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Die Baustelle der Garnisonkirche.
© Varvara Smirnova

Debatte um Garnisonkirche: Bürgerrat statt Begegnungsstätte

In der Debatte zur Garnisonkirche nimmt die Grünen-Fraktion Abstand von der Kompromissidee von Oberbürgermeister Schubert.

Potsdam - In der Stadtpolitik bröckelt die Mehrheit für den von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) ins Spiel gebrachten Kompromissvorschlag zur Zukunft des umstrittenen Garnisonkirchen-Projekts. Die Grünen-Fraktion hat nun, nachdem Schuberts Idee einer internationalen Jugendbegegnungsstätte als Kirchenschiff neben dem Turm zunächst gelobt worden war, einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt: Demnach haben die Grünen das Begegnungszentrum gestrichen, ebenso die von Schubert angeregte stärkere Beteiligung der Stadt an der inhaltlichen Arbeit der Stiftung für den Wiederaufbau. 

Stattdessen fordern die Grünen nun ein von der Stadt und der Stiftung gemeinsam verantwortetes Beteiligungsverfahren in Form eines Bürgerrats. Dieser soll aus einer Gruppe zufällig bestimmter Potsdamer bestehen und in einem Werkstattverfahren Empfehlungen „zur Nutzung und baulicher Ausprägung“ der Garnisonkirche erarbeiten. Dieses Ergebnis soll in Verhandlungen zwischen Stadt und Stiftung zu dem Bauwerk einfließen – mit dem Ziel „ergebnisoffener Beratungen jenseits der bereits artikulierten Positionen“. Die Grünen hoffen damit auf eine „Bereicherung der Entscheidungsgrundlagen“, heißt es in dem Antrag. Auch der Schubert-Idee habe es nicht vermocht, die Debatte aus dem „Rahmen der bisher konträr geäußerten Positionen immer wieder der gleicher Gruppierungen“ zu lösen. Daher könne mit dem Bürgerrat „der inhaltliche Diskussionsrahmen erweitert“ werden, so die Grünen-Fraktion. 

Ähnlicher Vorschlag wurde 2015 zurückgezogen 

Doch dürfte ihr Ansatz auch für Kritik sorgen: Ein ähnlicher Vorschlag aus dem Rathaus aus dem Jahr 2015, dass 25 zufällig ausgewählte Potsdamer über das seit Jahren umstrittene Projekt wesentlich mitentscheiden sollen, war damals nach heftiger Kritik von allen Seiten wieder zurückgezogen worden – es war tatsächlich einer der wenigen Punkte, bei denen sich Gegner und Befürworter des Projekts einmal völlig einig waren. 

Mit seinem Vorschlag will Schubert wie berichtet eine möglichst einheitliche Positionierung der Stadtverordneten zu dem Wiederaufbau-Projekt erreichen – auch für mögliche Verhandlungen. Bisher hatte er sich dabei auf die Mehrheit seiner rot-grün-roten Rathauskooperation verlassen können, diese scheint nun aber wackelig. Das Thema war am Dienstagabend auch auf der Tagesordnung des Ausschusses für Transparenz – dort wurde es laut Teilnehmern nach kurzer Diskussion aber vertagt. Wie berichtet will Schubert die wesentlichen Debatten zum Thema im Hauptausschuss führen.

Unterdessen hat die Stiftung Garnisonkirche kühl auf einen Vorstoß von Gegnern des Projekts reagiert, neben der Baustelle für den Turm in der Breiten Straße einen alternativen Lernort zur Geschichte der Kirche zu errichten. Unter Verweis auf die geplante eigene Ausstellung zur Geschichte des Ortes sagte eine Stiftungssprecherin: „Derzeit wird eine ständige Exposition im Garnisonkirchturm ebenso wie die damit verbundene Bildungsarbeit vorbereitet.“ Der Turm sei als exponierter Lernort deutscher Geschichte prädestiniert, die Arbeit stehe unter dem Dreiklang „Geschichte erinnern – Verantwortung lernen – Versöhnung leben“. 

Kritik an Schuberts Kompromissidee 

Wie berichtet hatte der Architekturprofessor und frühere Leiter der Dessauer Bauhaus-Stiftung, Philipp Oswalt, im PNN-Interview den Lernort nahe der Kirche angekündigt. Er soll sich kritisch mit der Gebäudegeschichte befassen, etwa mit der Rolle der Kirche als Symbolort der rechtsradikalen Kräfte in der Weimarer Republik. Gegner werfen der Stiftung regelmäßig vor, solche Aspekte der Historie zu vernachlässigen. Im Frühjahr soll das mit Studenten erarbeitete Vorhaben laut Oswalt umgesetzt werden. 

Schuberts Kompromissidee hatte Oswalt auch kritisiert – die Beschlusslage auch in der Kirche sehe eigentlich vor, das Umfeld der Kirche und eben das Kirchenschiff künftigen Generationen vorzubehalten. Das solle man nicht infrage stellen. Schuberts Idee war aber auch bei den Anhängern der Garnisonkirche auf wenig Gegenliebe gestoßen – so fordert die CDU einen vollständigen Wiederaufbau „mit einem Kirchenschiff nach historischem Vorbild mit einer kirchlichen Nutzung“. Allerdings hat die evangelische Kirche ihre Förderung an die Bedingung geknüpft, dass das Kirchenschiff einen architektonischen Bruch mit der Geschichte der Barockkirche aufweisen muss. 

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