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Stadtentwicklung, Drewitz, Gartenstadt, Potsdam
© Peter Raddatz

Gartenstadt Drewitz: Das Ringen um ein Café

Das Rote Kreuz baut einen integrativen Treffpunkt in Drewitz. Nächstes Jahr soll er fertig sein. Der Weg dorthin war lang.

Potsdam - Bislang ist eine hüfthohe gelbe Kaffeetasse samt Unterteller das einzige, was schon existiert. Ab nächstem Frühjahr allerdings soll sie das Dach des Cafés im Konrad-Wolf-Park in der Gartenstadt Drewitz zieren, für das am gestrigen Donnerstag der symbolische erste Hammerschlag fiel. Für Drewitz sei das ein Meilenstein, sagte Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos), der neben weiteren Lokalpolitikern und Vertretern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an der Veranstaltung teilnahm. Das DRK baut das künftige i-Café auf der Mittelpromenade an der Konrad-Wolf-Allee für rund 600 000 Euro – 450 000 Euro sind aus Eigenmitteln eingeplant, der Rest als Fördermittel beantragt.

In dem integrativen Café sollen künftig fünf Menschen mit Behinderung und eine Anleitungskraft arbeiten. Damit schließt es eine Lücke, die in Drewitz seit 2016 besteht, sagte gestern der Geschäftsführer der DRK–Behindertenwerkstätten Potsdam, Jörg Schröder. Im früheren i-Café wurde von 2012 bis 2016 Kuchen serviert, damals noch in der sogenannten „Rolle“ – einem langgezogenen Wohnblock an der Konrad-Wolf-Allee.

Durch die Sanierung der Rolle war dann aber erstmal Schluss mit dem Cafébetrieb. „Die Stammgäste wollten das Café aber weiter haben“, sagte Schröder. Auch seinen Mitarbeitern gab er das Versprechen: Es geht weiter. Denn das i-Café als Treffpunkt der Drewitzer, als Stelle der Integration von Menschen mit Behinderungen, hatte sich damals schon etabliert. Was dann folgte war ein Ringen: im Interessenbekundungs- und Bieterverfahren, in Verwaltungsprozessen und der Bauplanung. Auch EU-Normen brachten noch einmal eine Umplanung und damit schließlich das Kellergeschoss des geplanten, barrierefreien Gebäudes mit Fahrstuhl. „Behindertengerechte Toiletten brauchen nämlich einen Vorraum“, erklärte DRK–Geschäftsführer Schröder in seiner Rede. Als der Keller noch nicht vorgesehen gewesen sei, habe man irgendwann das Gefühl gehabt, man plane „eine behindertengerechte Toilette mit Cappuccinoausgabe“, witzelte er. Ein Keller soll das nun verhindern und mehr Platz bieten.

Unterschwellige Skepsis gegenüber dem integrativen Konzept

„Immer wieder stand auch die Frage im Raum: ,Können die das?’“, berichtete Schröder gestern den PNN am Rande der Veranstaltung. Oft sei ihm unterschwellig vermittelt worden, dass integrative Konzepte nicht von jeder Seite gewünscht seien. Baudezernent Bernd Rubelt lobte gestern immer wieder die Hartnäckigkeit Schröders, mit der er den Vorschlag des DRK-Cafés schließlich durchsetzte.

Bereits 2009 hatten die Planer der Gartenstadt die erste Idee für ein Café auf der renaturierten Fläche der einstigen Durchgangsstraße an der Konrad-Wolf-Allee. Den Impuls damals gab die zuständige Architektin Pia von Zadow, die Vision wurde weiterentwickelt.

Entstehen wird nun ein unterkellertes Glasgebäude mit Café und einer Terrasse im Erdgeschoss und einem Veranstaltungsraum für 25 Drewitzer im Obergeschoss. Verkauft werden sollen neben Snacks und Kuchen auch Eis. Noch allerdings sei das DRK auf der Suche nach Spenden für eine Eismaschine – benötigt werden noch 14 750 Euro. Das neue Café entwarf der Architekt Uwe Fohmann. Es ist angelehnt an den Siegerentwurf eines Workshops der Potsdamer Fachhochschule aus dem Jahr 2013.

Café kann ein Vorbild sein für Stadtteile wie den Schlaatz

Das integrative Café in Drewitz sei für ihn ein Vorbild für Stadtteile wie den Schlaatz, sagte Rubelt den PNN. Der Schlaatz und Drewitz gelten beide als Potsdamer Problemstadtteile. Er beobachte, dass in Drewitz das Selbstbewusstsein wachse. „Die Menschen hier wollen mitreden.“ Dazu gehörten auch die Diskussionen um die vielen Veränderungen der letzten Jahre in Drewitz. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre sollte Drewitz neben dem Schlaatz und dem Gebiet Am Stern zum dritten großen Plattenbaugebiet in Potsdam entwickelt werden. Später entwickelte sich das Viertel zum sozialen Brennpunkt mit hoher Arbeitslosenquote. Die Konrad-Wolf-Allee als Durchgangsstraße bot keine Aufenthaltsqualität. Das Projekt Gartenstadt sollte dem seit 2009 mit sozialverträglicher Sanierung und der Schaffung von Grün- und Begegnungsflächen Abhilfe schaffen. Doch nicht alle Maßnahmen stießen bei den Anwohnern auf Anklang, beispielsweise der Wegfall und die Umwandlung von öffentlichen in private Parkplätze.

Dennoch, so sagt Rubelt, höre er inzwischen immer wieder Menschen von „ihrer Gartenstadt“ sprechen. Probleme wie Vandalismus, Alkoholismus oder Müll brauche selbstbewusste Gartenstadt-Bewohner, die dem entgegentreten würden. „Das müssen wir als Verwaltung unterstützen.“

Das sieht auch Michael Laube von der Bürgervertretung Drewitz so. Allerdings sei es vielen Drewitzern auch schlicht egal, was in ihren Stadtteil passiere. Das neue Café als Anlaufpunkt und auch als Treffpunkt für die Bürgervertretung sei daher wichtig. „Aber auch die Sozialarbeit muss hier verstärkt werden“, sagte Laube. Er sieht das Drewitzer Selbstbewusstsein als ausbaufähig an. „Ein Café allein, das reicht noch nicht“, mahnte er gestern. Drewitz sei für ihn noch immer ein Stadtteil, in dem kaum jemand seinen Nachbarn kenne – das müsse sich ändern. Ein Café sei dazu ein erster Schritt.

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