zum Hauptinhalt
Siegfried Grube feiert heute seinen 80. Geburtstag. Der langjährige Chef des Rewe-Marktes im Marktcenter hat noch viel vor.
© Andreas Klaer

Markt-Center in Potsdam: Der frühere Rewe-Marktchef Grube wird 80

Ruhestand ist nichts für ihn, sagt Siegfried Grube. Heute wird der frühere Chef der Rewe-Filiale im Potsdamer Markt-Center 80 Jahre alt – und er hat noch einige Pläne.

Potsdam - Vor dem Pressetermin eine Runde durch den Markt, das muss sein. Den Zeitungsverkäufer an der Tür begrüßen, die Frau am Bäckertresen. Den prüfenden Blick kurz über Regale gleiten lassen. Siegfried Grube wird das vermutlich am heutigen Freitag nicht anders machen, obwohl er Geburtstag hat. Zum 80. erwartet er viele Freunde und Wegbegleiter. Und Grube, rühriger Einzelhandelsunternehmer und den Potsdamern vor allem als Inhaber des Rewe im Markt-Center bekannt, aber auch wegen seiner vielen ehrenamtlichen Engagements, ist einen langen Weg gegangen. Der ist auch noch nicht zu Ende.

Jetzt kann Siegfried Grube nicht mehr anders

Endlich kürzer treten, ja, das würde sich seine Frau schon wünschen, sagt er. Aber er habe wohl den Absprung verpasst und jetzt kann er nicht anders. Seit zwölf Jahren ist zwar Sohn Thomas Marktleiter. Aber Siegfried Grube geht abends nicht ins Bett, ohne das Fax mit der Tagesbilanz gelesen zu haben – in seinem Büro zu Hause in Falkenrehde. 

Am Morgen geht der erste Anruf an den Schichtleiter. An zwei, drei Tagen in der Woche ist er persönlich vor Ort. Zum Gespräch kommt er in Sakko, Jeans und eleganten Schuhen, den weißen Kittel zieht er nur drüber, wenn er Bereiche mit besonderen Hygieneauflagen betritt. „Zum Beispiel wo Bouletten gebraten werden.“

Geboren wird Grube 1939 in Niemegk im Fläming, die Eltern haben eine Konserven- und Marmeladenfabrik und etwas Landwirtschaft. „Mein Bruder und ich haben damals Ziegen gemolken.“ Nach einer schlimmen Erkrankung im Alter von fünf Jahren ist er stark sehbehindert. Zur Schule geht er trotzdem und lernt vor allem durchs Hören. Bei einer OP, da ist er zwölf, wird immerhin ein Auge wiederhergestellt. Trotzdem kommt für ihn später nur ein Beruf infrage, bei dem er nicht schwer körperlich arbeiten muss.

Im Kaufhaus fühlt er sich wohl

So landet er 1954 bei der Konsumgenossenschaft in Potsdam und macht eine Ausbildung im Warenhaus, heute Karstadt. Statt zurückzukehren nach Hause wird er nach Ausbildungsende Abteilungsleiter für Fahrräder, Motorräder und Nähmaschinen. Im Kaufhaus fühlt er sich wohl. Bis heute schwärmt er von der Arbeitsatmosphäre. Vom Miteinander der Kollegen und ihrer Einsatzbereitschaft. Zwischendurch arbeitet er kurzzeitig als Pressereferent des Konsumverbands, aber es zieht ihn zurück in die Kaufhaus-Welt. 

Er wird stellvertretender Direktor, aber so oft es geht, schiebt er Papierkram beiseite und läuft durch die Abteilungen. Führt Schnellkochtöpfe im Lichthof vor oder organisiert Modenschauen. „Es ist nicht so, dass es nichts gab in der DDR“, sagt er. „Man musste nur kreativ und einfallsreich sein. Das war irgendwie spannender als heute, wo es alles gibt.“

Nach der Wende macht Grube sich selbstständig

Diese Einstellung zum Anpacken hilft ihm, als er sich nach der Wende selbstständig macht. Einen großen Markt will man ihm, dem 51-Jährigen, damals nicht überlassen. Das ärgerte ihn. „Bei mir haben heute auch ältere Menschen eine Chance. Ich schätze ihre Erfahrung.“ Er selbst fängt klein an, wächst und zeigt es allen. Im April 1991 eröffnet er auf 80 Quadratmetern in der ehemaligen Markthalle an der Havelbucht seinen „Kiezmarkt Grube“. Bald kommen zwei weitere Märkte hinzu. Den heutigen Rewe-Frischemarkt, den er als einzigen behalten hat, weil er ihm so am Herzen liegt, eröffnet er am 11. Dezember 1997 in einer neuen, am Marktcenter angebauten Halle, 2000 Quadratmeter. Die Kunden kommen vor allem aus Potsdams Mitte und Westen, darunter viele ältere. Grube arbeitet deshalb mit einem Lieferservice zusammen, der Bestellungen notfalls direkt in den Kühlschrank der Kunden einsortiert.

Noch lange nicht fertig

Über genaue Kundenzahlen spricht er nicht – aber er kann nicht klagen. Für 2020/21 ist eine Modernisierung geplant und zwischendurch „machen wir ein paar Kleinigkeiten im Frischebereich“. Der Mann, das schwingt in seinem ganzen Auftreten mit, ist hier noch lange nicht fertig. Er räumt den Einkaufswagen, der eine Tür blockiert, kurzerhand selbst weg, schwatzt mit einer Auszubildenden, wird von Kunden begrüßt. „Ich bin mit Leib und Seele Händler und das ist mehr als kassieren“, sagt er. Im Urlaub liest er Fachzeitschriften und begutachtet den örtlichen Supermarkt. „Ich sag dann auch mal was: Freunde, im dritten Gang ist ’ne Dose Katzenfutter kaputt.“

Siegfried Grube, das schwingt in seinem ganzen Auftreten mit, ist hier noch lange nicht fertig.
Siegfried Grube, das schwingt in seinem ganzen Auftreten mit, ist hier noch lange nicht fertig.
© Andreas Klaer

Kaputt geht gar nicht. Er sorgte dafür, dass der historische Lichthof seines alten Kaufhauses restauriert und unter Denkmalschutz gestellt wurde, sammelte Spenden für die Bornstedter Kirche. Und jetzt für den Wiederaufbau des Garnisonkirchenturms. 2018 organisierte er ein Benefizkonzert mit Weltstar Jochen Kowalski. Woher diese Leidenschaft kommt? Die Ruinenlandschaft der Potsdamer Mitte hatte ihn, den Jungen aus dem Fläming, 1954 einfach geschockt, sagt er. Heute ist er ein Netzwerker, der Menschen für den guten Zweck zusammenbringt. Manfred Stolpe kam zum Spargelschälen, Kanu-Weltmeister Sebastian Brendel zum Seilspringen zugunsten der Multiple Sklerose Gesellschaft.

Natürlich macht er auch mal Urlaub. „Aber wenn man sich im Alter einmal zurückzieht, dann kommt man nicht mehr hoch von der Couch.“ Das sei für ihn keine Option. „Ich hab von Freunden gehört, 80 tut nicht weh.“

Zur Startseite