Kirchsteigfeld: Gestaltungsrat fordert Nachbesserungen für neues Wohngebiet
Das neue Wohn- und Gewerbegebiet im Potsdamer Süden stellt den Gestaltungsrat nicht zufrieden. Die Vertreter fordern, das Viertel attraktiver zu machen. Anwohner fürchten um nahegelegenen Wald.
Potsdam - Ein Eingangsgebäude mit öffentlicher Nutzung, ein breiter Platz zum Flanieren und mehr Grünflächen: All das fordert der Gestaltungsrat von den Architekten des geplanten Wohn- und Gewerbegebietes im Kirchsteigfeld. Die Investoren hatten am Freitagabend bei der öffentlichen Sitzung des Gestaltungsrats ihre Pläne vorgestellt – und sollen sie nach dem Willen des Expertengremiums, das die Stadt in Baufragen berät, nun in wesentlichen Punkten nachbessern. Allerdings gab es auch Lob für das Projekt einer Potsdamer Investorengruppe.
So drehte sich die Debatte vielfach um ein 16-stöckiges Bürogebäude. Die Vorsitzende des Gestaltungsrats Sophie Wolfrum, Professorin für Städtebau und Regionalplanung im Ruhestand, betonte die öffentliche Bedeutung eines solchen markanten Bauwerks und forderte eine Planänderung: „Dieses Haus kann kein normales Bürogebäude sein und muss sich in seiner Gestalt mit dem Viertel gemein machen. Eine Kirche haben wir natürlich leider nicht, die dort hineinziehen könnte.“ Aus dem Publikum kam daraufhin die Idee, ein Hotel daraus zu machen.
Einen anderen Vorschlag hatte Gestaltungsrätin Angela Mensing de-Jong, Architektin und Professorin für Städtebau an der Technischen Universität Dresden: Sie forderte vor dem Hochhaus einen breiten Schmuckplatz und einen schmaleren Straßenraum. Sie sagte dazu: „In dieser Quartiersmitte ist der belebteste Teil, dort gehen die Leute dann Mittagessen.“ Man müsse also eine gewisse Aufenthaltsqualität schaffen, möglichst auch mit viel Grün. Ansonsten definiere der Block den Raum recht gut und sei in Kombination mit einer eindeutigen Trennung zwischen Gewerbe im Osten und Wohngebäuden im Westen eine tolle Lösung. Auch die Vorsitzende Wolfrum lobte, der Plan orientiere sich eng am Ursprungsgedanken für das Viertel, insbesondere die Abschirmung von der Autobahn und die Einordnung des neuen Gebäudekomplexes in das Stadtbild fanden ihre Zustimmung. Es seien aber eben Nachbesserungen nötig: „Der südliche Eingang und der Platz im Norden müssen noch besprochen werden.“
Grundsätzliche Kritik am 16-Geschosser gab es unterdessen von Steffen Pfrogner von der Fraktion Die Andere, der an dieser Stelle ein filigraneres Gebäude forderte. Man könne in Potsdam im Schlaatz und Am Stern bereits sehen, wie ein solch massives Gebäude im Stadtbild wirke. Dabei sei die Höhe nicht das Problem, sondern die Breite. Außerdem kritisierte Pfrogner, dass es keinen städtebaulichen Wettbewerb gab. So hätten verschiedene Architekten weitere Lösungen für die schwierigen Verkehrsanschlüsse im Süden und Norden hervorbringen können. Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) sagte, dass man für das Kirchsteigfeld bereits besonderes Städtebaurecht habe bemühen müssen, um überhaupt Investoren anzulocken.
Für den Übergang zur Autobahnzufahrt im Süden haben die beauftragten Architekten des Büros Winkens Architekten vier Lösungen vorgestellt, von denen bei der Sitzung letztlich nur eine diskutiert wurde: Es soll an dieser Stelle ein Kreisverkehr geschaffen werden, in dessen Mitte ein weiteres Hochhaus steht. Man müsse dann erst ein Gebäude umfahren, um in das neue Quartier hineinzukommen, erklärte der zuständige Architekt Karl-Heinz Winkens: „Damit schaffen wir einen räumlichen Abschluss.“
Anwohner wollen Wald erhalten
Aus dem Publikum meldeten sich Bewohner des Kirchsteigfeldes. Sie betonten, wie wichtig es sei, im neuen Wohn- und Gewerbegebiet Freiräume für Jugendklubs und Sport zu schaffen. Auch den nahegelegenen Wald wollen sie so weit wie möglich erhalten wissen, hieß es. Wichtig war Architekt Karl-Heinz Winkens eine gute Lösung für die Versickerung von Regenwasser. Dafür solle der zurzeit ausgetrocknete Hirtengraben genutzt werden – anstatt neue Kanäle anzulegen. Auch die unbebauten Wohnhöfe seien dazu gedacht. Daher seien die Dächer der Häuser nun anders geformt, um das Regenwasser zunächst zurückzuhalten und dann kontrolliert abfließen zu lassen.
Im Frühjahr hatten die Stadtverordneten das Großprojekt an der Ricarda-Huch-Straße grundsätzlich gebilligt – unter Auflagen. So sollen die Investoren vor der Erteilung von Baugenehmigungen die nötige Verkehrserschließung schaffen, das betroffene Waldstück jedoch so weit wie möglich erhalten. Aus diesem Beschluss hat die Bauverwaltung inzwischen Ableitungen getroffen – eine Änderung des betreffenden Bebauungsplans steht auf der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am 6. November und wird wohl zunächst in die Fachausschüsse zur weiteren Diskussion überwiesen. Demnach könnten rund 145.000 Quadratmeter für Gewerbeflächen entstehen und 55.000 Quadratmeter für Wohnen. Auch Kitas und andere Dienstleistungen sind vorgesehen. Das Areal hatte über Jahre hinweg brach gelegen, Pläne für ein Einkaufszentrum am Ort waren in der Vergangenheit gescheitert.