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Wiederaufbau: In Potsdams Mitte rücken bald die Bagger an

Monatelang herrschte Ruhe in der Potsdamer Mitte. Jetzt soll mit der Erschließung des alten Fachhochschulgrundstücks begonnen werden. Eigentlicher Baustart ist in wenigen Monaten.

Potsdam - Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass die letzten Reste der Fachhochschule am Alten Markt in der Innenstadt verschwanden, seitdem gleicht das Grundstück zwischen Bildungsforum und Landtagsschloss einer Sandwüste. Doch in Kürze wird sich etwas tun auf der prominent gelegenen Innenstadt-Brache. Der Wiederaufbau der Potsdamer Mitte geht nämlich sichtbar in die nächste Etappe.

Archäologische Voruntersuchungen laufen bereits, Anfang September will der Sanierungsträger, der das Projekt im Auftrag der Stadt koordiniert, mit der Erschließung des Areals beginnen. Zunächst gehe es dabei um den Bau von Wasserleitungen, sagte eine Sprecherin der Pro-Potsdam-Tochter den PNN. Im Anschluss sollen bis Anfang 2020 die verlängerte Schwertfeger- sowie die Kaiserstraße, die von der Straße Am Kanal zum Fortunaportal am Alten Markt führt, zunächst provisorisch als Baustraßen angelegt werden, so die Sprecherin. Bei den Bauanträgen befinde man sich mit den Investoren in der „finalen Abstimmung“, bis spätestens Oktober sollen alle Antträge eingereicht sein. Im nächsten Frühjahr wollen dann die insgesamt sechs Bauherren loslegen. Ursprünglich war der Baubeginn noch für dieses Jahr geplant, doch die komplizierten Abstimmungen der Bauherren untereinander, die wegen der räumlichen Enge nötig sind, haben Zeit gekostet. Alle Bauherren hätten sich daher auch darauf verständigt, gemeinsam sowohl die Baugrube ausheben als auch die Tiefgarage bauen zu lassen, sagte Sebastian Krause, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“, auf PNN-Anfrage. Diese und die Genossenschaft PWG 1956 sind die größten Bauherren im geplanten Karree zwischen verlängerter Schwertfeger-, Friedrich-Ebert-Straße und dem Alten Markt, das auf dem Grundriss der Vorkriegszeit entstehen soll. Beide Genossenschaften errichten auch die vier markanten Eckgebäude, deren Fassaden weitgehend dem historischen Original entsprechen sollen. Die „Karl Marx“ hatte wie berichtet den Zuschlag für das Grundstück Schwertfegerstraße 10 (eins der sogenannten Acht-Ecken-Häuser) nebst dem unmittelbaren Nachbarn Friedrich-Ebert-Straße 1/2 bekommen. Am anderen Ende der Schwertfegerstraße baut die Genossenschaft das Eckhaus Am Alten Markt 13/14, ebenfalls mit historischer Fassade und, etwas moderner und direkt angrenzend, je ein Haus in der Schwertfegerstraße 14 und Am Alten Markt 15. Einige Bauanträge habe man bereits eingereicht, die letzten sollen im September folgen, sagte Krause.

Nach dem Aushub der Baugrube hoffe man auf einen Baustart für die Tiefgarage spätestens im Juni 2020, erklärte der „Karl Marx“-Vorstand. Ziel sei, dass die ersten Mieter zum Jahresende 2022 einziehen könnten. Insgesamt baut die Genossenschaft am Standort 46 Wohnungen, zum Teil mit Fördermitteln. Zwölf Wohnungen werden daher wie berichtet für 5,50 Euro oder sieben Euro pro Quadratmeter vermietet, der – frei finanzierte – Rest soll zehn Prozent unterhalb des Mietspiegels liegen, derzeit rechne man mit 9,50 Euro. Vereinzelte Anfragen interessierter Genossenschaftsmitglieder gebe es bereits, man führe aber keine Liste, so Krause. Wenn die Zeit reif sei, würden die Wohnungen nach einem „transparenten Verfahren“ vergeben. Auch bei der Vermietung der Gewerbeflächen ist die Genossenschaft schon relativ weit. Ins Erdgeschoss der Friedrich-Ebert-Straße 1/2 könnte ein Allgemeinmediziner einziehen, für das benachbarte Acht-Ecken-Haus sei man in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit einem Potsdamer Gastronomen, so Krause. Gleiches gilt für das Haus Am Alten Markt 15. Das Erdgeschoss der Schwertfegerstraße 14 soll als Bürofläche genutzt werden. Und die ersten beiden Etagen im Eckhaus Am Alten Markt 13/14 habe man der Stadt angeboten. Verhandelt werde über die Ansiedlung einer Wissenschaftseinrichtung, hieß es.

Insgesamt investiert die „Karl Marx“ am Standort rund 16 Millionen Euro. Steigen die Baupreise weiter so rasant, könnte es auch mehr werden. Deutlich teurer ist das Engagement der PWG 1956, die mit dem Eckgrundstück Schloßstraße 5/6, dem früheren Plögerschen Gasthof, auch die aufwendigste Fassade bezahlen muss. Insgesamt rund 37,5 Millionen Euro investiert die Genossenschaft in ihre insgesamt vier Grundstücke, zu denen noch die Schloßstraße 5, 1-3 sowie das einst von Knobelsdorff gestaltete Eckhaus Am Alten Markt 17 gehören. Letzteres soll wie der Plögersche Gasthof seine historische Fassade zurückerhalten. Die Bauanträge seien bereits vor sechs Wochen eingereicht worden, sagte PWG-Vorstand Matthias Pludra den PNN. Insgesamt 37 Wohnungen sollen in den Gebäuden entstehen, allesamt sollen zu Preisen von zehn Prozent unterhalb des Mietspiegels angeboten werden. Zu den Gewerbemietern hielt sich Pludra noch bedeckt. Wie im Konzept vorgesehen werde es im Eckhaus Am Kanal 17 Flächen für Gastronomie und Einzelhandel geben, ebenso wie in der benachbarten Schloßstraße 1-3. Im Plögerschen Gasthof und in der Schloßstraße 7 soll es eine kulturelle Nutzung oder Bildungsangebote geben, im letztgenannten Gebäude ist ebenfalls Gastronomie geplant.

Neben den Genossenschaften, die zusammen fast drei Viertel des Karrees entwickeln, werden die restlichen vier Grundstücke von drei privaten Bauherren errichtet. Größtenteils entstehen auch dort Wohnungen, teils für Selbstnutzer, teils für den Verkauf. In der Schwertfegerstraße 11 ist ein „Haus der Musik“ geplant, die Fassade zieren die markanten Sterne der abgerissenen FH. Bis 2023 soll das gesamte Karree fertig sein. „Für Potsdam“, sagte Krause, „ist das ein wirklich spektakuläres und herausforderndes Projekt“.

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