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Das Handy kann medizinische Daten weitergeben. Foto: Shutterstock
© Shutterstock / a-image

Hasso-Plattner-Institut: Datenberge für die Gesundheit

Das Hasso-Plattner-Institut baut seinen Forschungsschwerpunkt Digital Health aus. Der neue Studiengang „Cyber Security“ ist geplant.

Potsdam - Der nächste Umbruch in der medizinischen Gesundheitsvorsorge wird digital sein. Da sind sich Informatiker und Mediziner am Hasso-Plattner-Institut Potsdam (HPI) sicher. „Es ist der Beginn einer neuen Ära“, erklärt Erwin Böttinger, Leiter des Digital Health Center am HPI. Seit März 2019 arbeitet das Institut mit dem Mount Sinai Digital Health System zusammen. 

Nun traf man sich in Potsdam zu einem Symposium. Am HPI bündelt sich viel technisches Wissen um digital gestützte Gesundheitsprozesse, also Digital Health. Was bislang allerdings fehlte, war der unmittelbare Kontakt zum Patienten – und die direkte Erfahrung, wie Heilungsprozesse verlaufen. Die wird nun vom Mount Sinai Health System geliefert.

Von 2004 bis 2015 war Böttinger als Professor an der Icahn School of Medizin Mount Sinai tätig. Die Hochschule ist Teil des Mount Sinai Health System, das wiederum als eines der besten und anerkanntesten Krankenhäuser der USA gilt. Das verschaffte Böttinger am HPI die Möglichkeit, die Chancen der Digitalisierung in der Medizin unmittelbar in konkreten medizinischen Verläufen auszuloten.

Patient muss "Herr seiner Daten" bleiben

Daher hat sich am HPI die Forschungseinheit „Connected Health Care“ gegründet. Bert Arnrich leitet die Gruppe und soll den Weg unmittelbar von der Computertechnologie zu Heilungsprozessen bahnen. Er beschäftigt sich dabei mit dem Erfassen und der Analyse von gesundheitsrelevanten Daten aus dem täglichen Leben. „Wir sind uns bewusst, dass das ein sehr sensibler Bereich ist“, erklärt Arnrich. Wo immer mehr Daten gesammelt werden, besteht auch die Gefahr des Missbrauchs. Wenn Gesundheitsdaten erhoben und auch weitergegeben werden, müsse immer der Patient „Herr seiner Daten“ bleiben.

Es gebe sehr viele Bereiche, in denen die Erhebung und Auswertung von Daten in Heilungsprozessen unterstützend wirken könne, so Arnrich. Herzprobleme könnten mittels digitaler Messungen möglicherweise viel schneller erkannt und auch zielgerichtet therapiert werden. Bevor ein Herzinfarkt eintrete oder sich eine gefährliche Situation für den Patienten ergebe. Hier könne eine Smart Watch, wie sie bereits von verschiedenen Firmen entwickelt worden ist, helfen. Denn mit der Uhr und auch mit Sensoren, die unauffällig und kaum spürbar am Körper angebracht werden, könne so etwas wie ein tragbares EKG der Herztätigkeit erstellt werden. 

HPI arbeitet mit der Neurologischen Rehabilitationsklinik Beelitz zusammen

„Ein Vorhofflimmern, das ohne Therapie schwerwiegende Komplikationen wie einen Schlaganfall auslösen kann, kann bei entsprechender Messung möglicherweise im Vorfeld erkannt werden“, so Arnrich. Um herauszufinden, welche Daten bei Krankheitsverläufen anfallen und wie diese ausgewertet werden können, arbeitet das HPI mit der Neurologischen Rehabilitationsklinik Beelitz zusammen. Hierbei stehen Schlaganfall- und Parkinson-Patienten im Fokus. Auch bei Parkinson-Patienten sei der Einsatz digitaler Messinstrumente möglich. Mit entsprechenden Sensoren könne das Gangverhalten gemessen werden. Dies gebe Hinweise auf die Stärke der Krankheit, und darauf welche Medikation notwendig sei, erläutert Arnrich. Böttinger betont, dass es darum gehe, nicht nur Krankheiten zu behandeln, sondern auch zu verstehen, wie der Mensch im Alltag funktioniere, wo Stress auftrete und wie Krankheiten vorgebeugt werden können.

Das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam.
Das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam.
© Andreas Klaer

Arnrich erklärt, dass die Erhebung von medizinischen Daten dazu dienen könne, Arbeitsprozesse zu verändern und entsprechend gesundheitsfreundlicher zu gestalten. Hierzu dient nicht nur die Zusammenarbeit mit dem Mount Sinai Health System. In Zusammenarbeit mit der Abteilung Naturheilkunde der Charité Berlin versuchen die Datenspezialisten herauszubekommen, ob und wie naturheilkundliche Verfahren wirken. 

„Da hat ein Umdenken bei den Medizinern stattgefunden“, stellt Arnrich fest. Hätten Ärzte früher der Zusammenarbeit mit Informatikern eher skeptisch gegenübergestanden, so seien sie nun aufgeschlossener. Der Grund sei möglicherweise, dass die nachwachsende Ärztegeneration ohnehin in einer zunehmend digitalisierten Umwelt aufgewachsen sei. Andererseits öffne Digital Health auch neue Türen auf bekannten Gebieten. So erhoffen sich die Mediziner an der Charité von der datenanalytischen Auswertung den Nachweis über die Wirkungsweise naturheilkundlicher Verfahren. „Für viele Experten ist Digital Health der Schlüssel zu einer besseren medizinischen Versorgung“, so Arnrich.

Noch gibt es bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen erhebliche Schwierigkeiten. So bei der Digitalen Patientenakte, in der alle Gesundheits- und Krankheitsdaten zusammenfließen. Was bisher schon an den verschiedenen Datenformaten bei den einzelnen Einrichtungen scheitert. „Das sind zu lösende Schwierigkeiten. Es kann nicht sinnvoll sein, immer wieder die gleichen Daten zu erheben“, konstatiert Arnrich. Damit die entstehenden Datenberge nicht in eine denkbare totalitäre Datenherrschaft führen oder Hacker diese widerrechtlich kommerziell auswerten, entstehe am Plattner-Institut derzeit der Studiengang Cyber Security. Notwendig sei, dass Patienten ihre Daten zur Verfügung gestellt würden und diese im Einzelfall entscheiden könnten, wie und welche Daten weitergegeben würden.

Richard Rabensaat

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