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Die einen freut’s. Mit hängendem Kopf erträgt Turbine-Spielerin Jennifer Cramder (r.) den Jubel der Bayern-Spielerinnen nach deren 2:0-Führung. Diese Szenerie wiederholte sich am gestrigen Sonntag gleich viermal.
©  Jan Kuppert

Turbine Potsdam verliert gegen Bayern München: Europa rückt in die Ferne

Das "Endspiel" um die Qualifikation zur Champions League war eine klare Sache. Mit 0:4 verloren die Fußballerinnen von Turbine Potsdam gegen Bayern München. Dadurch bleibt dem Potsdamer Team nur noch eine theoretische Chance auf die internationale Teilnahme.

Potsdam - Die Begrüßung durch Stadionsprecher Hartmut Behrenwald wurde unfreiwillig zur Vorhersage. „Herzlichen Glückwunsch“ statt „herzlich willkommen“ rief er den Spielerinnen des FC Bayern München am gestrigen Sonntagnachmittag kurz vor 14 Uhr zu. Nicht ganz zwei Stunden später konnte sich Bayern-Trainer Thomas Wörle dann doch völlig zu recht gratulieren lassen: Zu einem überzeugenden 4:0 (3:0)-Auswärtssieg beim 1. FFC Turbine Potsdam und der wahrscheinlichen Qualifikation für die Champions League in der kommenden Saison.

Neidlos mussten die Turbine-Fans unter den 3421 Zuschauern im Karl-Liebknecht-Stadion anerkennen, dass die Bayern die bessere Mannschaft waren – wie schon in der Vorwoche der VfL Wolfsburg, der mit dem 3:1-Erfolg über Potsdam den entscheidenden Schritt zum Titelgewinn gemacht hatte. Die Mannschaft von Trainer Ralf Kellermann verlor zwar gestern Nachmittag beim SC Freiburg mit 0:2 (0:0), kann aber aufgrund der gestrigen Turbine-Niederlage gegen Bayern am letzten Spieltag nicht mehr eingeholt werden.

„Wenn Bayern ausrutschen sollte, werden wir da sein“

Turbine indes steht einen Spieltag vor Saisonende fast mit leeren Händen dar. Die Bayern werden sich die direkte Champions-League-Qualifikation kaum noch nehmen lassen. Theoretisch bleibt Potsdam noch eine minimale Chance auf das internationale Geschäft. Dafür müsste Bayern in der kommenden Woche zu Hause gegen die SGS Essen verlieren oder unentschieden spielen und Potsdam auswärts gegen den MSV Duisburg gewinnen. „Wenn Bayern ausrutschen sollte, werden wir da sein und gegen Duisburg gewinnen. Aber die Chancen sind natürlich sehr gering“, unterstrich Rudolph.

Denn die Münchnerinnen werden ähnlich fokussiert und engagiert zur Sache gehen wir gestern gegen Turbine. „Wir waren von der ersten Sekunden an direkt im Spiel“, sagte Bayern-Regisseurin Melanie Behringer. Auf Turbine-Seite war hingegen die Nervosität deutlich spürbar: In ihrer ersten Aktion verschätzte sich Innenverteidigerin Johanna Elsig bei einem langen Ball, sodass nach 45 Sekunden Turbine-Torhüterin Lisa Schmitz das erste Mal gefordert war. Die Uhr auf der Stadionanzeige lief noch keine zwei Minuten, als Melanie Behringer nach feinem Pass durch die Schnittstelle der Potsdamer Abwehr freie Bahn Richtung Tor hatte und sich die Ecke zum 1:0 aussuchen konnte.

Zur Halbzeit war die Partie bereits entschieden

Wie schon in der Vorwoche gegen Wolfsburg lief Turbine einem frühen Rückstand hinterher. Der Wille zum Ausgleich war zwar da, doch die spielerischen Mittel fehlten. Wirkliche Sorgenfalten bereitete es Bayern-Keeperin Manuela Zinsberger nicht, was die Gastgeberinnen vor ihrem Kasten zustande brachten. Zu sicher stand die Münchner Vierer- zuweilen Fünferkette, in der sich die Turbine-Angriffe verfingen. Mit ihrer aggressiven Balleroberung zeigten die Bayern, was es fürs internationale Geschäft neben spielerischer Qualität braucht. Das wusste Turbines Angreiferin Tabea Kemme anzuerkennen: „Diese Qualität an Zweikämpfen und Aggressivität muss man an den Tag legen, um zu bestehen.“

Den Bayern gelang das noch vor der Pause zweimal konsequent: Sarah Däbritz (35.) und Nicole Rolser (44.) erhöhten auf 3:0 für die Gäste, sodass sich deren Kapitänin Behringer beim Gang in die Kabine verdutzt die Augen rieb. „Dass wir hier zur Halbzeit 3:0 führen, hätte ich nicht gedacht“, sagte sie später. Umso mehr hatte sie ein Fanal erwartet, mit dem Turbine nach dem Seitenwechsel startet. Doch es blieb aus. Die Müchnerinnen ließen erst gar nicht zu, dass noch einmal Hoffnung keimen konnte. Sie blieben aggressiv und zweikampfstark und waren spielerisch überlegen, was schließlich im 4:0 durch Vivianne Miedema zehn Minuten vor Schluss seinen Ausdruck fand.

Erst über dem Limit, dann im Maximalbereich

Im Saisonfinale und im Kampf um die Champions League hat Turbine innerhalb einer Woche die entscheidenden Spiele gegen die zwei besten Mannschaften der Frauenfußball-Bundesliga verloren. „Gegen Wolfsburg und Bayern kann man das tun“, meinte Matthias Rudolph. Das Dilemma stecke in der Situation, dass beide Spiele gegen die Top-Teams innerhalb einer Woche finalen Charakter für seine Mannschaft hatten. Und die ist – gelten die jüngsten Eindrücke der direkten Vergleiche als Maßstab – noch nicht so weit, auch wenn Turbine in dieser Saison lange auf Tuchfühlung war. „Aber“, so gestand Rudolph, „in der Hinrunde haben wir über unserem Limit gespielt und in der Rückrunde das Maximale rausgeholt.“ Und wenn das am Ende Platz drei sein sollte, ist das mehr, als sich zu Saisonbeginn erhofft wurde.

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