Daniel Keller erobert Potsdams Süden: Hans-Jürgen Scharfenberg verliert seinen Wahlkreis
Eine faustdicke Überraschung bei der Landtagswahl. Hans-Jürgen Scharfenberg verliert seinen Wahlkreis - und steht vor dem Ende seiner politischen Karriere.
Potsdam - Die Linken-Hochburg im Potsdamer Süden ist gefallen. Hans-Jürgen Scharfenberg verliert sein Direktmandat in dem von Plattenbaugebieten dominierten Wahlkreis 22 an den SPD-Newcomer Daniel Keller. Nach dem vorläufigen Endergebnis lag Keller mit 26,5 Prozent 2,4 Prozentpunkte vor dem Polit-Urgestein der Linken, der vor dem offensichtlichen Karriereende nach 15 Jahren Landtag steht.
Der AfD-Kandidat Chaled-Uwe Said blieb mit 17,5 Prozent knapp unter dem Zweitstimmenergebnis seiner Partei. Die Grünen-Direktkandidatin Frauke Havekost landete mit 12,2 Prozent noch vor CDU-Konkurrent Steeven Bretz. Der Generalsekretär der brandenburgischen Christdemokraten blieb mit enttäuschenden 9,9 Prozent einstellig.
Das Ergebnis ist eine Zäsur, der Wahlkreis war quasi ein Erbhof der Linkssozialisten seit der Wende. Ergebnisse von mehr als 40 Prozent für die Linke waren keine Seltenheit. Der Triumph von SPD-Newcomer Keller kommt überraschend, der Kinder- und Jugendsporttrainer und Geschäftsführer einer kleinen Firma ist bisher kein großer Name in der Potsdamer SPD, auch wenn der 33-Jährige seit 2015 in der Stadtverordnetenversammlung mitarbeite. Ein Achtungszeichen setzte Keller allerdings nach der Kommunalwahl im Frühjahr, als er von der Stadtparlamentsfraktion der SPD zum Co-Vorsitzenden gewählt wurde.
Entscheidend für den Sieg des SPD-Newcomers dürfte allerdings auch eine taktische Wahlentscheidung gewesen sein, die AfD zu verhindern. Keller jedenfalls sagte gegenüber den PNN: „Ich glaube, dass wir einen sehr guten Wahlkampf gemacht haben.“ Das AfD-Ergebnis spiele „natürlich auch eine Rolle“, so Keller. Aber man habe eben auch mit den SPD-Themen wie Wohnen und Bildung überzeugen können. „Und wir haben im Wahlkampf sehr auf soziale Medien gesetzt und so auch viele Jüngere erreicht“, begründete der Direktmandatsieger seinen Erfolg.
Kontrahent Scharfenberg hingegen gestand auf der Wahlparty der Linken im Karl-Liebknecht- Stadion: „Ich halte es für eine Riesenüberraschung.“ Seine Erklärung der Niederlage folgte der seiner Parteigenossen: „Die Polarisierung zwischen AfD und SPD scheint der Maßstab für viele Wähler gewesen zu sein.“ Er schaute pragmatisch auf seinen Jobverlust: „Ich bin ohnehin nur noch einmal angetreten, weil es mir von vielen Seiten nahegelegt wurde.“
Da der 65-Jährige auch nicht über eine Parteiliste abgesichert ist, zieht er auch nicht wieder in den Landtag ein. Schon Ende Mai, also vor drei Monaten, hatte die Linke bei den Kommunalwahlen in Potsdam schmerzhafte Verluste erlitten. Danach hatte die neue Stadtfraktion Scharfenberg nicht noch einmal als Chef gewählt – was einer Entmachtung gleichkam, weil er nun nur noch einfacher Stadtverordneter ist. Zuvor war Scharfenberg über Jahre das Zugpferd seiner Partei in Potsdam, hatte allerdings bei Oberbürgermeisterwahlen zweimal gegen Jann Jakobs (SPD) verloren.
Dass es auch diesmal nicht reichte, liegt vor allem an den Ergebnissen in Plattenbaugebieten wie Am Stern: Hier holte Scharfenberg 2014 noch fast 42 Prozent, diesmal nur 28,3 Prozent. Auch in der Waldstadt II, wo Scharfenberg vor fünf Jahren noch knapp 40 Prozent erreichte, waren es nun noch 22,7 Prozent, 0,7 Prozent hinter dem AfD-Mann Chaled Uwe-Said. Keller kam hier auf 26 Prozent. Und damals holte Scharfenberg im gesamten Wahlkreis noch 9824 Stimmen, diesmal trotz gestiegener Wahlbeteiligung nur 7689. Dagegen kam gerade die AfD und auch die Grünen auf deutlich bessere Werte, die SPD konnte ihr Ergebnis in dem Wahlkreis – bei leichten Verlusten – in etwa halten.
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