Umzug des Strandbads Babelsberg: "Der Strand bleibt der Strand"
Bei einer ersten öffentlichen Begehung wurde das Bauprojekt für das Strandbad Babelsberg vorgestellt. Am Rande gab es Protest gegen die geplante Rekonstruktion eines historischen Weges.
Potsdam - Harald Kümmel, Leiter des Planungsbüros der Potsdamer Stadtverwaltung, musste am Samstag eine Menge Geduld aufbringen. Er führte 61 Bürger, darunter viele Stadtverordnete aus allen Fraktionen, durch das Areal an der Havel, auf dem bis 2023 an alter Stelle das neue Babelsberger Strandbad entstehen soll. „Gehen Sie doch mal genau an den Ort, bis zu dem der Neubau des Gebäudes reichen wird”, wurde ihm zugerufen. Kümmel ging. „Stellen Sie sich doch bitte mal genau dahin, wo der Strand zu Ende sein wird”, forderte ihn ein anderer auf. Und wieder machte sich Kümmel auf den Weg.
Die Sorgen der Spaziergänger, die mit ihm über das traumhaft gelegene Gelände vis-à-vis des Hans-Otto-Theaters schritten, waren eindeutig: Der Sandstrand des Traditionsbads könnte kleiner werden, die Liegefläche ebenso, der Neubau zu mächtig, obwohl er nur eingeschossig sein wird. Doch durchs Megaphon sprach Kümmel beruhigende Worte: „Der Strand bleibt der Strand!” Und auch die Uferkante werde „nicht kürzer”.
Seesportclub hat seinen "Frieden mit allen gefunden"
Die Stadtverwaltung, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) sowie die Stadtwerke hatten wegen der Coronapandemie unter strengen Vorschriften zu einem Vor-Ort-Termin nach Babelsberg geladen. Alle Teilnehmer mussten sich anmelden, mehr als 50 Interessierte wurden nicht gemeinsam durch das Eingangstor gelassen, die zweite Gruppe musste eineinhalb Stunden warten. 30 Beamte der Polizeidirektion West sicherten die Begehung, zu Zwischenfällen kam es nicht.
Detlef von Jagow, Vorsitzender des Potsdamer Seesportclubs und früherer Richter, ging mit anderen zufrieden über das Strandbadgelände, von dem aus die Clubmitglieder seit Jahrzehnten in See stechen und es auch künftig tun können: „Wir haben lange hart mit allen Beteiligten um die Zukunft des Bads gerungen. Mit Druck und mit Drohungen, wie es zwischen Vertragspartnern bei Verhandlungen üblich ist”, sagte von Jagow den PNN, „aber jetzt haben wir unseren Frieden mit allen gefunden.”
Erhalt einer Liebknecht-Plakette
Die Causa Strandbad war kompliziert, weil schon nach der Wende gerichtlich entschieden worden war, dass die Eigentumsverhältnisse am Ufer des Tiefen Sees neu geklärt werden mussten. Die Stadt betrieb das Bad über die Stadtwerke und deren Tochtergesellschaft Bäderland auf einem Grundstück, das teilweise der SPSG gehörte – was bisweilen schwierig war, auch wenn alle Beteiligten sich aus öffentlichen Geldern nähren. Im Februar einigten sich die Schlösserstiftung und die Stadt auf einen Kompromiss: Die Stiftung soll 7650 Quadratmeter Grundstücke an die Stadtwerke abgeben, die für den Betrieb des Bades benötigt werden, die Stadt wiederum stellt der SPSG eine Ausgleichsfläche von 7000 Quadratmetern zur Verfügung. Der Stiftungsrat hat dieser Lösung bereits zugestimmt. Auch die Stadt hat, was fehlt, auf den Weg gebracht: Am 27. Mai steht der Vertrag auf der Tagesordnung des Hauptausschusses, am 3. Juni soll die Stadtverordnetenversammlung über ihn entscheiden.
