Unterstützung für Schubert-Vorstoß: Bundespräsident begrüßt Kompromisssuche zur Garnisonkirche
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) erhält von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Unterstützung für seinen Vorstoß im Konflikt um den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Steinmeier ist nicht der einzige bekannte Unterstützer.
Potsdam - Für seinen jüngsten Vorstoß im Garnisonkirchen-Konflikt ist Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) zuletzt von Befürwortern wie Gegnern des Wiederaufbaus harsch kritisiert worden. Doch nun gibt es von höchster Ebene Unterstützung für Schuberts Ansinnen, wonach die Stadt sich inhaltlich stärker bei der Erarbeitung der Ausstellung vor Ort einbringen will. Dies befürworten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Schirmherr des Wiederaufbauprojekts ist, und Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche sowie bekannte Potsdamer Geisteswissenschaftler. Zudem will Schubert im Kirchenschiff eine internationale Jugendbegegnungsstätte schaffen.
Eine Sprecherin von Bundespräsident Steinmeier teilte auf PNN-Anfrage mit: „Der Bundespräsident begrüßt Vorschläge, die dazu beitragen können, einer einvernehmlichen Lösung näher zu kommen.“ Steinmeier habe die Schirmherrschaft für das vom Bund mit bis zu 18 Millionen Euro geförderte Projekt mit der Erwartung übernommen, „dass hier ein Lernort der deutschen Geschichte entsteht“. Die im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte und 1968 gesprengte Barockkirche sei „ein schwieriger, ein anspruchsvoller Erinnerungsort“, so Steinmeiers Sprecherin – auch in Anspielung auf die Historie des Baus als Militärkirche und den „Tag von Potsdam“ 1933 mit dem Handschlag von Hitler und Hindenburg. Der Ort trage „all die Widersprüche der preußischen und deutschen Geschichte in sich“, so die Sprecherin des Bundespräsidenten. Ziel des Wiederaufbaus sei daher ein Ort, an dem sich die Öffentlichkeit kritisch mit dieser Geschichte und der Geschichte des Baus auseinandersetzen kann, ließ Steinmeier mitteilen. „Die wissenschaftliche Aufarbeitung und die Schaffung einer Ausstellung sind dafür entscheidend.“ Wie berichtet hatte Schubert eine stärkere inhaltliche Mitarbeit der Stadt bei der Ausstellung angeboten. Zur von Schubert angedachten Jugendbegegnungsstätte neben dem Kirchturm äußerte sich Steinmeiers Sprecherin nicht.
Zädow für bessere Debattenkultur
Potsdams evangelische Superintendentin Angelika Zädow, eines der 15 Mitglieder im Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche, begrüßte auf PNN-Anfrage Schuberts Vorstoß. Zädow sagte: „Das Kuratorium wird jede weiterführende Idee zur inhaltlichen Gestaltung und Konzeption diskutieren.“ Gerade für künftige Generationen halte sie den Ausbau von Bildungsorten für wichtig. Dabei sollte neben der Wissensvermittlung „auch das Erlernen einer soliden Dialog- und Debattenkultur im Vordergrund stehen“. Diese sei auch in der aktuellen Auseinandersetzung notwendig. „Denn allein das Wiederholen des immer schon Gesagten führt nicht zu einem konstruktiven Miteinander – der Schritt von OB Schubert schon.“ Sie würde es begrüßen, wenn Schubert ins Stiftungskuratorium zurückkehrt, wenn die Stadtverordneten seinen Vorschlägen zum Umgang der Stadt mit der Garnisonkirche mehrheitlich folgen. Derzeit lässt Schubert den Sitz wegen gegensätzlicher Beschlusslagen ruhen.
Unterstützung von Susan Neiman
Als „geeignet“ bezeichnete Susan Neiman, Philosophin und Direktorin des international anerkannten Potsdamer Einstein-Forums, auf PNN-Anfrage die Vorschläge Schuberts. Der Blick dürfe vor Ort zudem nicht nur auf die Nazi-Zeit konzentriert werden. „Der kritische Umgang mit der Geschichte muss auch die Komplexität historischer Stätten miteinschließen – vor allem für junge Menschen, die bestenfalls nur die Schlagzeilen kennen“, so Neiman.
Sabrow: Rechenzentrum erhalten
Noch weiter ging der Direktor des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF), Martin Sabrow. Er habe mehrfach für einen Wiederaufbau der Garnisonkirche plädiert, der auch die DDR-Geschichte „nicht ausklammert und überdeckt – sondern im Stadtbild verankert, dass die DDR-Baupolitik an dieser Stelle einen Verwaltungsbau über einen teilzerstörten Kirchenbau triumphieren ließ“, sagte Sabrow den PNN.
Dabei geht es ihm um das benachbarte als Künstlerhaus genutzte ehemalige DDR-Rechenzentrum, dessen Mieter bis 2023 einen Ersatzbau in der Nähe erhalten sollen. Der DDR-Bau stünde dem Kirchenschiff im Weg. Doch von einem Abriss des Rechenzentrums hält Sabrow nichts: „Historische Stadtrekonstruktion darf nicht auf geschichtliche Glättung zielen, sondern hat die Brüche der Geschichte abzubilden.“ Das Rechenzentrum dokumentiere mit seinem denkmalgeschützten Umlaufmosaik „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ eine „noch ungebremste Fortschrittsgewissheit der späten Ulbricht-Ära“, so Sabrow. „Und dass die SED-Diktatur zwei Jahrzehnte später auch an ihrer Unfähigkeit zugrunde ging, den Weg in das Computerzeitalter zu finden, gibt dem Bau eine zusätzliche historische Bedeutung, die einen Abriss dieses in der Stadtgesellschaft noch viel zu wenig bekannten Baus zu einem historischen Frevel machen würde.“
Die Linke im Stadtparlament, Teil des rot-grün-roten Rathausbündnisses, hatte nach dem Schubert-Vorstoß den Erhalt des Rechenzentrums ins Spiel gebracht. Schubert hatte sich dazu nicht positioniert: Der Bau für die Jugendbegegnungsstätte müsse dem Nutzungszweck folgen. Bis 2023 soll dazu ein Konzept vorliegen.
Die Beschlusslage ist eindeutig
Garnisonkirchen-Befürworter wie die Initiative „Mitteschön“ hatten vor allem kritisiert, dass mit dem Schubert-Vorschlag auf ein originalgetreues Kirchenschiff verzichtet werde. Allerdings hatte bereits die evangelische Kirche ihren Millionenkredit für den Turmbau mit der Forderung verknüpft, dass am Kirchenschiff der Bruch mit der Geschichte architektonisch klar erkennbar sein müsse. Dort setzt auch Schuberts Vorhaben an. Und auch Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hatte schon 2017 erklärt, das Kirchenschiff könne auch eine moderne äußere Gestalt haben. Vor allem der 88 Meter Turm gehöre zum Potsdamer Stadtbild, so Stolpe - der auch Mitglied des Kuratoriums ist. Der Garnisonkirchen-Förderverein hatte sich bereits 2016 von der „historisch getreuen“ Errichtung einer Kopie der Gotteshauses verabschiedet.