Deutsche Spitzensportreform: Hoffen auf Potsdamer Schlagkraft
Zentrale Säule der deutschen Spitzensportreform ist das Potenzialanalysesystem. Drei Monate nach der Berufung der dafür zuständigen Potas-Kommission gab es nun bereits einen Wechsel an der Spitze. Der neue Vorsitzende ist der bisherige Stellvertreter Urs Granacher.
Zum Chef aufgestiegen: Urs Granacher übernimmt die Führung der Kommission für Potenzialanalyse (Potas). Der Sportwissenschaftler der Universität Potsdam folgt damit auf den Sportpsychologen Bernd Strauß (Universität Münster), der nach nur drei Monaten aus gesundheitlichen Gründen vom Vorsitz zurückgetreten ist. Künftig wird nun sein bisheriger Stellvertreter Granacher die Untersuchungen der Disziplinen in den einzelnen Verbänden, die als Grundlage zur Förderberechnung der Sportarten durch den Bund dienen, leiten.
Dieser überraschende Führungswechsel soll die vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) angeschobene Spitzensportreform nicht weiter lähmen. „Wir hoffen sehr, dass nun mit Professor Granacher an der Spitze zeitnah die Schlagkraft entwickelt werden kann, welche für eine wertvolle Unterstützung der Leistungssportreform notwendig ist“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Der DOSB hoffe, „dass in der neuen Aufstellung eine kompetente Arbeitsfähigkeit der wichtigen Kommission im Sinne des gemeinsamen Erfolges der Leistungssportreform gesichert werden kann“.
Potas kostet pro Jahr 700.000 Euro
Offiziell erfolgte der Rücktritt von Bernd Strauß aufgrund Gesundheitsproblemen. Dahinter könnte jedoch auch ein anderer Aspekt stecken. Dem Vernehmen nach soll Strauß festgestellt haben, dass die Potas-Umsetzung technisch gar nicht möglich sein werde. Zwischen ihm und einigen Kommissionsmitgliedern soll es zum Zwist gekommen sein. Bereits Anfang Juni hatte Urs Granacher im PNN-Interview betont, wie anspruchsvoll die Aufgabe sei. „Was wir machen, ist nichts anderes als Pionierarbeit. Das gab es in dieser Form noch nicht. Wir betreten einen neuen Pfad“, sagte er. Und er urteilte, dass die Idee, Potenziale anhand zahlreicher objektiver Kriterien zu verifizieren und daraufhin über den Förderumfang zu entscheiden, „völlig korrekt“ sei.
Für die Einschätzung der Förderungswürdigkeit waren 60 Attribute ausgewählt worden. Nach Angaben des Innenministeriums kosten Potas-Geschäftsstelle und -Kommissionsarbeit den Steuerzahler rund 700.000 Euro pro Jahr. Wegen der Komplexität des zu entwickelnden Bewertungssystems hatten der DOSB und das Bundesinnenministerium zuletzt eingeräumt, dass Potas für die Sommersportarten erst nach den Olympischen Spielen 2020 in Tokio greifen kann. Winter-Olympia 2018 in Pyeongchang kommt erst recht zu früh. dpa/PNN
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