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Am 13.3. demonstrierten etwa 150 Personen unerlaubt durch die Innenstadt. Motto: "Es reicht!"
© Christoph M. Kluge
Update

Demonstrationen gegen den Lockdown: Erneut Corona-Proteste in Potsdam angekündigt

Am Samstag und Sonntag soll es mehrere Versammlungen gegen die Corona-Maßnahmen im Stadtgebiet geben. Aber auch Gegenproteste. Es kann explosiv werden.

Potsdam - Am kommenden Wochenende soll es erneut Corona-Proteste in Potsdam geben. Mehrere Initiativen rufen im sozialen Netzwerk Telegram zu Kundgebungen am Samstag (20.3.) und Sonntag auf. Corona-Skeptiker aus Berlin und Brandenburg haben ihre Teilnahme angekündigt. Es werden auch Gegenproteste erwartet.

Die Polizei bestätigte auf PNN-Anfrage, dass mehrere Versammlungen im Stadtgebiet angemeldet worden sind. Im Netz kursieren Aufrufe für eine große Kundgebung am Neuen Lustgarten am Samstagnachmittag. Bereits am Vormittag sollen mehrere Autokorsos nach Potsdam fahren, unter anderem aus Doberlug-Kirchhain und Brandenburg an der Havel. Wie die Polizei mitteilte, kommt es vor allem in der Innenstadt zu Verkehrseinschränkungen. Auch der öffentliche Nahverkehr ist betroffen.

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Verantwortlich für den Aufruf nach Potsdam zeichnet die Initiative "Berlin steht auf" um den Aktivisten Volkmar Zimmermann. Dem Online-Magazin “Netzpolitik” zufolge trat Zimmermann im vergangenen Jahr als Berliner Teamleiter eines Ablegers der “Querdenken”-Bewegung auf. 

Im Oktober 2020 sei er dieser Position jedoch enthoben worden, offenbar gegen seinen Willen. Demnach wollte der Stuttgarter IT-Unternehmer Ballweg seinen Machtanspruch innerhalb der Bewegung festigen und tauschte Zimmermann kurzerhand aus. 

Warum kommen die Corona-Skeptiker nach Potsdam? 

Bei der Versammlung am Neuen Lustgarten, die ursprünglich am Brandenburger Tor stattfinden sollte, handelt sich offenbar um eine Ausweichveranstaltung. Sogenannte Reichsbürger und andere Rechtsextreme mobilisieren für Samstag zu Corona-Protesten nach Berlin. Offenbar möchte aber ein Teil der Szene nicht gemeinsam mit ihnen demonstrieren - und hat die eigenen Veranstaltungen nach Potsdam verlegt. Doch worum es eigentlich gehen soll, bleibt etwas nebulös. Denn konkrete Forderungen sucht man vergebens.

Am vergangenen Samstag trafen sich viele Corona-Skeptiker zuerst am Brandenburger Tor.
Am vergangenen Samstag trafen sich viele Corona-Skeptiker zuerst am Brandenburger Tor.
© Christoph M. Kluge

Denny Gliege, der Sprecher von “Berlin steht auf”, verweist auf PNN-Anfrage lediglich auf eine Pressemitteilung. Darin wird ein “evidenzbasierter Umgang” mit der Pandemie gefordert, ohne weitere Erläuterung, was damit gemeint sein soll. “Das übergeordnete Thema der Kundgebung ist die Würde des Menschen”, teilen die Veranstalter:innen mit. Ein Autokorso fährt unter dem unverfänglichen Motto "Frieden, Freiheit und Demokratie".

Eine fragwürdige Gemengelage

Dorina Feldmann von der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg ist allerdings skeptisch, was das Demokratieverständnis solcher Veranstaltungen angeht. “Dass die Proteste relativ inhaltsleer sind, außer, dass sie einen Zweifel an dem Pandemie-Geschehen haben, sorgt dafür, dass sie anschlussfähig sind”, sagt Feldmann. 

Unterschiedlichste Gruppen würden sich beteiligen, zum Beispiel Esoteriker:innen oder linke Globalisierungskritiker:innen, aber auch Anhänger:innen von Verschwörungsmythen und Rechtsextremisten. Besonders alarmierend sei, dass bei den Veranstaltungen immer häufiger Verharmlosungen des Holocaust offen formuliert würden, so Feldmann. 

Der Brandenburger Verfassungsschutz beobachtet die Proteste, die nach Auskunft von dessen Sprecher Andreas Carl “von einem dynamischen und heterogenen Milieu bestimmt werden”. Rechtsextremisten spielten dabei insbesondere in Cottbus eine wichtige Rolle, aber auch in Potsdam und Brandenburg an der Havel. Verbindungen gebe es sowohl zum rechtsextremistischen Verein „Zukunft Heimat“ sowie zur AfD, die der Verfassungsschutz im Land Brandenburg als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft. 

Polizei sieht keine Fehler bei Einsatz letzte Woche

Bereits am vergangenen Samstag (13.3.) waren etwa 150 Demonstranten durch die Innenstadt gezogen. Ursprünglich war eine stehende Kundgebung am Brandenburger Tor angekündigt gewesen. Doch die war ausgefallen, daraufhin zogen zahlreiche Teilnehmende zuerst in kleinen Gruppen durch die Stadt und versammelten sich dann auf der Breite Straße. Dort bildeten sie spontan eine nicht angemeldete Demo. 

Erst nach etwa eineinhalb Stunden gelang es der überrumpelten Polizei, die Situation unter Kontrolle zu bringen. Dennoch kann Polizeisprecher Heiko Schmidt auf PNN-Anfrage keine Fehleinschätzung seitens der Behörde erkennen: Die “Kräftelage beim Potsdamer Einsatz” sei “der erwarteten Lage angepasst” gewesen, teilt Schmidt mit. 

Für die Versammlungen am kommenden Samstag kursieren deutlich mehr Aufrufe im Netz als für die vergangene Woche. Außerdem haben linke Gruppen bereits Gegenproteste angekündigt. Und am Sonntag soll bereits eine weitere Veranstaltung von Corona-Skeptiker:innen folgen. Diesmal am Brandenburger Tor und unter dem eigentümlichen Motto: "Schweigemarsch - Wir müssen reden".

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