Bürgerdialog zur Garnisonkirche Potsdam: Hinter verschlossenen Türen
Der Bürgerdialog zur Garnisonkirche liegt vorerst auf Eis, nachdem der Auftakt Ende April aus dem Ruder gelaufen ist. Die Initiativen sollen zunächst eine Gesprächsebene finden - ohne Bürger.
Potsdam - Um den Bürgerdialog zum Konflikt um den Wiederaufbau der Garnisonkirche nach dem turbulenten, aus dem Ruder gelaufenen Auftakt Ende April zu retten, sind alle öffentlichen Runden vorerst auf Eis gelegt. Gegner- und Befürworterinitiativen des Projektes sollen sich zunächst hinter verschlossen Türen annähern, um überhaupt eine Gesprächsebene zu finden.
„Ich würde ein öffentliches Forum erst nach den Sommerferien begrüßen“, sagte der Moderator des Bürgerdialogs, Hathumar Drost, den PNN. Bis dahin seien weitere Einzelgespräche mit den Vertretern der Bürgerinitiativen vorgesehen. Auch könnten sich die Beteiligten zusammensetzen und gemeinsam Schnittmengen und Kompromisse suchen. Hier würden Bürger und auch Medien nicht dabei sein.
Unklar, wann der Bürgerdialog wieder aufgenommen wird
„Es muss einen geschützten Raum geben“, erklärte Drost, der Geschäftsführer des Potsdamer Planungsunternehmens Complan ist. Einer Sprecherin der kommunalen Bauholding Pro Potsdam zufolge würden die „Gespräche auf Wunsch der Teilnehmer im internen Kreis stattfinden“. Der Bürgerdialog selbst werde natürlich öffentlich sein, fügte sie hinzu. Wann dieser wieder aufgenommen wird, konnte sie aber nicht sagen.
Bei der ersten Veranstaltung des Bürgerdialogs war es zu teils heftigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern eines Wiederaufbaus der Garnisonkirche gekommen. Am vergangenen Freitag hatte der kommunale Sanierungsträger Pro Potsdam dann mitgeteilt, dass die eigentlich für den heutigen Mittwoch geplante nächste Runde des Dialogs verschoben wird. Begründet wurde die Absage damit, dass die Einzelgespräche mit den jeweiligen Interessengruppen mehr Zeit in Anspruch nehmen als erwartet.
Dialog nicht gescheitert
Moderator Drost betonte, dass man sich bei der nächsten öffentlichen Veranstaltung zum Bürgerdialog „richtig an die Potsdamer“ wenden wolle. Was das heißt und wie die Veranstaltung aussehen soll, wollte er nicht sagen. Der Bürgerdialog sei mit dem jetzigen Vorgehen aus seiner Sicht nicht gescheitert. „Ich glaube, dass es Sinn macht, ein Beteiligungsverfahren durchzuführen“, sagte er. Bei der Komplexität müsse man sich allerdings überlegen, wie dies genau aussehen könne.
Der Verwaltungsvorstand der Stiftung Garnisonkirche, Peter Leinemann, sprach sich grundsätzlich für eine Beteiligung der Öffentlichkeit an der Diskussion aus. „Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass man temporär Beteiligte untereinander ins Gespräch kommen lässt“, schränkte er zugleich ein. Grundsätzlich sei es wichtig, dass der Dialog „keine weitgehende Verzögerung“ erfahre. Leinemann bot auch den Gegnern eines Wiederaufbaus von der Bürgerinitiative „Potsdam ohne Garnisonkirche“ an, direkt mit ihnen über ihre Belange zu diskutieren.
Grundsätzlich öffentlich
Deren Sprecher Simon Wohlfahrt regte an, einen Beirat zu gründen, in dem die „widerstreitenden Interessen“ diskutiert werden könnten. Dann sei ein faires Verfahren möglich. Die Dialog müsse aber grundsätzlich öffentlich geführt werden, damit das Bürgerbeteiligungsverfahren auch ergebnisoffen sei, fügte er hinzu. Er rechnete allerdings nicht mehr mit einem Erfolg. „Der Bürgerdialog ist schon gescheitert, da die Stiftung darauf beharrt, dass der Turmbau unverhandelbar ist.“
Bereits vor dem Beginn des Dialogs Ende April standen sich Gegner und Befürworter unversöhnlich gegenüber. Die Stiftung will am Wiederaufbau nicht rütteln lassen. Insbesondere der Turmbau ist für sie nicht verhandelbar. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte den Bürgerdialog zur Gestaltung des umstrittenen Gotteshauses und seinem unmittelbaren Umfeld initiiert. Mit diskutiert werden soll die Gestaltung der Plantage und die Zukunft des Rechenzentrums. An der Auftaktveranstaltung hatten unter anderem die Garnisonkirchen-Stiftung und der Förderverein, die Bürgerinitiative Mitteschön, aber auch die BI gegen die Garnisonkirche sowie Vertreter der Künstler, die das DDR-Rechenzentrum temporär nutzen wollen, teilgenommen. Schritte aufeinander zu waren kaum zu beobachten: Die Wiederaufbau-Befürworter wollen die Garnisonkirche, mindestens jedoch ihren Turm, im Originalgewand wieder aufbauen. Für den Turm ist bereits eine Baugenehmigung erteilt. Die Gegner fordern, dass komplett auf einen Wiederaufbau verzichtet wird. Oberbürgermeister Jakobs hatte dazu aufgerufen, die Chance für eine faire und sachliche Debatte zu ergreifen. „Dialog heißt auch aufeinander zuzugehen“, so Jakobs.
Ein Problem für die Stiftung sind die Spenden. Bis Ende April gingen bei der Stiftung nach eigenen Angaben 21 Millionen Euro von berechneten 40,3 Millionen Euro Kosten für den Kirchturm ein, zwölf Millionen Euro vom Bund in Aussicht gestellte Fördermittel inklusive. Die komplette Kirche, vor der es 1933 zum historischen Handschlag vom frisch gewählten Reichskanzler Adolf Hitler mit Reichspräsident Paul von Hindenburg gekommen war, soll etwa 100 Millionen Euro kosten.
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Stefan Engelbrecht
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