zum Hauptinhalt
Noch steht der Staudenhof-Wohnblock in Potsdams Mitte.
© Andreas Klaer

Potsdamer Mitte: Entscheidung über Staudenhof-Abriss steht bevor

Stadtverwaltung und Pro Potsdam treiben die Umgestaltung der Potsdamer Mitte voran. Die Stadtverordneten sollen über den Abriss des Staudenhofs und den Neubau von Sozialwohnungen auf dem Areal entscheiden. 

Potsdam - In zwei Jahren könnten die Abrissbagger kommen: Die Stadtverordneten sollen nun über eine Leitentscheidung beraten, die den Abriss des Staudenhofs und den Neubau von Sozialwohnungen auf dem Areal vorsieht. Am Donnerstag stellten Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) und Bert Nicke, der sowohl den Sanierungsträger für die Potsdamer Mitte leitet als auch die kommunale Wohnungsholding Pro Potsdam, der der Staudenhof gehört, die Beschlussvorlage vor. 

Laut dem Vorschlag soll der Abriss im März 2023 beginnen, Ende 2029 soll der Neubau stehen. Damit ausreichend Zeit bleibe, um Fördermittel zu beantragen, Aufträge auszuschreiben und Ersatzwohnungen für die Mieter zu finden, strebe man eine Entscheidung vor der Sommerpause an, hieß es.

Bert Nicke.
Bert Nicke.
© Sebastian Gabsch (Archiv, aufgenommen am 29. Oktober 2020)

[Was ist los in Potsdam und Brandenburg? Die Potsdamer Neuesten Nachrichten informieren Sie direkt aus der Landeshauptstadt. Mit dem neuen Newsletter Potsdam HEUTE sind Sie besonders nah dran. Hier geht's zur kostenlosen Bestellung.]

Formal geht es bei dem Beschluss um eine Konkretisierung des 2010 auf den Weg gebrachten „Integrierten Leitbautenkonzeptes“ für die Entwicklung rund um den Alten Markt. Damit sollen Vorgaben für den sogenannten „Block V“ zwischen dem Bildungsforum und der Straße „Am Alten Markt“ fixiert werden - also für den Staudenhof. Das Eckhaus Am Alten Markt 12, einst bekannt als Palazzo Giulio Capra, würde mit seiner historischen Fassade wiederaufgebaut. „Zugleich wird deutlich, dass die Ziele der Sanierung sich seither auch stärker auf wohnungspolitische und gesellschaftliche Belange fokussiert haben", sagte Rubelt. 

Unter dem Strich billiger

2016 hatte die Stadtverordnetenversammlung zudem beschlossen, dass das Grundstück dauerhaft im Eigentum der Pro Potsdam bleibt und nicht verkauft wird. Im Unterschied zu den Blöcken auf dem früheren Areal der Fachhochschule geht es diesmal also nicht um Fragen der Grundstücksvergabe. Eine Entscheidung über einen Abriss sollte aber erst nach Vorlage einer Variantenbetrachtung zwischen Bestandssanierung und Neubau bestätigt werden.  

Die findet sich nun auch in der Vorlage wieder. "Dabei wurde deutlich, dass die Neubauvariante insbesondere sozial deutliche Vorteile gegenüber der Sanierungsvariante aufweist“, so Nicke. Grund ist, dass die Pro Potsdam für einen Neubau Fördergelder bekommen könnte, die langfristig Sozialwohnungen sichern. In einem Neubau werde zudem deutlich mehr Wohnfläche zur Verfügung stehen und die Wohnungsgrundrisse können flexibel und nach den von der Stadt definierten Bedarfen entstehen. Die Fördermittel sorgen auch dafür, dass der geschätzt 39 Millionen Euro teure Abriss und Neubau unter dem Strich für die Pro Potsdam billiger wäre als eine Sanierung für 18 Millionen Euro.  Ökologisch schneide jedoch eine Sanierung besser ab, räumte Nicke ein.

Ersatzwohnungen für alle

Derzeit wohnen in den 182 Wohnungen mit einer durchschnittlichen Fläche von nur 32 Quadratmetern noch 66 Mieter mit unbefristeten Verträgen. "Alle bekommen eine Ersatzwohnung angeboten", sagte Nicke. Allerdings müssten sie auch im Fall eine Sanierung zumindest vorübergehend ausziehen. Und danach würde es teuer: Eine vollständige Sanierung auf heutige Standards würde laut Nicke beim Staudenhof zu deutlich höheren Mieten führen. Er gehe von 12 bis 13 Euro pro Quadratmeter aus.

Mit dem Block V stünde der Umbau der Potsdamer Mitte zum Stadtgrundriss aus der Vorkriegszeit vor der Vollendung. Los ging es mit dem Landtag in der Hülle des Stadtschlosses, dann folgte die Bebauung an der Alten Fahrt mit dem Museum Barberini. 2017 musste die Fachhochschule weichen, um Platz für Wohn- und Geschäftshäuser zu machen. Seit dem Herbst wird zwischen Landtag und Nikolaikirche im sogenannten "Block III" gebaut, im Dezember startete die Grundstücksvergabe für "Block IV" an der Stadt- und Landesbibliothek. Puristen dürfte schmerzen, dass es an einer Stelle keine Rückkehr zum historischen Grundriss geben wird: Die Straße Am Alten Markt, die den "Block V" östlich begrenzt, hat es vor dem Zweiten Weltkrieg gar nicht gegeben. "Dort planen wir bewusst etwas Neues, vier oder fünf Geschosse", so Nicke. Das sei auch wirtschaftlich wichtig.

Bis Ende 2022 genießt der umstrittene Wohnblock zwar noch Bestandsschutz, die Diskussion über sein Schicksal müsse aber jetzt geführt werden, hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) im vergangenen Sommer gesagt. Wichtig sei, am Standort den sozialen Mix zu erhalten, den es bereits in dem maroden DDR-Bau gibt. Dort leben viele ältere Bewohner, ein Drittel der Bewohner sind Geflüchtete. Dass es auf einen Abriss des Staudenhof-Blocks hinauslaufen wird, ließ der Rathauschef allerdings recht klar durchblicken.

Den Stadtverordneten dürften bewegte Debatten bevorstehen. Das Thema gehört zu Potsdams Dauerbrennern. Dreimal scheiterten Linke oder die Fraktion Die Andere seit dem Jahr 2014 mit Anträgen für eine Sanierung des Wohnblocks. Im Januar sprachen sich Bauausschuss und Hauptausschuss mehrheitlich gegen einen Antrag der Fraktion Die Andere aus, die den Oberbürgermeister beauftragen wollte, beim Land auf eine stärkere öffentliche Förderung der Sanierung von Bestandsgebäuden durch Kredite oder Zuschüsse der Investitionsbank des Landes Brandenburg drängen - Mittel, die auch dem Staudenhof hätten nützen können.

Zur Startseite