Interview zur Garnisonkirche in Potsdam: „Ein neutraler Schlichter wäre nicht mehr zeitgemäß“
Matthias Dombert, Chef des Fördervereins für den Wiederaufbau der Garnisonkirche, spricht über seine Erwartungen an Potsdams neuen Oberbürgermeister und erklärt, warum seine Stiftung zuletzt mehrfach für die Versöhnung mit Russland geworben hat.
Herr Dombert, der neue Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) lässt derzeit offen, ob er selbst in das Kuratorium der Garnisonkirche geht. Wie werten Sie das Signal?
Ich denke, dass es dem neuen Oberbürgermeister nicht um eine Absatzbewegung geht – sondern vor allem darum zu überlegen, wie er die kommunalen Interessen Potsdams in Bezug auf das gemeinsame Vorhaben am sinnvollsten wahrnimmt. Es gibt natürlich schon den einen oder anderen, der die Erklärungen von Mike Schubert als Versuch wertet, durch diese Art von Zurückhaltung zu einer Art neutralem Schlichter zu werden. Das aber wäre nicht mehr zeitgemäß.
Wie meinen Sie das?
Das Bauvorhaben schreitet voran, der Turm kommt. Die – notwendigen – Diskussionen der letzten Jahre sind aus der Sicht der Bürger abgeschlossen. Pfarramt, Stiftung und Fördergesellschaft haben deutlich gemacht, dass der Turm mit dem Friedens- und Versöhnungskonzept eine Nutzung erhält, die auch den Letzten davon überzeugen dürfte, was es mit dem Bauvorhaben auf sich hat.
Was erwarten Sie von Herrn Schubert?
Ich erwarte von Mike Schubert wie von jedem anderen Oberbürgermeister, dass er die Interessen der Landeshauptstadt im Kuratorium kraftvoll wahrnimmt. Dies kann niemand besser als der unmittelbar gewählte Oberbürgermeister selbst. Und dies kann er dort am besten, wo sein Sitz ist – im Kuratorium der Stiftung. Ich erwarte von ihm nicht, dass er unkritischer Wegbegleiter von Diskussionen innerhalb der Stiftung oder des Kuratoriums ist.
Die Stiftung Garnisonkirche hat zuletzt mehrfach für Versöhnung mit Russland geworben – ist das in einer Lage, in der gegen Russland etwa wegen der Krim-Annexion auch Sanktionen gelten, angebracht?
Wir stehen mit dem inhaltlichen Konzept der Garnisonkirche für Frieden und Versöhnung. Dies schließt Frieden und Versöhnung zwischen Völkern mit ein, und betrifft nicht nur, aber auch unser Verhältnis zu Russland. Wir verstehen darunter vor allem die Versöhnung mit den Russinnen und Russen. Wir wollen mit einem Dialog zwischen den Zivilgesellschaften mögliche Gräben überwinden, indem wir miteinander sprechen. Dies haben wir gerade in den letzten Tagen eindrucksvoll getan. Auf unsere Einladung hin haben sich 66 Repräsentanten von Nicht-Regierungsorganisationen nach Potsdam aufgemacht, um unter anderem konkrete, weitere Möglichkeiten des Dialogs und der Unterstützung beim Aufbau einer lebendigen, kraftvollen Zivilgesellschaft zu erörtern. Wir sind keine Politiker, wir sind keine Amtsträger: Wir sind Bürger – und suchen das Gespräch mit den Bürgern Russlands. Wir werden das ganz sicher fortsetzen.
Sie haben die Spendensumme für den Bau der Kirche längst noch nicht zusammen. Wie wollen Sie das noch schaffen ?
Indem wir nicht nachlassen, für Unterstützung zu werben. Das im Januar beginnende Mauern des Kirchturmes und damit sichtbare Wachsen erleichtern die Spenderansprache. Die inhaltliche Arbeit zeigt auf, was auch zukünftig im Turm Arbeitsschwerpunkte sein werden.
Überall steigen die Baukosten: Wie ist es eigentlich möglich, dass das für Ihr Bauprojekt nicht gelten soll?
Auch wir sind davor natürlich nicht gefeit, sind aber bislang von ganz bösen Überraschungen verschont geblieben. Mein Dank geht an dieser Stelle ausdrücklich an die Planer und Projektsteuerer.
Die Fragen stellte Henri Kramer.
Matthias Dombert (63) ist seit Juni 2015 Vorsitzender der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche e.V. Der Verwaltungsrechtler betreibt in Potsdam eine Kanzlei.
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