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Siegfried Grube vom REWE Markt.
© Andreas Klaer

Interview | Rewe-Einzelhändler Siegfried Grube: „In der Krise kaufen die Menschen Toilettenpapier“

Rewe-Einzelhändler Siegfried Grube über das Konsumverhalten der Potsdamer, die Organisation des Handels in der DDR und ein Lob vom General des Oder-Hochwassers.

Potsdam - Herr Grube, die Medien geben sich in Ihrem Rewe-Markt im Markt-Center derzeit die Klinke in die Hand. Das ZDF und Reuters haben gedreht, diverse Zeitungen waren da. Wie erklären Sie sich das Interesse?
 

Ich glaube, unsere Bemühungen im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus haben sich herumgesprochen, sind auch durch die Presse bekannt geworden. Ich werte das auch als großes Lob für unsere Mitarbeiter, die im Umgang mit den Kunden eine hohe Disziplin an den Tag legen und versuchen, das Beste aus der Situation zu machen.

Sie sind seit 66 Jahren im Potsdamer Einzelhandel tätig. Haben Sie eine vergleichbare Situation schon einmal erlebt?

Nein. Es gab immer mal Grippewellen und politische Krisen, die das Kaufverhalten beeinflusst haben, aber eine solche Situation wie jetzt hatten wir noch nie. Und wir bekommen Zuspruch dafür, wie wir mit der Situation im Markt umgehen. Einer unserer Kunden beispielsweise, General von Kirchbach…

…Sie sprechen von Hans-Peter von Kirchbach, dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, der 1997 als „Held von der Oder“ bekannt wurde, weil er den Einsatz von 30 000 Soldaten im Kampf gegen das Hochwasser leitete.

Genau. Er hat uns ein großes Lob dafür ausgesprochen, welche Maßnahmen gegen Ausbreitung des Virus wir hier im Markt unternommen haben. Das freut mich sehr, denn es ist ein Lob aus berufenem Munde. Besser als er, der die Krise damals mit großem Organisationstalent bewältigte, kann das wohl niemand einschätzen. Und das ist eine große Anerkennung für unsere Mitarbeiter.

Welche der vergangenen Krisen waren denn für den Handel besonders dramatisch?

Sicherlich die Kuba-Krise 1962...

…als Kennedy und Chruschtschow miteinander rangen, ob sowjetische Raketen auf Kuba stationiert werden dürften und die Welt am Rand eines Atomkriegs stand.

Ja. Damals waren die Nachrichten so geladen von der Angst vor einem Krieg, dass die Kunden doch ziemlich verunsichert waren.

Wie haben die Potsdamer reagiert?

Nun, es war überall Tagesgespräch und die Menschen hatten Angst. Auch damals haben sich die Potsdamer einen kleinen Vorrat an bestimmten Waren zugelegt.

Was wurde denn besonders viel gekauft?

Vor allem Nahrungsmittel – Erbsen, Haferflocken, Mehl, Zucker, eben alles, was lange haltbar ist. Mit der Zunahme von Tiefkühlprodukten wurden auch solche Waren verstärkt gekauft.

Und das aktuell so begehrte Toilettenpapier?

Auch das, da mussten wir damals tatsächlich auch die Abgabemengen reglementieren. Aber ob Grippewelle, Kuba-Krise oder andere politische Konfliktsituationen: Die Menschen kaufen immer Toilettenpapier. Ich finde das sogar ausgesprochen toll, denn es zeigt, dass die Kunden sehr viel Wert auf körperliche Hygiene legen und das kann gerade bei dieser Krise nur gut sein.

Nun war die Versorgungslage in der DDR ja nicht besonders stabil. Gab es denn in Krisenzeiten keine Engpässe, keine Lücken in den Regalen, die nicht mehr geschlossen werden konnten?

Es herrscht vielfach eine falsche Vorstellung vom Handel in der DDR. Es ist jeder satt geworden und Nachschub an Grundlebensmitteln wurde schnell organisiert. Natürlich gab es nicht jeden Tag von morgens bis abends Bananen oder Apfelsinen, aber das, was wir hatten, wurde gezielt eingesetzt. Niemand musste Angst haben, nicht ausreichend versorgt zu werden.

Kommen Ihnen Erfahrungen aus den Krisen vergangener Jahrzehnte jetzt beim Umgang mit der Corona-Pandemie zugute?

Ich bin Kaufmann, und man muss gerade im Handel immer damit rechnen, dass eine besondere Situation eintreten könnte. Schon in meiner Ausbildung im damaligen Potsdamer Konsum-Warenhaus, dem heutigen Karstadt-Kaufhaus, wurden wir darauf trainiert, wie man den Handel organisiert, wenn bestimmte Probleme auftreten. Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen.

Bitte sehr.

Ein Kunde fragte mich kürzlich, warum wir den Zugang zum Markt reglementieren, das sei doch gar nicht zentral angewiesen worden. Dem habe ich entgegnet, wenn jemand in der Havelbucht ertrinkt, kann ich nicht erst in der Rettungsstelle anrufen und fragen, ob ich ihn herausholen darf. Dann muss ich aus der Situation heraus handeln und entscheiden, was für die Kunden und die Mitarbeiter am besten ist.

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