Die Potsdam Royals - nach und vor der Saison: Im Stückwerk vereint
Die Erstliga-Footballer der Potsdam Royals haben ihre lehrreichste Saison hinter sich. Und die Zukunft ist unklar.
Eine schwierige Saison ist zu Ende gegangen, doch hinter der neuen Spielzeit stehen dicke Fragezeichen. So stellt sich wenige Tage nach dem Ende der zweiten Saison in der German Football League die Situation bei den Potsdam Royals dar. Die großen Erwartungen, mit denen das Team von Cheftrainer Michael Vogt nach der Premierensaison im vergangenen Jahr gestartet war, bekamen schon vor Beginn einen Dämpfer, als unmittelbar vor dem ersten Spieltag gleich drei erstklassige Akteure einschließlich Quarterback kurzfristig nach Kanada abwanderten. Hinzu kam eine noch nie da gewesene Verletzungsmisere, sodass die Royals mit dem sechsten Platz zwar den Klassenerhalt schafften, vom angestrebten Einzug in die Play-off-Runde aber weit entfernt blieben.
Vereinspräsident Stephan Goericke ist dennoch „unheimlich stolz auf die Mannschaft“ und spricht trotz der verfehlten Ziele von der „erfolgreichsten sowie lehrreichsten Saison“ der Royals. Andere Mannschaften, so seine Überzeugung, hätten mit solch widrigen Umständen den Klassenerhalt nicht geschafft. Doch was die Royals an Teamgeist und Moral entwickelt haben, sei letztlich mehr wert als sportlicher Erfolg.
„Wir hatten eine super Mannschaft mit viel Potenzial“, sagte Goericke mit einem wehwehmütigen Blick auf die Tage kurz vor dem Saisonstart. Dann schnappte sich die Canadian Football-League (CFL) drei königliche Spieler weg. Möglich war das aufgrund einer Kooperation zwischen der CFL und dem deutschen Football-Verband, von der sich mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung für die German League versprochen wird, die nach den USA und Kanada als drittstärkste der Welt gilt. Doch bislang verläuft die vor einem Jahr geschlossene Kooperation recht eindimensional. Die CFL bekommt gute Spieler aus den deutschen Vereinen, eine Ablöse oder ein finanzieller Ausgleich fließen indes nicht. „Für die Spieler ist das eine tolle Sache, aber den Vereinen tut man damit keinen Gefallen“, moniert Royals-Coach Vogt. Ohne ein vernünftiges Regelwerk für beide Seiten sei die Kooperation wenig sinnvoll und werde nicht von Dauer sein, meint Vogt.
Neben den Ad-hoc-Transfers plagte den Klub eine ungeahnte Verletzungsserie. Gewöhnlich gilt es bereits als Katastrophe, wenn sich von den drei Quarterbacks eines Teams zwei verletzen. Die Royals verloren im Laufe der vergangenen Saison jedoch neun Spielmacher. „Worte gibt es dafür nicht“, versucht sich Vogts erst gar nicht in Beschreibungen. „Am Ende war es nur noch Stückwerk, was uns aber als Einheit zusammengeschweißt hat“, sagt er. „Wir haben uns gerade nach der ersten Halbserie richtig zusammengerauft, da ging ein Ruck durch die Mannschaft“, sagt Vogt. Dass nach einer Saison, in der nach den ständigen Ausfällen wöchentlich die Wettbewerbsfähigkeit in Frage stand, der Klassenerhalt geschafft wurde, wertet auch Vogt als Erfolg.
Unsichere Planung wegen unklarer Spielstätte
Mit dem letzten Spieltag am vergangenen Samstag hat die Planung für 2020 begonnen. „Wir führen bereits Gespräche mit Spielern“, sagt Goericke. Zugesagt hat bereits der NFL-erfahrene Defense-Trainer Joseph Tricario, der schon in der zurückliegenden Spielzeit in Potsdam tätig war. Von den Bedingungen, die der US-Amerikaner aus seiner footballverrückten Heimat kennt, sind die Royals allerdings Welten entfernt. „Der war von unseren Trainingsbedingungen geschockt“, verrät Vogt. Lange Trainingseinheiten unter Flutlicht sind nicht möglich. Kurzfristig verfügbare Trainingskapazitäten, um auf verletzungsbedingte Ausfälle reagieren und neue Abläufe üben zu können, gibt es nicht. Das aufwendige Trainings- und Spieltagsequipment lagert in privaten Keller- und Büroräumen. Und wo die Royals im nächsten Jahr ab dem Zeitpunkt der Sanierungsarbeiten im Stadion Luftschiffhafen ihre Heimspiele austragen, ist unklar. Um überhaupt bis zum 15. Oktober die Lizenz für die nächste Football-Saison zu beantragen, verlässt sich Goericke auf die Zusagen der Luftschiffhafen GmbH und der Stadt, dass bis zum Sanierungsbeginn an bisheriger Spielstätte gespielt werden darf und es danach eine Lösung gibt. Überlegungen, ob das Karl-Liebknecht-Stadion dafür in Frage kommen kann, sind nach ersten Gesprächen mit der Stadt im Juni dieses Jahres bislang nicht weitergeführt worden. Goericke habe sich mit dem Präsidenten des SV Babelsberg 03, Archibald Horlitz, zwar sehr solidarisch ausgetauscht, doch sei fraglich, ob es für den Rasen im „Karli“ durch eine dreifache Belastung durch den SVB, Turbine Potsdam und die Royals ausreichend Schonzeit gebe.
Planungssicherheit ist durch die ungeklärte Platzfrage keinesfalls gegeben, kritisiert der Royals-Chef. „Ich komme in Sponsorengesprächen nicht voran, kann keine Eintrittsgelder kalkulieren, sodass ich kein Budget planen kann“, beschreibt er die Folgen und betont: „Erst wenn wir das alles rund haben, können wir die sportlichen Ziele definieren.“
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