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Bereits am 18. Januar haben in Potsdam rund 300 Schüler für den Braunkohleverzicht demonstriert.
© A. Klaer

Klima-Schülerstreik in Berlin: „Die Klimakrise wartet nicht bis zum Abi“

Luisa Neubauer hat den Klima-Schülerstreik "Fridays for Future" in Berlin angemeldet, zu dem auch Brandenburger anreisen werden. Die Geografiestudentin spricht im Interview über die Angst vor der Zukunft und das Verständnis von Eltern und Lehrern.

Berlin/Potsdam - Heute wollen Schüler, Azubis und Studierende in Berlin für einen Wandel in der Klimapolitik auf die Straße gehen: Ab 12 Uhr erwarten die Organisatoren der Bewegung „Fridays for Future“ („Freitage für die Zukunft“) tausende junge Demonstranten auch aus Brandenburg im Regierungsviertel. Bereits am vergangenen Freitag haben nach Angaben der Klimabewegung rund 30 000 junge Menschen deutschlandweit gestreikt, in Potsdam waren es mehr als 300

Zur heutigen Sitzung der Kohlekommission protestieren die Schüler nun vor dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und zwischen Bundestag und Kanzleramt. Luisa Neubauer (22) hat den Streik für „Fridays for Future“ angemeldet.

Wie sind Sie zu der Bewegung gekommen?
Ich beschäftige mich schon lange mit dem Klimawandel und weiß, dass wir mehr dagegen tun müssen. Als ich im Dezember bei der Weltklimakonferenz in Katowice war, ist mir klargeworden, dass dort nichts gegen den Klimawandel getan wird. Das hat mit wütend gemacht: Wir denken, jemand löst die Klimaprobleme, aber das ist gar nicht so!

Wie ging es dann weiter?
Ich habe auf der Konferenz Greta Thunberg kennengelernt. Sie ist die Initiatorin des ersten Schulstreiks fürs Klima und war mit ihrem Vater dort. Weil sie mit all ihren Terminen recht überfordert war, habe ich sie spontan bei der Konferenz begleitet – und zusammen gestreikt haben wir auch. Allerdings kann man nicht einfach auf der Weltklimakonferenz protestieren, und nach 30 Minuten wurden wir hinausbegleitet. Dann haben wir draußen weitergestreikt. Zurück in Berlin habe ich mit vielen Leuten über meine Erfahrungen gesprochen, wir haben unseren ersten Streik organisiert, uns als „Fridays for Future“ bundesweit vernetzt und uns mit anderen Streikenden und mit NGOs zusammengetan.

Was haben Sie für die Demonstration am Freitag organisiert?
Ich habe unter anderem den Streik angemeldet, den Kontakt zu NGOs aufgenommen und die Anreise von Streikenden mit Bussen organisiert. Außerdem habe ich Musiker, die für uns singen, und Influencer, die über uns berichten, zur Demonstration eingeladen. Ich stehe aber auch direkt im Kontakt mit Schülern, die ihren Eltern erklären müssen, warum sie zum Beispiel zur Demo und nicht zum Matheunterricht gehen wollen.

Warum sollen die Schüler denn gerade während der Schulzeit streiken?
Die Situation ist so bedrohlich! Deswegen müssen wir zu allen Maßnahmen greifen, um zu zeigen, wie dringend sich etwas ändern muss. Grundsätzlich wollen wir, dass das Verhältnis zwischen Eltern, Lehrern und Schülern gut bleibt. Es ist am besten, Lehrer, Schulleiter und Eltern bewusst anzusprechen und zu erklären, warum der Streik so wichtig ist. Es ist ja kein Bildungsstreik: Wir setzen uns für unsere Zukunft ein, nicht gegen die Schule. Aber die Klimakrise wartet nun einmal nicht bis zum Abi.

Welche Konsequenzen müssen Streikende fürchten, wenn sie nicht zur Schule gehen?
Manche bekommen eine Sechs eingetragen, andere unentschuldigte Fehltage. Manche Schulleiter sind gegen jeglichen Aktivismus, manchmal bekommen Schüler persönliche Probleme. Dann wird jedes Mal, wenn sie krank sind, extra nachgeprüft, ob sie nicht wieder bei einer Demo sind.

Was sind die zentralen Forderungen der Demonstranten?
Die Klimakrise muss als Krise wahrgenommen werden. Wir wollen, dass unsere Zukunft und auch die der kommenden Generationen ernstgenommen werden. Die Klimakrise ist nicht verhandelbar. Wenn wir parallel zum Treffen der Kohlekommission streiken, wollen wir so schnell wie möglich den Kohleausstieg erreichen, und zwar unter wissenschaftlicher Maßgabe, nicht aus politischer Strategie.
Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Forderungen seien naiv?
Die Aufmerksamkeit gibt uns Recht. Innerhalb von Monaten sind wir stark gewachsen. Naiv ist es, wenn man glaubt, dass sich etwas ändert, wenn man sich nicht selbst beteiligt. Mich inspiriert die Klarheit und Präzision, mit der die Teilnehmer ihre Forderungen kundtun.

ZUR PERSON: Luisa Neubauer (22) hat den Klimastreik heute in Berlin angemeldet. Die gebürtige Hamburgerin studiert Geografie in Göttingen, ist aber für „Fridays for Future“ zur Zeit viel in Berlin.

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