Braunkohle in Brandenburg: Woidke: Höhere Stromkosten nach Kohleausstieg
Die Kohlekommission berät heute über den Ausstieg aus der Kohle in Deutschland. Was bedeutet das für Brandenburg?
Berlin/Potsdam - Unmittelbar vor dem Treffen der Kohlekommission am heutigen Freitag drängt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) darauf, dass der geplante Ausstieg aus der Kohle keine hohen Belastungen für die Verbraucher bringt. „Bei allem berechtigten Klimaschutz: Wir müssen neben sicheren Arbeitsplätzen und Infrastruktur unbedingt auch Versorgungssicherheit zu akzeptablen Preisen im Blick haben“, sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. „Sonst gehen die Strompreise durch die Decke – für Bürger und Unternehmen. Dann hat niemand gewonnen.“
Kohlekommission spricht über Kohle-Ausstieg
Die Kohlekommission trifft sich an diesem Freitag in Berlin zu einer möglicherweise entscheidenden Sitzung über die Frage des Ausstiegs aus der Kohle in Deutschland. Das Lausitzer Braunkohlerevier ist die zweitgrößte Lagerstätte für Braunkohle in Deutschland. Rund 4500 Menschen sind nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in der Brandenburger Braunkohlewirtschaft beschäftigt. Woidke dringt auf Strukturhilfen des Bundes. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, hat den betroffenen Regionen eine umfangreiche Unterstützung beim Kohleausstieg zugesagt.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) forderte den Bund auf, schnell Maßnahmen für den Strukturwandel in den Kohleregionen umzusetzen. Ein Maßnahmengesetz zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission müsse „noch vor der Sommerpause in den parlamentarischen Prozess kommen“, sagte Steinbach dem Evangelischen Pressedienst in Potsdam. Die Menschen vor Ort seien „der Absichtserklärungen müde“ und wollten nun „Taten sehen“.
Gabriel wirbt für berechenbaren Ausstieg
Der frühere Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wirbt für einen „sukzessiven, planmäßigen und berechenbaren“ Ausstieg aus der Braunkohleförderung in Deutschland. „Für die Energiewirtschaft wäre nichts problematischer als abrupte Abbrüche“, sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende dem Tagesspiegel. Deshalb rate er dazu, in der Kommission nicht zuerst über Jahreszahlen für den Ausstieg zu reden, sondern sich vielmehr mit den Folgen für die Betroffenen in der Region zu beschäftigen. Die Bundesregierung forderte Gabriel auf, sich in Brüssel für die Lausitz einzusetzen. „Die Lausitz muss ein Sonderfördergebiet werden“, sagte er. In der Region sollten Ansiedlungen und Investitionen über einen längeren Zeitraum von mehr als zehn Jahren besonders gefördert werden.
Die CDU-Opposition fordert in einem Papier ein vereinfachtes Planungsrecht für die Braunkohleregionen zur Umsetzung des Strukturwandels. Angesichts eines anstehenden Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung sollte nach Ansicht der CDU die Notwendigkeit einer Erschließung neuer Tagebaufelder und möglicher weiterer Dorfumsiedlungen in Brandenburg hinterfragt werden.
Schellnhuber: Aus wissenschaftlicher Sicht muss 2030 Schluss sein
Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber, der wie Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) Mitglied der 28-köpfigen Kohlekommission ist, warnte davor, Lobby-Interessen über den Klimaschutz zu stellen. „Ich mache mir enorme Sorgen, dass am Ende jeder und alles bedient wird, nur nicht die Vorsorge für die Zukunft getroffen wird“, sagte der Direktor Emeritus des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Aus wissenschaftlicher Sicht müsse die Kohleverstromung spätestens 2030 beendet werden.
Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich laut einer Umfrage einen schnellen Ausstieg aus dem Braunkohle-Abbau. Sechs von zehn Wahlberechtigten (59 Prozent) sprechen sich laut dem aktuellen Deutschlandtrend des „ARD-Morgenmagazins“ dafür aus, den Kohleausstieg aus Gründen des Klima- und Naturschutzes so schnell wie möglich umzusetzen. Zugleich würde ein gutes Drittel der Befragten aufgrund möglicher Versorgungsengpässe und dem Wegfall von Arbeitsplätzen lieber länger an der Förderung der Braunkohle festhalten.
In den von einem Kohleausstieg besonders betroffenen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt blickt man am kritischsten auf einen solchen Schritt: Nur 34 Prozent der dortigen Wahlberechtigten sprechen sich dafür aus, 61 Prozent wollen länger an der Braunkohle festhalten.(mit dpa/epd)