mit 468 Teilnehmern aus 68 Ländern zählt sie zu den großen Veranstaltungen die sich beworben haben . Ziel war es, die „wahren Kosten“ des Klimawandels zu benennen. In den PNN hatte dazu PIK-Forscherin Katja Frieler über 70 000 Hitzetote des Jahres 2003, die Risiken der Cholera, explodierenden Getreidepreise und Millionen von Menschen, die durch klimabedingte Naturkatastrophen aus ihren Heimatländern vertrieben werden, berichtet. Bei der Tagung ging es um die monetären Kosten der Erderwärmung hinaus vor allem auch um die Auswirkungen auf Menschenleben und ihre Lebensgrundlage. „Starke überregionale Ausstrahlung“, wertete die Jury.
KOGNITION, ARKTIS UND MILCHSTRASSE
Bei den „Einzel-Veranstaltungen“ (Vergeben von der Dehoga Brandenburg) wurden drei Konferenzen nominiert. Die „20th Conference of The European-Society for Cognitive Psychology“ der Kognitionswissenschaften der Uni Potsdam hatte sich im September 2017 mit wesentlichen Prozessen des menschlichen Denkens und Handelns und ihren zugrunde liegenden Mechanismen befasst. Mit 804 Teilnehmern aus 40 Ländern zählt diese Konferenz zu den ganz Großen der Potsdamer Kongressaktivitäten. Im Zentrum der wissenschaftlichen Debatte standen das Lernen, die Sprache, Bewegungssteuerung, Wahrnehmung und Wissensrepräsentation. Die Jury betonte die „spürbar hohe Wertschätzung“ der internationalen Teilnehmer.
Vom Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) wurde die ebenfalls nominierte Veranstaltung „Rediscovering our Galaxy – Die Milchstraße wiederentdecken“ ausgerichtet. Im Gegensatz zu weit entfernten Galaxien kann die Wissenschaft die chemische Zusammensetzung und Bewegungsmuster der Sterne in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, detailliert untersuchen. So lasse sich die Entstehungsgeschichte und Entwicklung in den mehr als zwölf Milliarden Jahren des Bestehens der Milchstraße nachvollziehen, so das AIP. Neue Untersuchungsmethoden erweitern den Horizont der Forscher. Die Wissenschaft befinde sich an einem entscheidenden Punkt, an dem das Wissen über die Milchstraße rasant wächst. Die Internationale Astronomische Union (IAU) hatte deshalb internationale Experten zu der Konferenz in Potsdam zusammengebracht, um die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse zu diskutieren. „Hohe Imagewirkung und hohe wissenschaftliche Bedeutung“ vermerkte die Jury.
Die dritte Nominierung geht an ein Veranstaltung, die die Folgen des Klimawandels in den Polarregionen der Erde in den Blick genommen hat. Dort werden die Folgen am deutlichsten sichtbar, da die Erwärmung in der Arktis stärker ausfällt als in anderen Regionen. Der verantwortliche Organisator des „15. International Circumpolar Remote Sensing Symposium“, der Potsdamer Polarforscher Guido Grosse vom Potsdamer Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) hatte im Gespräch mit dieser Zeitung die Situation in der Arktis als dramatisch bezeichnet. Zu beobachten seien rapide Veränderungen. Am auffälligsten sei die Reduzierung des Meereises, das seit einigen Jahrzehnten stark auf dem Rückzug ist.
So hatten Polarforscher für die vom Eisrückgang bedrohten Eisbären mögliche Schutzgebiete nördlich von Grönland gefunden. Doch völlig unerwartet wurde auch dort das dicke Meereis aktuell von warmem Atlantikwasser aufgetaut. Die Jury lobte das Format als „kleine, feine internationale Konferenz“.
STORIES UND GEFLÜCHTETE LEHRER
Für die Kategorie „Innovative und außergewöhnliche Veranstaltungen“ (vergeben von der Landeshauptstadt Potsdam) wurden neben der schon genannten „Rediscovering our Galaxy“-Tagung des AIP die „Summer School African Storytelling“ der Filmuniversität Babelsberg und eine Tagung der Universität Potsdam zu regionale und globale Perspektiven geflüchteter Lehrer nominiert.
Die Summer School der Filmuni hatte sich im September 2018 dem sogenannten „Storytelling“ angenommen, das zu den Traditionen Afrikas zählt: das geht von mündlich überlieferten, jahrhundertealten Erzählungen über Literatur bis zu Film und neuen Formen wie Webserien und transmedialen Storytelling. „Inwieweit ist es nützlich von einer afrikanischen Struktur und Logik des Erzählens auszugehen“, so eine der Fragen. „Oder sollte vielmehr untersucht werden, wie Strukturen und Techniken aus Afrika als Werkzeug für eine Dekolonialisierung eingesetzt werden können?“ 82 Filmemacher aus Afrika und Deutschland hatten sich mit diesen Fragen befasst. „Die Bewerbung überzeugte in Form und Inhalt“, schreibt die Jury und lobt Umgang mit Gleichstellung und Toleranz.
Die dritte nominierte Veranstaltung „Lehrer/innen-Bildung im Kontext aktueller Fluchtmigration – regionale und globale Perspektiven“ hatte Wissenschaftler aus unterschiedlichen regionalen und internationalen Kontexten im Juni 2018 an der in der Wissenschaftsetage Potsdam zusammengebracht, die Modellprogramme für geflüchtete Lehrer bereits gestalten oder auf den Weg bringen wollen. Dabei wurde auch diskutiert, wie Universitäten es „noch besser“ gelingen könne, dieser spezifischen Zielgruppe einen Wiedereinstieg in den Beruf zu ermöglichen. Die Potsdamer Universität hatte zuvor deutschlandweit als erste ein vergleichbares Programm auf den Weg gebracht. Die Jury spricht von „hoher gesellschaftlicher Relevanz“ des Themas.
NEUE AUSZEICHNUNGEN
Hinzu kommen in diesem Jahr zwei neue Auszeichnungen: Der Kongress, der am überzeugendsten innovative Tagungstechnologien eingesetzt hat, erhält einen vom VR Business Club ausgelobten Sonderpreis in der Höhe von 500 Euro. Zum anderen wird diesmal
nachhaltige Organisation und Umsetzung der Kongresse prämiert. 500 Euro gibt es von der Koordinierungsstelle Klimaschutz der Landeshauptstadt Potsdam für den Kongress, der am stärksten auf Nachhaltigkeit gesetzt hat.
(Der Autor ist verantwortlicher Redakteur für Wissenschaft und Hochschule der PNN und Mitglied der Jury des Kongresspreises 2018)
+++ Die Potsdamer Neusten Nachrichten haben drei mal zwei Freiplätze für die Verleihung des Potsdamer Kongresspreises 2018 im Inselhotel Potsdam auf Hermannswerder zu vergeben. Die ersten drei Anrufer, die sich am Mittwoch, dem 20. Februar, ab 10 Uhr unter der Rufnummer 0331-23 76 116 melden, erhalten die Freikarten für das außergewöhnliche Event. Es handelt sich um eine Veranstaltung des Vereins proWissen Potsdam e.V. und der ERFA-Gruppe der Potsdamer Premiumhotels. Kooperationspartner sind die Landeshauptstadt Potsdam, der Dehoga Brandenburg und der VR Business Club. Medienpartner sind die PNN.
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