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Daniel Zamani ist Kurator am Museum Barberini.
© Manfred Thomas

Barberini-Kurator Daniel Zamani im Porträt: Das Gesicht hinter den Monets

Von Cambridge über Paris nach Potsdam: Daniel Zamani hat die aktuelle Ausstellung im Museum Barberini kuratiert. Was treibt den 33-Jährigen an?

Potsdam - Daniel Zamani hat klare Vorstellungen: Kunst muss für alle da sein. „Eine ideale Ausstellung ist vielschichtig und richtet sich an eine möglichst breite Schicht von Leuten“, sagt der 33-Jährige, der als Kurator für die aktuelle Monet-Ausstellung im Museum Barberini verantwortlich ist. „Auch eine Person, die gar nicht kunstaffin ist, sollte etwas vom Rundgang haben. Und gleichzeitig sollte ein Fachmann Aspekte entdecken, die für ihn neu sind."

Promoviert in Cambridge, Jahrgangsbester in Paris

Zamani hat an der englischen Elite-Universität Cambridge Kunstgeschichte und Architektur studiert und 2016 promoviert. An der École du Louvre in Paris schloss er ein Diplom in Museologie als Jahrgangsbester ab. Dann arbeitete er am Städel Museum in Frankfurt am Main, bevor er 2018 nach Potsdam kam.

Wichtig sei ihm nicht zuletzt die Vermittlung von Wissen über die Kunst, sagt er, etwa in Form der beliebten Kuratorenführungen. „Dabei versuche ich, Einblick in das Gehirn des Kurators zu geben.“ Warum wurden die Bilder in dieser Weise aufgehängt? Welche Bedeutung hat zum Beispiel eine bestimmte Gegenüberstellung? Die Besucher sollen verstehen, welche Überlegungen dahinter stehen.

Er will Forschungslücken finden - und das "Material", sie zu füllen

„Die Leute sind meist überrascht, wenn sie erfahren, wie lange wir an einer Ausstellung arbeiten“, sagt Zamani. Das könne schonmal vier bis fünf Jahre dauern. Jede neue Schau sei auch für ihn als Kurator eine „neue Welt, in die man eintaucht“. Denn am Anfang stehe ausgiebige Forschung. Im ersten Schritt werde eine interessante Fragestellung gesucht, ein neuer Ansatz. Das sei besonders schwierig bei „großen Namen wie Monet, van Gogh oder Picasso“, zu denen es bereits viele Ausstellungen gab.

Die Herausforderung bestehe darin, eine Forschungslücke zu finden, zu deren Schließung es genügend „Material“ gebe. Also Werke, die sich in Museen oder Privatsammlungen befinden und die „reisen können“. Diese Forschungstätigkeit, die schrittweise Annäherung an ein Thema liege ihm „unglaublich am Herzen“, sagt Zamani.

Monet arbeitete abstrakt, aber gleichzeitig extrem motivtreu

Im Fall der Monet-Ausstellung bildeten die 34 Werke der Plattner-Sammlung sowie der Bestand des Denver Art Museum den Ausgangspunkt. Überrascht habe ihn die „extreme Motivtreue“ bei Monet. „Die Arbeiten sind für ihre Zeit unglaublich abstrakt.“ Aber wenn man die Bilder mit Fotografien vergleiche, werde deutlich, dass „Monet dem Motiv absolut treu ist“. Landschaftliche Gegebenheiten und die „Formvorgaben eines Ortes“ habe der Künstler nicht verändert, sondern im Gegenteil fast wie ein Fotograf abgebildet. „Monet hat sich eigentlich keine Freiheiten genommen.“

Besonders faszinierend findet Zamani die „strategische Mobilität“ Monets. Der Künstler habe methodisch nach Landschaften gesucht, die breite Wasserflächen mit „komplizierten atmosphärischen Effekten“ verbanden. „Das gibt Monet ein Motiv, an dem er sich abarbeiten und sein malerisches Können unter Beweis stellen kann.“

Die Wege im Barberini sind eine Herausforderung

Die Wegeführung im Barberini sei für einen Kurator eine Herausforderung. Die originalgetreue Architektur mache ihm „starke Vorgaben“. Der Rundgang werde zum Beispiel durch die Flügel und Treppenhäuser mitbestimmt, weil die Besucher teilweise denselben Weg wieder zurückgehen müssen. „Aber es sind sehr schöne Räume mit hohen Decken und einer klassischen Eleganz.“

Zamani, der aus Kaiserslautern stammt, lebt im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg. Jeden Morgen kommt er mit dem Zug nach Potsdam. Das Pendeln stört ihn nicht, im Gegenteil: „Das ist eine traumhafte Landschaft, wenn man hier morgens reinfährt.“ Während der Fahrt arbeitet er am Laptop. Am Barberini gefällt ihm besonders die „Verankerung in der Tradition“ und in der „beeindruckenden Kulturlandschaft“ Potsdams.

In Cambridge lernte er das ganz genaue Hinschauen

„Das Zusammenspiel von Nähe und Distanz zu Berlin ist hochspannend“, sagt Zamani. „Wir profitieren vom Berliner Großstadtbürgertum und einem kunstinteressierten, sehr internationalen Publikum. Aber trotzdem entwickeln wir hier einen dezidiert eigenen Charakter in der Landeshauptstadt.“

Warum er sich damals für die englische Elite-Uni Cambridge entschieden habe? Die kleine Universitätsstadt habe ihn fasziniert. Außerdem biete das Trinity College ein „sehr objektfokussiertes Studium“. Das Universitätsmuseum sei direkt angegliedert an die Fakultät, der Unterricht finde zum großen Teil vor dem Original statt. Die Studierenden können zum Beispiel die Pinselführung direkt analysieren. „Das ganz genaue Hinschauen ist in der englischen Tradition viel stärker verankert“, sagt Zamani.

2021 kommt eine Surrealismus-Ausstellung ins Barberini

Seine Doktorarbeit hat er über den Surrealisten André Breton geschrieben, genauer über mittelalterliche und okkulte Motive in dessen Werk. Für 2021 plant Zamani eine große Surrealismus-Ausstellung. Als Aufschlag soll wird im Mai ein Symposium stattfinden. Dort werde das Grundkonzept entwickelt, sagt er. „Alle Beteiligten können schonmal reinschnuppern in das Projekt.“ An der „groß angelegten, internationalen Leihausstellung“ sollen insgesamt etwa 20 Museen beteiligt sein, unter anderem das Centre Pompidou in Paris, das New Yorker Metropolitan Museum of Modern Art, das Museo de Arte Moderno in Mexiko Stadt und das Israel Museum in Jerusalem.

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