E-Tretroller: Die erste kleine Scooter-Bilanz für Potsdam
Mit den neuen E-Rollern gibt es in der Stadt bisher keine Probleme im Verkehr. Aber es gibt durchaus Mängel und Kritik.
Potsdam - Sie haben Hamburg, München, Paris, Kopenhagen, Wien und San Francisco erobert: Jetzt haben die E-Scooter auch Potsdam erreicht. Gut fünf Dutzend Tretroller surren, angetrieben von einem leisen Elektromotor, durch den Park Sanssouci, über die Glienicker Brücke oder durchs Holländische Viertel.
Touristen berichten von Touren durch den Park von Sanssouci, den sie fast lautlos durchquert haben und von Ausflügen zur Glienicker Brücke. Allein: Das Fahren ist für alle, die keine Zweirad-Erfahrung haben, kein Kinderspiel. Die Elektromotoren ermöglichen nach den Berichten von einigen Nutzern eine für Anfänger überraschend kräftige Beschleunigung, und auch die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 20 Stundenkilometern sollte, wie auf Fahrrädern, demnach nicht unterschätzt werden, so die Nutzer.
Aber es gibt schon enttäuschte Roller-Fans. Bei einigen von Voi in Potsdam abgestellten Fahrzeugen soll, so die Klagen, die Batterieladung sehr gering gewesen sein, was auf Defizite bei der Wartung hinweist. Sprecher des Unternehmens waren am Donnerstag trotz mehrmaliger Anfragen der PNN nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Bisher keine Probleme
Für die Roller gelten klare Regeln. Sie dürfen, wie Fahrräder, weder auf Bürgersteigen noch durch Fußgängerzonen rauschen. In Potsdam scheinen sich die Rollerfahrer daran zu halten, Beschwerden gibt es bisher nicht, wie Polizei und Stadtverwaltung den PNN bestätigen.
Der Autoclub ADAC steht E-Tretrollern positiv gegenüber. „Sie können Fahrten mit dem Auto auf kurzen Distanzen ersetzen und den Öffentlichen Personen-Nahverkehr im Zulauf zu den Haltestellen sinnvoll ergänzen“, heißt es auf PNN-Anfrage. Sogenannte Sharing-Systeme, bei denen Fahrzeuge täglich von mehreren Benutzern bewegt werden, sollten „zum Baustein kommunaler Verkehrskonzepte werden“.
Der Brandenburger Landesverband des Fahrradclubs ADFC sorgt sich indes „um das knappe Gut“ des Verkehrsraums. Bisher würden ihn sich Autos, Lastwagen, Fahrräder, Motorräder und Fußgänger teilen. Nun komme mit den E-Scootern ein neues Verkehrsmittel hinzu. Breitere Radwege fordern deshalb der ADFC, aber auch die Autoclubs ADAC und ACE. Auch die Unfallforschung der Versicherer warnt davor, dass sich das Problem der Verkehrssicherheit mit den neuen Verkehrsteilnehmern verstärke.
Bisher keine Unfälle in Potsdam
In Berlin musste die Polizei bereits zu Unfällen ausrücken, bei denen die Fahrer von E-Rollern schwer verletzt wurden. In Brandenburg blieben Karambolagen mit den Rollern bisher die Ausnahme, nur einmal nahm die Polizei einen Unfall mit einem E-Roller auf – bevor deren Betrieb erlaubt wurde. Ein 57 Jahre alter Mann stürzte am Morgen des 3. September 2018 mit seinem Fahrzeug in der Dorfstraße von Niederfinow im Landkreis Barnim und verletzte sich schwer.
„Wir haben kein Problem mit E-Rollern“, sagt Stefani Klaus, Sprecherin des Polizeipräsidiums Potsdam, „hinsichtlich der Unfallstatistik gibt es keine Lage“. Dringend rate die Polizei aber Rollerfahrern, einen Helm zu tragen.
Die Bürger nehmen die Einführung der Scooter gelassen hin. Auf der Internet-Plattform „Maerker.Potsdam“, dem „Portal für Missstände“, beschwerten sich nicht einmal eine Handvoll Bürger über E-Roller. Am 22. Juni forderte ein Potsdamer die „unverzügliche Entfernung“ von drei Gefährten, die an der an der Geschwisterscholl-Straße in der Brandenburger Vorstadt auf dem Bürgersteig stünden und Fahrräder und Fußgänger „direkt an der Ampel erheblich“ störten. Er erhielt prompt eine Antwort: Der Verleiher sammele seine Leih-Scooter üblicherweise abends ein und bringe sie an die Ausleihstationen zurück. Ein anderer meldete am 5. Juli einen Motorroller, der in der Siemensstraße in Babelsberg-Süd auf dem Grünstreifen abgestellt werde, das Gras sei dort „vollkommen kaputt“.
Die Ökobilanz ist ausbaufährig
So umweltfreundlich es scheinen mag, sich ohne Verbrennungsmotor durch die Stadt und die Lande zu bewegen - in ihrer Ökobilanz punkten die E-Scooter nicht. Fachleute schätzen die Lebenserwartung der Fahrzeuge auf etwa vier Monate, danach steht ihnen die Entsorgung bevor - das spricht nicht für große Nachhaltigkeit. Techniker arbeiten daran, die Lebensdauer deutlich zu erhöhen.
Die Potsdamer Stadtverwaltung handelt gerade eine Vereinbarung mit dem Scooter-Anbieter Voi aus, die sicherstellen soll, dass die Roller nicht das Stadtbild stören und Tabu-Zonen ausgewiesen werden, in denen die Fahrzeuge nicht abgestellt werden dürfen.
Carsten Holm
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