Turbine Potsdam: Kampf um die Königsklasse
Turbine Potsdam möchte nach dreijähriger Abstinenz zurück auf die europäische Frauenfußball-Bühne und so sein Vereinssparschwein wieder etwas füllen. Dafür muss das Team nun in einem wahren Finale gegen den FC Bayern München bestehen.
Es ist angerichtet. Sowohl Turbine Potsdam als auch der FC Bayern München gewannen am Mittwochabend ihre Auswärtsspiele gegen die Kellerkinder der Frauenfußball-Bundesliga und treffen nun am Sonntag zu einem wahren Finale um die Europapokal-Qualifikation aufeinander (Beginn: 14 Uhr/Karl-Liebknecht-Stadion/rbb-Fernsehen). Die Potsdamerinnen, die sich vorgestern dank eines Doppelpacks von Stürmerin Tabea Kemme mit 2:1 beim Vorletzten Leverkusen durchsetzten, liegen momentan auf dem begehrten zweiten Tabellenrang.
Er berechtigt – wie der Spitzenplatz, der an den designierten deutschen Meister VfL Wolfsburg vergeben ist – zur Teilnahme an der Champions League in der nächsten Saison. Angesichts von aktuell einem Punkt Vorsprung auf die zuletzt 3:0 bei Schlusslicht Mönchengladbach siegreichen Bayern würde Turbine das internationale Ticket mit einem Sieg am Sonntag bereits sicher buchen. Ein Remis ließe sie vor dem Abschlussspieltag zumindest weiterhin besser positioniert. „Schon jetzt“, sagt Potsdams Präsident Rolf Kutzmutz, „ist es für uns eine gute Saison. Es kann eine sehr gute werden.“ Falls eben der Königsklasse-Einzug gelingt.
"Chance, sich zu belohnen und das Jahr zu veredeln"
Dass ein solcher Erfolg gleich in der ersten Saison des neuen Cheftrainers Matthias Rudolph überhaupt greifbar ist, habe im Vorfeld „wohl keiner erwartet“, meint Kutzmutz. „Wir von der Vereinsführung jedenfalls nicht. Wir haben dem Trainer und den Mädels keinen Druck gemacht. Sie sollten einfach machen – und sie machen es richtig gut.“ Doch dadurch stieg gleichsam die Erwartungshaltung. Zunächst von extern, was Rudolph vehement abblockte, indem er immerzu betonte, nur von Spiel zu Spiel und nicht auf ein großes Saisonziel gerichtet denken zu wollen. Vorigen Sonntag, nachdem Turbine die Top-Partie gegen Wolfsburg verloren hatte und damit kein Titelkandidat mehr war, änderte sich das. Platz zwei wurde als Ambition ausgerufen.
Um diesen eigenen Anspruch zu erfüllen, muss übermorgen gegen den nationalen Champion der vergangenen beiden Jahre bestanden werden. In einem Showdown, der ähnlich ist wie der, den es sieben Tage zuvor im Karli gab, und doch ganz anders. Das Duell mit dem VfL hatte Endspielcharakter bezüglich des Meisterschaftsrennens, es wurde also um ein neues Schmuckstück für die Clubvitrine gekämpft. Aber selbst im Falle eines Misserfolges, wie ihn das Rudolph-Team dann erlebte, blieb die Aussicht erhalten, am Ende trotzdem nicht mit leeren Händen dazustehen. Diesmal wiederum, beim Match gegen München, droht dieses Szenario. Sollte erneut der Gast gewinnen, hätten die Turbinen nämlich nur noch den dritten Platz inne, der in der Systematik der Frauenfußball-Bundesliga den undankbaren darstellt, denn bereits ab dort ist das Tor zum Europacup versperrt. „Natürlich ist das ein gewisser Druck“, räumt Vereinsboss Rolf Kutzmutz ein. Er sieht darin aber nur Positives. „Den Druck hat sich die Mannschaft durch gute Leistungen erarbeitet. Deswegen sollte sie die Situation als Chance verstehen. Als Chance, sich zu belohnen und das Jahr zu veredeln.“
Zwiespältige Einschätzung der wirtschaftlichen Lage
Eine solche Saisonveredelung in Form der Champions-League-Qualifikation schaffte der zweifache Europapokalsieger aus Brandenburg zuletzt für 2013/14. Seitdem ist er international abstinent. Aus finanzieller Sicht durchaus ein Problem. „In der Champions League hat man die Möglichkeit, was zu verdienen. Über Startgelder, die aber erst ab Halbfinale richtig was einbringen, und besonders über höhere Sponsoringleistungen. Allein durch die TV-Übertragungen ist doch eine ganz andere Werbepräsenz geboten, die mehr Gelder ermöglicht“, erklärt Kutzmutz. Vergangene Teilnahmen habe Turbine stets genutzt, um etwas von den Erlösen ins Sparschwein zu stecken. „Die Rücklagen aus diesem Finanzbereich waren mit der Saison 2015/16 aufgebraucht. Darauf können wir nicht mehr bauen, sondern mussten anderweitige Quellen finden. Das ist nicht leicht, weil Berlin-Brandenburg wegen vieler guter Vereine sponsoringtechnisch ziemlich abgegrast ist.“
Entsprechend zwiespältig schätzt er die wirtschaftliche Lage des Traditionsclubs ein: „Wir sind solide aufgestellt. Allerdings leben wir nicht auf Wolken, sondern merken jedes Jahr aufs Neue die Schwierigkeit, sich finanziell in eine gute Situation zu bringen.“ Von daher wäre eine Rückkehr auf die europäische Bühne „extrem wertvoll“, so Kutzmutz. „Vor allem um wieder ein bisschen für die nächsten Jahre vorzusorgen.“
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