Randale beim Spiel Babelsberg gegen Cottbus: Hitlergruß und Platzsturm: Zehn Energie-Fans festgenommen
Beim Regionalliga-Derby des SV Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus ist es zu schweren Ausschreitungen gekommen. Lausitzer Neonazis sorgten fast für einen Spielabbruch. 19 Strafverfahren wurden eingeleitet.
Potsdam - Beim Derby von SV Babelsberg 03 und dem FC Energie Cottbus in der Regionalliga Nordost ist es am Freitagabend im Potsdamer Karl-Liebknecht-Stadion zu Randalen von Cottbus-Anhängern gekommen. Das Spiel, das Babelsberg am Ende 2:1 – nach einem 0:1-Rückstand zur Halbzeit – gewonnen hatte, musste zwei Mal mehrere Minuten unterbrochen werden und stand kurz vor dem Abbruch.
Im Block der Gäste mit etwa 400 Energie-Fans ist mehrfach der Hitlergruß gezeigt worden. Dann stürmten mehrere vermummte Energie-Anhänger den Platz. Die Polizei führte sie vom Spielfeld. Es soll sich um rechtsextreme Fußballfans handeln, die in Cottbus bereits Stadionverbot haben. Auch Babelberger Fans hatten als Reaktion versucht, auf den Platz stürmen, wurden von den Sicherheitskräften aber daran gehindert. Später skandierten die Cottbuser Fans Rufe wie „Arbeit macht frei, Babelsberg 03“ oder „Zecken, Zigeuner und Juden“.
Die Polizei, die mit einem starken Aufgebot im Stadion war und Pfefferspray einsetzte, nahm zehn Anhänger des FC Energie Cottbus vorläufig in Gewahrsam. Das sagte der Leiter der Polizeiinspektion, Maik Toppel, am Abend den PNN. Gegen die Männer werden wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch ermittelt.
Insgesamt hat die Polizei 19 Strafanzeigen aufgenommen. Sie lauten unter anderem auf Landfriedensbruch, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Wie sich die Anzeigen unter den jeweiligen Fanlagern aufteilen, blieb unklar. Nach dem Spiel ist außerhalb des Stadions zudem offenbar aus einem Block von SVB-Fans heraus in der Karl-Liebknecht-Straße ein Polizeiwagen mit Steinen beworfen worden. Auch die Potsdamer Feuerwehr musste im Stadion anrücken. Hinter dem Gästeblock der Energie-Fans war eine Böschung vermutlich durch Feuerwerk in Brand geraten und musste gelöscht werden.
Bei der zweiten Spielunterbrechung sind zunächst aus dem Gästeblock Raketen und Böller in die Babelsberg-Fans gefeuert worden, die darauf mit Feuerwerk reagierten. Erst nach der Entscheidung des Schiedsrichters, das Spiel endgültig abzubrechen, wenn auch nur ein einziger Böller fliegt oder Pyrotechnik gezündet wird, blieb es bis zum Abpfiff ruhig. Es ist nach den Ausschreitungen mit drastischen Strafen des Fußballverbandes für den FC Energie zu rechnen. Dem Verein muss bereits nach einer von Cottbusern verursachten Spielunterbrechung in Bautzen eine Strafe des Nordostdeutschen Fußballverbandes befürchten.
Besonders peinlich für Potsdam: Die Gewaltzzenen im Stadion musste auch eine Delegation der neuen Partnerstadt Sansibar mitansehen, mit der Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) das Spiel besuchte. Jakobs erklärte, er habe die Szenen mit Entsetzen erlebt. "Das hat nichts mehr mit Fußball zu tun", sagte der Oberbürgermeister dem RBB-Nachrichtenmagazin "Brandenburg Aktuell". Die Ausschreitungen und "das gegenseitige Beschießen mit Feuerwerkskörpern" seien furchtbar. Den Gästen der Stadt aus Afrika sei "das sehr erklärungsbedürftig", sagte Jakobs. Ein Derby solle durchaus mit emotionaler Anspannung verfolgt werden, "da gehört Leidenschaft dazu, aber nicht in Form von körperlichen Auseinandersetzungen oder indem man Feuerwerkskörper abbrennt". Zugleich mahnte Jakobs wegen der Feuerwerkskörper eine Prüfung an, "ob die Personenkontrollen, die Sicherheitskontrollen nicht gründlicher stattfinden müssen". Auch für den RBB, der das Spiel per Internetstream live übertragen hat, ging die Gewalt klar von Cottbuser Fans aus.
Babelsberg-Tainer Cem Efe sagte nach dem Spiel, solche Szenen gehörten nicht auf einen Fußballplatz. Energie-Trainer Claus-Dieter Wollitz wollte sich nicht recht von den Neonazi-Umtrieben der Fans seines Vereins distanzieren. Zum Fußball gehöre Fankultur und Rivalität, sagte er. Und: Möglichweise entstünden aus Emotionen durch "Dinge, die man so nicht tun will".
Jüdisches Forum: "Es ist schockierend, wenn ein vermummter Block den Holocaust verherrlicht"
Energie-Geschäftsführer Normen Kothe sagte hingegen laut einem Bericht der "Lausitzer Rundschau": "Wir begrüßen das rigorose Vorgehen der Polizei gegen die Störer und hoffen, dass die diese zweifelsfrei festgestellt wurden. Diese Personen wollen kein Fußballspiel sehen und kennen anscheinend keine rechtsstaatlichen Grenzen mehr. Ihnen ist augenscheinlich nur durch Polizei und Gerichte beizukommen."
Levi Salomon, Sprecher des Vereins Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus sagte: "Es ist schockierend und verstörend zugleich, dass wiederholt gewalttätige Fußballfans eine gesamte Spielpartie ungestört volksverhetzende sowie antisemitische Inhalte skandieren und ein vermummter Block grölend den Holocaust verherrlicht. Wir hoffen, dass die entsprechenden Täter strafrechtlich belangt werden und es nicht erneut zu solchen Szenen kommt."
Wegen der politischen Rivalität der beiden Fanlager war die Polizei in Alarmbereitschaft. Die Begegnung war als erhöhtes Risikospiel eingestuft worden. Cottbus-Fans waren bereits in der Nacht zu Freitag in Potsdam, um die Babelsberg-Anhängerschaft zu provozieren. Sie übersprühten mehrere Graffitis der Babelsberger Fanszene. Zu lesen waren Sprüche wie „Scheiß Bbg! Nur Energie!“. Gesprüht wurde auch ein Keltenkreuz, dessen Verwendung strafbar ist, weil es sich dabei um ein rechtsextremes „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ handelt.
Bereits in der Hinrunde im November hatte es in Cottbus massive antisemitischen Vorfälle beim Spiel gegen Babelsberg gegeben. In der Vergangenheit machte der FC Energie immer wieder Schlagzeilen mit rechtsextremen Fans.
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