Serie | Barberini - die Kunst hinter der Kunst: Ein Kontext aus Birkenholz
Im Barberini ist der Umbau zur Schau „Impressionismus in Russland“ vollbracht. Wir stellen Menschen vor, die daran beteiligt waren. 10. und letzter Teil: Shopbetreiber Jörg Klambt und Tina Kabot sowie die Floristin Stefanie Jähne.
Potsdam - Wie stellt man sicher, dass in einem abgesägten Baumstamm keine Insekten leben? Mit Detailfragen wie dieser beschäftigen sich die Betreiber des Museumsshops im Museum Barberini. Zur Begleitung der Ausstellung russischer Impressionisten gestalten sie das Geschäft im Untergeschoss des Museums als stilisiertes Birkenwäldchen. Weiße Baumstämme, viele weiße Baumstämme. Diese wurden mit heißem Wasserdampf behandelt, lange eingelagert, von der Restauratorin genau inspiziert und abgenommen. All das, um mit Sicherheit auszuschließen, dass ungewünschte Krabbeltiere in die Nähe der wertvollen Gemälde kommen.
Vor knapp zehn Jahren veröffentlichte die Autorin Olga Grjasnowa ihren von der Kritik hochgelobten Roman "Der Russe ist einer, der Birken liebt". Es war eine Anlehnung an ein Zitat des großen russischen Schriftstellers Anton Tschechow. Dieses Motiv nimmt der Shop auf.
In der Woche vor der Ausstellungseröffnung wird hier noch geschraubt, montiert und dekoriert. "Wir wollen einen Kontext schaffen, eine Ergänzung zur Ausstellung", sagt Jörg Klambt. Er ist gemeinsam mit seiner Frau Tina Kabot Geschäftsführer der 2003 in Berlin gegründeten Firma mu.se, die den Shop und die Kasse betreiben. "Wir sind Museumsdienstleister", beschreibt Kabot ihre Rolle. Natürlich gebe es klassische Fanartikel, wie Klambt sie nennt, Postkarten, Magneten, Artikel mit einzelnen, aufgedruckten Gemälden. Zu den Bestsellern gehören Servietten mit einem Seerosenbild von Monet. "Kunstdrucke verkaufen sich wie geschnitten Brot", sagt der 56-Jährige.
Aber wer sich mit dem studierten Kunsthistoriker unterhält, versteht schnell, dass sein Herz nicht an diesen Gegenständen hängt. Was ihn interessiert, sind Produkte, die Elemente der Ausstellung aufnehmen, ohne sie zu kopieren. "Die Bilder dienen der Inspiration", sagt Jörg Klambt. Um zu illustrieren, was er damit meint, zeigt er einen Schal, der extra für die Dauerausstellung impressionistischer Werke aus der Sammlung Hasso Plattners bei der Londoner Textildesign-Firma Wallace and Sewell in Auftrag gegeben wurde. Der gewebte Stoff ist in den Farben zweier der berühmten Heuschober-Bilder von Monet gehalten. "Der Schal nimmt die Stimmung der Gemälde auf, respektiert aber das Medium", so Klambt.
Ganz ähnlich beschreibt auch Stefanie Jähne ihre Vorgehensweise. Die Floristin stellt einmal pro Woche zwei Blumensträuße für das Foyer und den Kassenbereich des Museums Barberini zusammen. "Ich möchte mit meinen Blumen die Stimmung der Bilder einfangen", sagt die 45-jährige Potsdamerin. Sie ist seit vielen Jahren selbstständig, beliefert Firmen und verkauft ihre Sträuße samstags auf dem Wochenmarkt am Nauener Tor. Dort sprach eine Mitarbeiterin des Museum Barberini sie auch an.
