Jüdisches Leben in Potsdam: Jüdische Gemeinde kündigt Vereinbarung zum Synagogenbau auf
Neuer Wirbel bei der Planung eines Synagogenzentrums in Potsdam. Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam kündigt mit sofortiger Wirkung die bisher geschlossene Vereinbarung.
Potsdam - Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam (JGSP) hat die Vereinbarung zum Synagogenbauprojekt mit der Synagogengemeinde und dem Land Brandenburg aufgekündigt. Das teilte die JGSP heute in einer Pressemitteilung mit. Die Kündigung gilt demnach ab sofort. Damit ist die Gemeinde nicht mehr am Projekt beteiligt - bis auf Weiteres.
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Ende Mai war die Ernennung eines gemeinsamen Bevollmächtigten beider Gemeinden gescheitert. In den vergangenen Jahren hatte Ud Joffe, der Vorsitzende der Synagogengemeinde, als Bevollmächtigter für beide Gemeinden gesprochen. Anfang 2020 hatte ihm die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam dann aber öffentlich das Vertrauen entzogen. Ungeachtet dessen hatte sich Joffe weiterhin als legitimen Bevollmächtigten angesehen und darauf verwiesen, dass seine Ernennung nie durch einen offiziellen Beschluss aufgehoben worden sei. Das hat sich heute geändert.
Die nun gekündigte Vereinbarung von November 2018 hatte nach Jahren des Stillstands die Grundlage für den Neuanfang für das Bauprojekt in der Schlossstraße 1 gebildet. In dem Dokument, das den PNN vorliegt, hatten sich das Land, vertreten durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) und die beiden Gemeinden auf wesentliche Punkte für das Bauprojekt geeinigt. Das Land hatte sich zur Bauträgerschaft verpflichtet und mit der Ausführung den Brandenburgischen Baubetrieb für Bauen und Liegenschaften (BLB) beauftragt. Alle Beteiligten erkannten den Vorentwurf des Architekten Haberland an.
Doch eine Passage sorgte zuletzt für einen Eklat: “Die Gemeinden benennen einen Verantwortlichen, der dem Landesbetrieb sowie dem von ihm beauftragten Architekten während der Bauphase als Ansprechpartner zur Verfügung steht”, heißt es in der Vereinbarung. Das Kulturministerium hatte den Gemeinden zuletzt ein Ultimatum gesetzt und die Ernennung dieses Ansprechpartners bis Ende Mai gefordert.
Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam schlug kurz vor Ablauf der Frist den ehemaligen Politiker Peter Schüler vor, der auch die Fachstelle Antisemitismus am Moses Mendelssohn Zentrum leitet. Doch diesen Kandidaten akzeptierte die Synagogengemeinde nicht. Der Vorsitzende Ud Joffe bezeichnete die Frage der Ernennung insgesamt als “nebensächlich”.
Kein Rückzieher
Durch die Kündigung ist nun auch offiziell geklärt, das Joffe nicht mehr als Synagogenbeauftragter für beide Gemeinden sprechen kann. Interessanterweise sind nun die Synagogengemeinde und das Land Brandenburg als Vertragspartner aneinandergebunden. Diese Konstellation dürfte bei den offenkundigen Spannungen zwischen dem Ministerium und Joffes Gemeinde unter keinem guten Stern stehen.
In ihrer heutigen Erklärung teilt die JGSP jedoch auch mit, dass sie sich keineswegs endgültig aus dem Bauvorhaben zurückziehen wolle. “Das Zentrum muss endlich gebaut werden”, ergänzt der Vorsitzende Evgeni Kutikow gegenüber den PNN. “Es geht nicht um einzelne Personen, sondern um den Bau.” Seine Gemeinde hoffe nun, dass es möglich sein könne, eine “neue Form für das Verfahren” zu finden. Ob er eine neue Vereinbarung mit dem Kulturministerium anstrebt oder ob es bereits Verhandlungen gebe, wollte Kutikow aber nicht verraten. “Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam steht gerne zur Mitarbeit bereit”, hieß es nur.
Streit zwischen Platzeck und Jacobi
Auch der ehemalige Ministerpräsident Matthias Platzeck äußerte sich am Freitag zur Causa und kritisierte Joffe direkt und in ungewöhnlicher Schärfe. „Seine Haltung ,Es muss so sein, wie ich es will‘ schadet dem Projekt immens“, sagte Platzeck gegenüber der Märkischen Allgemeinen. Während seiner Amtszeit gehörte Platzeck zu den Initiatoren des Bauprojekts. Er hatte damals die Finanzierung durch das Land zugesichert.
Auf Platzecks Kommentar reagierte wiederum die CDU-Fraktion in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung und warf Platzeck "persönlich herabwürdigende Angriffe" auf den "verdienten Mann" Joffe vor. In einer vom Sprecher Jan Jacobi versendeten Pressemitteilung äußerte die Fraktionsspitze die Vermutung, Platzeck wolle Joffe insgesamt aus dem Projekt "herausdrängen". Außerdem wurde gefordert: "Die jüdischen Gemeinden müssen beim Synagogenneubau quasi als Bauherr agieren können."
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