Geschichte des Barberinis Potsdam: Drei Paläste – ein Name
Heute beginnen die Tage der offenen Tür im Kunstmuseum Barberini. Im Vorgängerbau gab es Wohnungen, ein Standesamt und sogar ein Kino. Eine bewegte Haus-Geschichte.
Potsdam - Wenn Häuser reden könnten. Was hätten sie uns nicht alles zu erzählen aus vergangenen Jahrhunderten: Über ihre Bewohner und die Passanten, über friedliche und kriegerische Zeiten. Und was würde jener Palazzo Barberini wohl sagen, der seit fast 400 Jahren in der Ewigen Stadt Rom steht, wenn er mitbekäme, wie man sich in kühleren Gefilden nördlich der Alpen nun zum zweiten Mal daran gemacht hat, ihn – zumindest ein bisschen – nachzubauen? Am Ufer der Havel, in der einstigen Residenzstadt Potsdam, ist der Palast Barberini gerade wiedererstanden, und zwar dort, wo einst der preußische Vorgängerbau stand. Eine Kopie des römischen Originals war das Potsdamer Haus nie, aber es finden sich an ihm steinerne Zitate des Vorbilds aus der Via delle Quattro Fontane. Auch seinen Namen hat das Haus am Alten Markt vom italienischen Original. Taddeo und Francesco Barberini waren die Bauherren des römischen Vorbilds.
Ab dem heutigen Montag ist der Potsdamer Palais Barberini für die Öffentlichkeit zugänglich – zunächst für eine Woche. Dann wird er noch einmal geschlossen, um schließlich ab dem 23. Januar nächsten Jahres als Kunstmuseum zu eröffnen. Hasso Plattner, der Mäzen dieser Stadt, hat gemeinsam mit seiner Stiftung dieses Museum ermöglicht. Mit gleich drei Ausstellungen – zum Impressionismus, zur Klassischen Moderne und zur DDR-Kunst – soll das Museum im Januar seine Arbeit aufnehmen.
Das erste Barberini prägte über 170 Jahre den Alten Markt
Das neue Palais Barberini nähert sich vom äußeren Erscheinungsbild her an den historischen Potsdamer Vorgängerbau an. Friedrich der Große ließ den Palast in den Jahren 1771/72 errichten. Die prächtige Fassade des nach Plänen von Georg Christian Unger und Carl von Gontard erbauten ersten Potsdamer Barberini prägte über 170 Jahre das Antlitz des Alten Marktes. Doch im Bombenhagel am 14. April 1945, am Ende des vermeintlich 1000-jährigen Reiches, versank das Gebäude in Schutt und Asche. Die Ruine trug man später ab. Preußen war endgültig Geschichte geworden. Und man musste davon ausgehen: Auch der Palast würde dieses Schicksal für immer teilen – nichts würde mehr an ihn erinnern.
Sicher, der alte Palast ist unwiederbringlich verloren. Doch das gerade fertiggestellte Palais Barberini knüpft an das alte Gebäude an, indem man es so originalgetreu wie möglich – und mit der Nutzung als Museum vereinbar – wieder aufgebaut hat. Wer in diesen Tagen nun die Chance nutzt und durch das noch leere neue Palais wandelt, der kann zwar bislang keine Kunstwerke an den Wänden bestaunen. Doch in einem der Säle im Mittelbau des Hauses lockt eine kleine Ausstellung, die über die Geschichte des alten Palastes Barberini informiert.
Ursprünglich war das Gebäude schlicht ein Wohnhaus für Bürger – aber eben eines mit einer ziemlich präsentablen barocken Schaufassade. Die Unterschiede zum römischen Vorbild waren jedoch immer schon beträchtlich. „Da gibt's eher wenig Gemeinsamkeiten“, sagt der für den Bau des heutigen Museumshauses verantwortliche Architekt Thomas Albrecht vom Berliner Büro Hilmer & Sattler und Albrecht. Im Gegensatz zu dem Original in Rom, das heute ebenfalls musealen Zwecken dient, springt der schmalere Mittelteil des Potsdamer Hauses aus der Fassade hervor. Während im Erdgeschoss des Hauses am Alten Markt fünf Rundbögen die Passanten zum Verweilen einladen, besteht diese Loggia in Rom gleich aus sieben solcher Arkaden. Ein weiterer Unterschied zum italienischen Vorbild, das insgesamt eine deutlich andere Kubatur aufweist, sind die für Potsdamer Bürgerhäuser typischen Zwischengeschosse, die in großen Teilen des früheren Potsdamer Baus vorhanden waren. Im heutigen Museumsgebäude gibt es sie nicht mehr.
Zentrum des kulturellen Lebens der Stadt
Einen großen baulichen Eingriff in den Potsdamer Palast Barberini veranlasste Friedrich Wilhelm IV., der das Gebäude in den Jahren 1847 bis 1851 um- und ausbauen ließ. Investoren waren damals die Maurermeister Heinrich Zech und Adolph Wilhelm Hecker. Der König gab einen Baukostenzuschuss von 80 000 Talern. Als Architekt wurde Ludwig Persius engagiert. Es entstanden zwei rückwärtige Seitenflügel. Die beiden oberen Geschosse des Vorderhauses erhielten reich ausgestattete Säle. Mehr als 40 Familien sollen später gleichzeitig in dem Stadthaus gewohnt haben. In den Sälen gestalteten Vereine das kulturelle Leben Potsdams, unter anderem der Gesang-Verein für klassische Musik, die Philharmonische Gesellschaft und die Lieder-Tafel. Auch der Potsdamer Kunstverein nutzte das Haus, der Palast war ein Zentrum des kulturellen Lebens der Stadt. Bekannte Musiker traten hier auf, unter ihnen Clara Schumann und Wilhelm Furtwängler.
Die sanitären Verhältnisse waren hingegen bescheiden. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts teilten sich über 200 Bewohner die wenigen Toiletten im Hof. Auch wer im Haus ein Konzert besuchte, den erwartete noch Ende des 19. Jahrhunderts nur bescheidener Sanitärkomfort: „Für das kunstliebende Publikum, welches den großen Saal besucht, ist noch die alte Einrichtung mit Nachtstuhl und Nachtgeschirr vorhanden“, hieß es in einem behördlichen Bericht, den man in der Barberini-Ausstellung lesen kann.
Denkmalpfleger monierten die Verschandelung der Fassade durch übergroße Reklameschilder
Im Jahre 1910 eröffnete im Palast Barberini ein Kino. Zwei Jahre später erwarb die Stadt Potsdam das Gebäude für 350 000 Mark. Zu dieser Zeit war das Haus in einem schlechten baulichen Zustand. Man sah den Putz bröckeln. Denkmalpfleger monierten die Verschandelung der Fassade durch übergroße Reklameschilder. Ab 1913 zogen städtische Einrichtungen in das Gebäude ein, unter anderem das Standesamt. In den 1920/30er-Jahren waren hier auch eine Bücherei, eine Fernsprechzentrale und eine Jugendherberge untergebracht. Eine bewegte Haus-Geschichte.
Interessierte können unter www.museum-barberini.com noch kostenlose Zeitfenster für die Tage der offenen Tür buchen. Es ist aber auch ein Kartenkontingent an der Museumskasse verfügbar.
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