Pläne der Studio Babelsberg AG: „Günstiger Zeitpunkt” für Verkauf
Kleinaktionärssprecher Michael Kunert zeigt sich über die Entwicklungen nicht überrascht. Der Vorstand habe es geschafft, den exzellenten Ruf der AG auszubauen. Er übte aber auch Kritik.
Potsdam - Der Berliner Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger Michael Kunert, eine der beiden großen Aktionärsvereinigungen in Deutschland, war nicht überrascht, als er letzte Woche die Neuigkeiten aus Babelsberg erfuhr. Die Eigentumsverhältnisse der Studio Babelsberg AG könnten sich bald, möglicherweise noch in diesem Jahr, ändern, hatten „Bild“ und „BZ“ am Freitag berichtet – und von „Verhandlungen mit einem europäischen Investor“. Damit zitierten die Zeitungen Studio-Chef Carl Woebcken. Auf PNN-Anfrage dementierte die AG diese Aussagen nicht, auch eine Verkaufsabsicht wurde nicht bestritten.
„Das Thema ist ja nicht neu. Ich habe nur nicht erwartet, dass vielleicht schon in diesem Jahr etwas geschieht“, sagte Kunert den PNN. Kunert, der die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft oft besucht hat, war auch am 30. Juni zugeschaltet, als die diesjährige Hauptversammlung wegen der Corona-Pandemie zum zweiten Mal nur virtuell stattfinden konnte.
Keine „Aktionärsdemokratie“
Der Sprecher der Schutzgemeinschaft bedauerte im Gespräch mit den PNN, dass auch in diesem Jahr Fragen an den Vorstand nur vorher eingereicht werden konnten und Nachfragen nicht möglich gewesen seien. Eine „Aktionärsdemokratie“ existiere daher nicht.
Sollten die beiden Großaktionäre, Vorstandschef Woebcken und Vorstand Christoph Fisser, jetzt einen Verkauf ihrer Anteile erwägen, sei „der Zeitpunkt einer Übernahme der traditionsreichen, wenn auch kleinen Aktiengesellschaft jetzt günstig“, so Kunert. Der Vorstand habe es geschafft, den bis Hollywood reichenden exzellenten Ruf der AG beizubehalten und auszubauen – wenn auch die Studios ohne die Filmförderung wegen der Subventionen in anderen europäischen Ländern „allein kaum überlebensfähig“ wären.
Ergebnisse trotz Corona „bemerkenswert gut“
Die Ergebnisse des trotz Corona „sehr erfolgreichen Geschäftsjahres 2020“ seien angesichts eines Gewinns von 10,8 Millionen Euro „bemerkenswert gut“, der Wert der Aktien, so Kunert, sei „stark gestiegen, sie sind erheblich mehr wert als noch vor ein paar Jahren“. Das drücke sich auch in der „außergewöhnlich hohen Dividende von 35 Cent aus“. 2019 hatte der Gewinn nur 2,1 Millionen Euro betragen, die Ausschüttung beschränkte sich auf die Mindestdividende von vier Cent.
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Kunert dokumentierte das Geschehen auf der Hauptversammlung mit eigenen Notizen. Schon seit dem sogenannten, in seinen Augen aktionärsfeindlichen Delisting im Jahr 2015, als die Lage der AG wirtschaftlich „problematisch“ war und sie auf ihren Antrag vom Börsenhandel ausgeschlossen wurde, habe der Vorstand geäußert, dass er nach einem strategischen Investor suche, der das Geschäft fortführe. Auf der Hauptversammlung im Juni aber habe es geheißen, dass es „irgendwann“ (Kunert) auch zu einem Verkauf und einer kompletten Übernahme kommen könnte.
Bei einer solchen Transaktion würden die Großaktionäre ihre Anteile verkaufen und in aller Regel aus dem Unternehmen ausscheiden. „Bild“ und „BZ“ hatten darüber spekuliert, ob Woebcken und Fisser sich ihren Abschied aus Babelsberg „versilbern“ lassen wollten.
Portal schätzt Gesamtwert der Studio Babelsberg AG auf mehr als 30 Millionen Euro
Als aus Aktionärskreisen auf der Hauptversammlung, wie Kunert weiter berichtet, die Frage gestellt wurde, ob der Vorstand angesichts der erfreulichen Geschäftsentwicklung bedaure, nicht mehr an der Börse gelistet zu sein, sei die Antwort gewesen, dass eine Börsennotierung jetzt eine Belastung wäre. Mehr könne dazu „aus Wettbewerbsgründen“ nicht gesagt werden. Kunert erhofft sich nun „genaue Informationen über Sachstand der Verkaufsverhandlungen“.
Laut Geschäftsbericht 2020 beschäftigt das Studio 99 feste, 337 projektbezogene befristete Mitarbeiter und 15 Auszubildende. Den Gesamtwert der Studio Babelsberg AG schätzt das Online-Portal wallstreet auf 31,35 Millionen Euro, Stand vergangenen Freitag. Woebcken und Fisser hatten das traditionsreiche Unternehmen vor gut 17 Jahren für den symbolischen Preis von einem Euro übernommen.