Spielbergs "Bridge of Spies" aus Potsdam: In der Oscar-Qualifikation
Bei seiner Premiere in New York wurde Steven Spielbergs „Bridge of Spies“ gefeiert, der in Potsdam gedreht wurde und über den Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke erzählt. Nun gilt der Babelsberg-Film als heißer Oscar-Kandidat.
Potsdam - Für das US-Branchenblatt „The Hollywood Reporter“ ist es ein professionell gemachtes und fesselndes „Feel-Good- Melodrama über den Kalten Krieg“, das die Kinokassen in diesem Herbst klingeln lassen wird. Für den „Telegraph“ ein exzellent gemachter, bereichernder und unterhaltsamer Kalter-Krieg-Thriller, der „Independent“ schwärmt von Spielbergs meisterhafter Filmkunst, die „New York Post“ sieht den Erfolgsregisseur schon „so gut wie sicher“ mit mehreren Oscar-Nominierungen in der Tasche. „Bridge of Spies“, der Film, der die wahre Geschichte hinter dem ersten Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke 1962 erzählt, hat am Sonntagabend beim New York Film Festival Weltpremiere gefeiert. Es gab stehende Ovationen. Und eines scheint schon klar: Spielberg hat sich mit dem Film, für den er im vergangenen Jahr mit Studio Babelsberg in Potsdam und Berlin drehte und der in Deutschland am 26. November in die Kinos kommt, für das nächste Oscar-Rennen qualifiziert.
Der Ruf der Glienicker Brücke
Mit einer Nominierung in der Königskategorie „Bester Film“ wäre der Erfolgsregisseur einem Oscar-Rekord einen Schritt näher, wie das US-Fachblatt „Variety“ analysierte: Spielberg könnte von neun auf zehn Nominierungen erhöhen und würde damit an John Ford vorbeiziehen auf Platz zwei, getoppt nur noch von William Wyler („Ben Hur“) mit 13 Nominierungen. Insgesamt war Spielberg schon 15 Mal für einen Oscar nominiert, hat drei Mal gewonnen und spielt damit längst in Hollywoods Top-Liga.
In seinem neuen Film, dem vierten mit Tom Hanks in der Hauptrolle, erzählt er von den Hintergründen des ersten Agentenaustausches auf der Glienicker Brücke am 10. Februar 1962. Seinerzeit wurden auf der Brücke, über der die Grenze zwischen West und Ost verlief, der in den USA gefasste sowjetische KGB-Spion Rudolf Abel gegen den über der Sowjetunion abgestürzten US-Piloten und CIA-Spion Gary Powers ausgetauscht. Die spektakuläre Aktion machte weltweit Schlagzeilen und begründete den Ruf der Glienicker Brücke als Agentenbrücke – im englischen Sprachraum ist sie seitdem als „Bridge of Spies“ bekannt.
Lob für Tom Hanks und Mark Rylance
Hanks spielt in dem Film den Anwalt James Donovan, der den Tausch hinter den Kulissen in New York und Ost-Berlin vorbereitete. Die Kritiker halten nicht nur Hanks’ Leistung für oscar-würdig – viel Lob gibt es vor allem auch für seinen Gegenspieler, den britischen Theaterschauspieler Mark Rylance, der einhellig als Entdeckung gefeiert wird. Er gebe den KGB-Agenten Abel mit trockenem Humor und sanfter Noblesse, meint etwa „Variety“. Hanks alias Anwalt Donovan, eigentlich auf rentable Versicherungsprozesse spezialisiert, wird als Pflichtverteidiger für den vermeintlichen Staatsfeind Nummer eins engagiert – weigert sich dann aber, das Verfahren zum Schauprozess mit dem vorhersehbaren Todesurteil verkommen zu lassen. Abel könnte den USA irgendwann noch bei einem Austausch von Nutzen sein, argumentiert er stattdessen. Es dauert mehrere Jahre, bis dieser Plan im Fall Gary Powers zum Tragen kommt und Donovan zu Verhandlungen nach Ost-Berlin geschickt wird.
Begeistert zeigte sich die Kritik auch davon, wie Spielberg das Berlin der Mauerbau-Zeit inszeniert – mithilfe von Setdesigner Adam Stockhausen, der zuletzt für Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ im Studio Babelsberg arbeitete und einen Oscar erhielt, mit Kostümdesignerin Kasia Walicka Maimone und Spielbergs langjährigem Kameramann Janusz Kaminsky. Einige Aufnahmen könnten Ikonen der Filmgeschichte werden, schreibt „Variety“ und verweist auch auf die Schlussszene auf der Glienicker Brücke: Sie könne auch aus einem modernen Western stammen. Für den Dreh war die Brücke im Herbst 2014 mehrere Tage gesperrt.
Es sei ein ruhiger Film, der Gewissensfragen stellt und ihnen nachgeht, schreibt das US-Branchenblatt „Awards Daily“. Und: Wie gut Spielbergs Chancen bei den Oscars sind, das werde etwas über das Selbstverständnis des neuen Hollywood aussagen.
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