Kommentar über das Potsdamer Welterbe: Ist eben Welterbe
Im Potsdamer Stadtgebiet sehen Experten noch Platz für mehr als 15 000 Wohnungen. Potsdams Welterbe-Titel für den Bau von 80 Wohnungen aufs Spiel zu setzen, ist deshalb keine gute Idee, kommentiert PNN-Redakteur Henri Kramer.
Es war erwartbar, dass die SPD-geführte Stadtspitze verstimmt auf die harsche Kritik der Welterbehüter von Icomos reagiert. Schließlich geht es bei dem Streit um das Wohnbauprojekt am Humboldtring aus Rathaussicht nur um wenige Häuser neben einer Schnellstraße – aber aus der Perspektive der Denkmalpflege eben um die letzte Sichtachse zwischen dem Park Babelsberg und der Innenstadt. Es handelt sich also um ein besonderes Zeugnis der Landschaftskunst, jahrhundertelang gestaltet und gepflegt, mit dem Ziel, dass noch viele Generationen solche Besonderheiten, die Potsdam eben ausmachen, genießen können. Diese Sichtachsen sollen nun versperrt werden – die Bauverwaltung muss sich nicht wundern, dass hier die internationale Denkmalpflege auf die Barrikaden geht.
Denn es würde auch ein Präzedenzfall geschaffen: Wer einmal neu hoch bauen darf im Welterbepuffer, der könnte das dann auch anderswo so wollen, gerade in einer rasant wachsenden Kommune wie Potsdam – bis die Stadt verschandelt ist. Klar gibt es das Gegenargument, gerade aus der SPD, dass beim Verzicht auf Wohnungen höhere Mieten und Gentrifizierung drohen. Das wäre richtig, wenn gerade nur wenige Wohnungen geplant würden. Allerdings entstehen in Potsdam an vielen Ecken neue Viertel, von der Waldstadt bis zum Bornstedter Feld und bald in Krampnitz. Dass aber die strittigen 80 Wohnungen allein den Mietmarkt deutlich entlasten – das kann man sich nicht vorstellen. Ähnlich schräg ist übrigens das Argument, die bis zu 400 Wohnungen auf den Flächen des Volksparks, dessen Erhalt so viele Potsdamer fordern, könnten nun den Mietspiegel senken. Zumal in der Stadt noch Potential für mehr als 15 000 Wohnungen auch an anderen Stellen vorhanden ist. Dort wäre es dann sinnvoll, Investoren auf Anteile von Sozialwohnungen zu verpflichten, wie es schon praktiziert wird. Zudem sollte die Bauverwaltung, damit es schneller geht, möglichst keine größeren Wohnungsprojekte mehr in akuter Welterbenähe planen. Gibt nur Ärger. Um es etwas zugespitzter zu formulieren: Die Kinder der vielen Zuzügler sollen auch irgendwann noch die besondere Schönheit Potsdams erleben können – und nicht den Charme einer zubetonierten Schlafstadt.
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Bericht: Jann Jakobs schließt Kompromisse zum Schutz des Potsdamer UNESCO-Titels nicht aus.
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