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Architekt Hinrich Baller und seine Frau Doris Baller beim Stadtteildialog zur Nutheschlange am 22. November 2019 in der Babelsberger Bürgel-Grundschule.
© Carsten Holm

Vereinte Abriss-Gegner: Hinrich Baller will Bürgerinitiative Nutheschlange unterstützen

Der Architekt der Nutheschlange gesteht ein, dass der Bau nicht den Regeln entspricht. Den Abriss wird er aber nicht hinnehmen. Der ProPotsdam wirft er zudem Überforderung vor.

Herr Professor Baller, Sie sind 83 Jahre alt und fahren noch immer Motorrad, eine BMW-Rennmaschine. Sind Sie am Freitag mit Ihrer Frau Doris damit nach Potsdam zur Diskussion über Ihr Spätwerk, die Nutheschlange, gekommen?
Nein, Nässe und Blätter, das geht nicht. Wir haben die S-Bahn genommen.

Der Streit darum, was mit dem leer stehenden Terrassenhaus der Nutheschlange passieren soll, ist in den vergangenen Monaten eskaliert. Der Eigentümer, die städtische Wohnungsbaugesellschaft ProPotsdam, plädiert für einen Abriss und einen Neubau, braucht dafür aber aus Urheberrechtsgründen Ihr Einverständnis als Architekt.
Das wird die ProPotsdam niemals bekommen. Wir wissen, dass ohne uns nichts geht, und wir glauben, dass die ProPotsdam das auch weiß.

Haben Sie darüber verhandelt?
Wir haben seit Monaten keinen Kontakt zur ProPotsdam.

Sie stehen auf der Seite der Bürgerinitiative, die den Abriss verhindern will und eine Sanierung des sogenannten Kopfbaus der Anlage fordert.
Ja, natürlich. Wir haben ständig Kontakt mit der Initiative. Eigentlich jede Woche, manchmal täglich. Und sie wird uns auch im Streit um das Urheberrecht, das wir für die Nutheschlange haben, unterstützen.

Einen Abriss werden Sie nicht hinnehmen?
Natürlich nicht. Wir werden hart bleiben und dagegen gerichtlich vorgehen.

Nun hat Oberbürgermeister Mike Schubert für viele überraschend die Idee ins Spiel gebracht, einer Gemeinschaft, die die Bürgerinitiative mit anderen bilden könnte, das Gebäude im Rahmen eines Erbpachtmodells zu überlassen. Das heißt, die neuen Eigentümer könnten das Gebäude sanieren lassen und erhalten.
Ich glaube, Herr Schubert hat begriffen, dass die ProPotsdam mit diesem Problem völlig überfordert ist. Ich kenne die entscheidenden Leute dort doch seit vielen Jahren. Das Terrassenhaus ist eines unserer Spätwerke, es ist hochkomplex. Wir sind architektonisch in Neuland vorgestoßen, wir sind an Grenzen gegangen.

Mit Berufung auf Gutachter heißt es beispielsweise, die Außenwände, die sie bauen ließen, seien nicht zulässig. Auch dieses Details spreche gegen eine Sanierung.
Es stimmt sogar, dass das nicht den Regeln entspricht. Der Fehler in der Bewertung aber ist: Zulässigkeit allein ist kein Kriterium. Wenn ich etwas so konzipiere und realisiere, dass es funktioniert, das heißt: dem Nachweis im Einzelfall entspricht, ist es auch zulässig.

Da droht also auch langfristig nichts zusammenzubrechen oder einzustürzen?
Ich bitte Sie! Natürlich nicht. Aber ich muss klar sagen: Die ProPotsdam ist in ihren Möglichkeiten behindert. Als Architekt könnte ich schwerlich mit ihr zusammenarbeiten.

Ein Detail, über das diskutiert wird, sind die vielen großen Terrassen. Auf der Fläche könnte nach manchen Sanierungsvorschlägen zusätzlicher Wohnraum entstehen.
Das ist aus mehreren Gründen grundsätzlich falsch. Die Vorstellungswelt der ProPotsdam ist auf Wohnungen mit relativ kleiner Terrasse beschränkt.   Die Siedlung ist aber baulich hoch verdichtet, Freiflächen wie die Terrassen sind intensiv gestaltet. Kann ich die nicht nachweisen, bekomme ich keine Baugenehmigung. Die Größe der Terrassen muss erhalten werden im Verhältnis zur Gesamtsiedlung.

Nun hat der Oberbürgermeister nicht nur angeregt, das Terrassenhaus über einen Erbpachtvertrag zu vergeben, sondern auch, dass Sie den künftigen Eigentümern beratend zur Seite stehen könnten. Hat Sie das gefreut?
Ja, natürlich. Die Bürgerinitiative kann mit unserer Unterstützung rechnen. Und wir haben Kontakte zu vielen erstklassigen Leuten. Ich könnte mit meiner Frau daran mitwirken, dass das Terrassenhaus saniert und dadurch erhalten wird. Wir könnten auch das Baumanagement übernehmen.

Glauben Sie, dass unter Ihrer Mitwirkung ein Sanierungskonzept wirtschaftlich sinnvoll gelingen kann?
Wir wissen doch, wie das möglich ist. Wir können das Terrassenhaus zu vernünftigen Konditionen erhalten. Diejenigen, die dort wohnen werden, müssen es auch bezahlen können. Das können wir schaffen.

Haben Sie auf der Rückfahrt in der S-Bahn mit ihrer Frau gleich darüber gesprochen, wie das möglich wäre?
Ja, das haben wir.  

Carsten Holm

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