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Bald in olympischen Gewässern. Der Potsdamer Sportschüler Johannes Hintze wird bei den Sommerspielen von Rio seine Bahnen ziehen.
© dpa

Potsdamer Schwimmsport: Das Phänomen vom Luftschiffhafen

Johannes Hintze ist offiziell für die Olympischen Spiele 2016 qualifiziert. Im Alter von dann gerade einmal 17 Jahren und einem Monat wird er sich in Rio mit der Weltelite des Schwimmsports messen. Damit gehört er zu Deutschlands jüngsten männlichen Schwimm-Olympioniken aller Zeiten.

Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte Johannes Hintze am Montagmorgen ein Foto mit Symbolcharakter: Der Schwimmer des Potsdamer SV steht des Nächtens mit ausgebreiteten Armen und zartem Lächeln im Gesicht auf einer Straße in Monaco, über die vor knapp einer Woche noch die Formel-1-Rennautos beim Grand Prix jagten. Wie er in der Bildunterschrift kundtut, geht es für ihn in den kommenden zwei Monaten darum, ebenso kräftig Vollgas zu geben. Allerdings nicht auf dem Asphalt. Sondern im Wasser. Und zwar Richtung Rio.

Nach der ersten Hürde bei der deutschen Meisterschaft Anfang Mai nahm der Potsdamer Sportschüler nun bei einem Meeting im Fürstentum nämlich über 400 Meter Lagen auch die zweite auf dem Qualifikationsweg zu Olympia 2016, wodurch er offiziell sein Ticket zu den Sommerspielen gebucht hat. Eine außergewöhnliche Leistung. Denn: Bei dem im August anstehenden Treffen der Sportwelt unter den fünf olympischen Ringen wird Johannes Hintze gerade einmal 17 Jahre und einen Monat alt sein. Damit gehört er zu Deutschlands jüngsten männlichen Schwimm-Olympioniken aller Zeiten.

Hochst souverän erfüllte er die Olympianormen

„Dieser Junge ist einfach phänomenal“, schwärmt Thomas Luckau, der den deutschen Vizemeister zusammen mit Norbert Warnatzsch am Luftschiffhafen trainiert. Ursprünglich hatten die beiden Coaches eigentlich die German Open Anfang Juli als zweiten olympischen Qualifikationswettkampf für ihren Schützling auserkoren, „doch hinsichtlich des Leistungsaufbaus fanden wir dann doch die Veranstaltung in Monaco besser“, erklärt Luckau. Dass die Entscheidung geändert wurde, gaben sie im Vorhinein aus Rücksicht auf den jungen Athleten nicht preis. „Der Druck war ohnehin schon riesig. Und wir wollten jetzt nicht, dass vor dem Rennen noch mehr von außen auf ihn einprasselt. Er sollte in Ruhe die Sache angehen.“

Das tat er dann auch und meisterte die ihm gestellte Aufgabe höchst souverän. Zunächst erfüllte Hintze am Sonntagmorgen die vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) geforderte Vorlaufnorm problemlos und beim Finale am Abend blieb er in 4:16,21 Minuten sogar fast exakt vier Sekunden unter der DSV-Endlaufvorgabe. Mit seiner starken Zeit, die nur knapp eineinhalb Sekunden langsamer war als bei seiner im Rahmen der diesjährigen nationalen Titelkämpfe aufgestellten persönlichen Bestmarke, gewann der Lagenspezialist sogar den 400-Meter-Wettbewerb in der mondänen Mittelmeerstadt. „Nun“, sagt Luckau, „hat er den Sack zugemacht und wir können voll auf Rio hinarbeiten, den Umfang und die Belastung im Training noch mal anziehen.“

Johannes Hintze und das Höhentraining

Das geschieht unter anderem in diesem Monat bei einem Höhentrainingslager in der spanischen Sierra Nevada. Für den aus Brandenburg an der Havel stammenden und 2011 nach Potsdam gewechselten Sportler wird es bereits der dritte Lehrgang der Saison 2015/16 sein, für den er hoch auf einen Berg reist, um dort durch stundenlanges Bahnenziehen in sauerstoffärmerer Atmosphäre seine Leistungsfähigkeit zu steigern. Höhentraining und Hintze: Diese Thematik wurde vor einem Monat bei der deutschen Meisterschaft viel diskutiert. Bundestrainer Henning Lambertz hatte da in Gesprächen mit einigen Journalisten deutlich gemacht, dass er es gerne gesehen hätte, wenn der Youngster jene Methode jetzt noch nicht nutzt, sie sich lieber als neuen Impuls für den nächsten Olympiazyklus bewahrt und stattdessen gegenwärtig am Perspektivteam-Projekt fernab von luftigen Gefilden teilnimmt.

Dass die Heimtrainer von Johannes Hintze ihn aber nicht in diesem vornehmlich auf Tokio 2020 ausgerichteten Team betreuen lassen, sondern einen anderen Weg eingeschlagen haben, wurde von manch einem Pressevertreter als Renitenz gewertet. „Gegenwind für den Bundestrainer“ hieß es zum Beispiel. Dagegen verwehren sich Thomas Luckau und Norbert Warnatzsch. „Das ist falsch dargestellt. Wir geben niemanden Gegenwind und widersetzen uns auch nicht“, sagt Luckau. Schließlich erfolge das Training mit Hintze nicht in einem Alleingang, sondern innerhalb einer ebenfalls offiziellen DSV-Maßnahme – dem Höhenprojekt. Coach Luckau betont, dass er und sein Partner am Beckenrand das Perspektivteam „ausdrücklich befürworten“. Aber: „Wir sind der Meinung, dass es für Johannes‘ Gesamtentwicklung förderlicher ist, wenn er bei den Lehrgängen in der Höhe mitmacht. Darauf haben wir uns auch mit Henning Lambertz geeinigt.“

Coach Warnatzsch: "Aus ihm kann mal ein Großer werden"

Absolute Einigkeit besteht auch darin, dass der 45-fache deutsche Altersklassenrekordhalter eine äußerst vielversprechende Zukunftshoffnung ist. „Er wird uns noch viel Freude machen“, meint Lambertz. „Aus ihm kann mal ein Großer werden“, bekräftigt auch Norbert Warnatzsch, der zu seinen Berliner Zeiten den Olympiasiegern Britta Steffen und Jörg Woithe sowie Weltrekordlerin Franziska van Almsick den nötigen Feinschliff verpasst hatte. Und nun arbeitet er gemeinsam mit Thomas Luckau daran, das Potsdamer Schwimmjuwel Johannes Hintze immer stärker zum Funkeln zu bringen.

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