Planungsbüro-Chef Kümmel zeigte im Strandbad, was sich ändern soll. Schon im Sommer wird das alte Gebäude des Seesportclubs abgerissen, an gleicher Stelle ist der Neubau eines sogenannten Funktionsgebäudes vorgesehen, das auf einer überdachten Fläche von 1330 Quadratmetern den Seglern ein neues, modernes Zuhause bieten soll, aber auch Platz für eine neue Gastronomie, für Umkleidekabinen und Sanitäranlagen schaffen wird. Auch ein Kleinod bleibt erhalten: Im Innenhof des bisherigen Gebäudes steht ein kleiner Sockel, an dem eine Plakette des 1919 zusammen mit Rosa Luxemburg ermordeten Karl Liebknecht prangt. Das Andenken an den Marxisten, SPD-Mann und späteren Mitbegründer der KPD soll erhalten bleiben. „Wir werden überlegen, wie wir die Plakette in die neue Außengestaltung aufnehmen können”, kündigte Kümmel an. Und er hatte eine weitere klare Botschaft: Der Badebetrieb wird bis zur Einweihung des Strandbads im Jahr 2023 aufrechterhalten.
"Es gibt genügend Wege im Babelsberger Park"
Zu Recht preist die Stadt den 114 Hektar großen Park, den die Gartenkünstler Lenné und der Fürst Pückler-Muskau um die Mitte des 19. Jahrhunderts schufen, als „idyllisches Paradies”; es gehört zum Weltkulturerbe der Unesco. Das allerdings erschwert bisweilen die Abläufe. „Die Unesco schaut genau hin, ob wir das Welterbe hier wahren”, sagte Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Schlösserstiftung.
So war es der Stiftung ein besonderes Anliegen auszuhandeln, dass eine 400 Meter lange Lücke im historischen Rundweg um den Park Babelsberg nun, nach der Neuordnung der Eigentumsverhältnisse, geschlossen werden kann. Das Vorhaben stößt auch auf Ablehnung. Vor dem Tor zum Strandbad empfing eine Gruppe in historische Kostüme gehüllter Aktivisten die Kommunalpolitiker und übrigen Teilnehmer der Ortsbegehung mit Bannern und Plakaten, um dagegen zu protestieren. „Mein Gewand ist Ausdruck meiner höhergestellten Rangordnung, ich will mich abgrenzen von den Niederen”, sagte einer von ihnen – um ironisierend zu kritisieren, dass beim Strandbad gegen die Bevölkerung entschieden werde.
Die Kritik mancher an dem historischen Wegstück teilte am Samstag auch Karin Hufeland-Rose. Die Petition der Potsdamer Fachschullehrerin gegen das neue Strandbad hatten rund 2300 Bürger unterschrieben, 1800 von ihnen wohnen in der Landeshauptstadt. Sie sei froh, dass es mit der Ortsbegehung „immerhin zu dieser Form von Bürgerbeteiligung gekommen”, sei, nach ihrem Eindruck habe die Stadt „das eigentlich nicht gewollt”. Die Schließung der Lücke im Rundweg hält sie für überflüssig: „Für die Bevölkerung gibt es genügend Wege im Babelsberger Park.” SPSG-Generaldirektor Vogtherr hat einen anderen Blick. Wenn der Kunsthistoriker über Wege in Parks spricht, schwelgt er geradezu: „Wege in Parks sind wie das Drehbuch zu einem Film. Sie sind Regieanweisungen, mit denen man sich alle bedeutenden Perspektiven erschließen kann”, erklärte er den PNN.
Liegefläche reduziert sich um ein Drittel
Mehrfach bedauerten die Spaziergänger, dass die große Liegefläche durch die Neuordnung des Areals von etwa 12.000 um 4000 Quadratmeter verkleinert wird. Dagegen versicherte Seesportclub-Vorsitzender von Jagow, dass sein Club auch künftig mit den Havelpiraten, die am Strandbad Kinder mit Besonderheiten auf Booten schulen, kooperieren werde. Lutz Boede, Stadtverordneter der Fraktion „Die Andere”, war das nicht genug: „Das hätte ich gern schriftlich.”
Boede erinnerte nahe der Havel auch daran, dass die SPSG vor Jahren „versprochen” habe, das Baden auf der bisher dafür geduldeten Wiese zu erlauben. Daraus aber wird kaum etwas werden. Außerhalb des Strandbads soll das Baden verboten werden – wie eigentlich schon bisher. Die Schlösserstiftung allerdings hat angekündigt, die Parkordnung und das Verbot künftig konsequent durchzusetzen. Die Stadt habe die jährlichen Schäden durch wildes Baden an den Uferbereichen auf 35.000 Euro beziffert, hinzu komme noch die Müllbeseitigung zu Kosten von 16.300 Euro.