Ihre Ideen findet Jähne bei der Betrachtung der Bilder im Katalog oder in der Ausstellung. "Ich habe eine Dauerkarte, komme manchmal nur, um mir zwei oder drei Bilder genau anzuschauen", beschreibt sie. Welche Blumen sie für eine bestimmte Woche genau auswählt, entscheidet sie meist erst beim Einkauf bei ihren Lieferanten in Berlin oder dem Potsdamer Umland. "Oft pflücke ich zusätzlich Wildblumen", sagt sie. Gerne verwendet sie auch unscheinbare Blumen oder in Sträußen ungewöhnliche Pflanzen wie Brennnesseln. "Wichtig ist mir auch das Gefäß", so Jähne. Für den Krug, der aktuell im Foyer steht, sei sie extra nach Holland gefahren.
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Auch Jörg Klambt und Tina Kabot betreiben einigen Aufwand, um zu jeder Ausstellung die passende Offerte im Shop anbieten zu können. "Wir haben uns sehr bemüht, Dinge aus Russland zu beschaffen", sagt Klambt und deutet auf eine Auslage. Dort stehen bemalte Matrjoschkas, Holzschnitzereien, Produkte aus Buchweizen.
"Wichtig ist uns, alle Sinne anzusprechen", sagt Klambt. Sprich: Im Museum dürfen die Besucher die Gemälde nicht berühren, im Shop gibt es etwas zum Anfassen, zum Riechen, zum Schmecken. "Wir bieten Wodka an, wir bieten Tee an", so Klambt und weist auf den großen, silbernen Samowar im Regal hinter sich.
Auch Kreationen der aus Sibirien stammenden und in Berlin lebenden Designerin Anastasiya Koshcheeva werden verkauft, handgemachte Dosen aus Birkenrinde etwa. "Wertige Artikel" wie diese, so nennt sie Klambt, haben ihren Preis. Eine Stehlampe aus Birkenrinde kostet 690 Euro. Doch diese finden trotzdem Abnehmer: "Wir haben sehr viele Individualisten, Stammpublikum mit hohem Interesse", so Klambt. Einer der ersten Gegenstände, die im Shop nach der Eröffnung des Museums über die Theke gingen, sei eine Teekanne für knapp 300 Euro gewesen.
Die Zusammenstellung des Sortiments für eine neue Ausstellung beginnen Klambt, Kabot und ihr Team etwa ein halbes Jahr vor der Eröffnung. Dabei versuchen sie auch, so präzise zu kalkulieren, dass die Lager sich zur Finissage geleert haben. Ein Teil der Dekoration wird am Ende der Schau abverkauft. Im Januar könnte es also Birkenstämme fürs heimische Wohnzimmer zu erstehen geben - garantiert insektenfrei.
Das Museum Barberini ist Potsdams meistbesuchte Kultureinrichtung. Mit hochkarätigen Ausstellungen zieht es ein Publikum aus der ganzen Republik und darüber hinaus an. Aber welche konzeptionellen, handwerklichen und logistischen Herausforderungen sind für die Vorbereitung einer Schau eigentlich zu bewältigen? Die PNN haben den Umbau für die Ausstellung „Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“ begleitet und stellen in einer zehnteiligen Serie die Menschen vor, die daran beteiligt sind – ein Einblick in die Kunst hinter der Kunst.
Teil 1: Museumsdirektorin und Kuratorin Ortrud Westheider
Teil 2: Malermeister Frank Herber
Teil 3: Vermittlung und Rahmenprogramm mit Achim Klapp, Andrea Schmidt und Julia Teller
Teil 4: Haustechniker Carsten Loeper
Teil 5: Die Registrars Anne Barz und Matthias Heitbrink
Teil 6: Gästemanagement mit Dorothee Entrup und Angela Winkler
Teil 7: Lichtplanerin Eva-Maria Henschkowski erweckt Gemälde zum Leben
Teil 8: Ausstellungsarchitekt Gunther Kolck hat die Schau erarbeitet
Teil 9: Restauratorin Felicitas Klein betreut die Kunst im Museum