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Der Ernstfall ist da: Die schon länger in Osteuropa kursierende Afrikanische Schweinepest ist in Brandenburg angekommen. Die Behörden wollen sie nun rasch eindämmen. Beim Export gibt es erste Probleme.
© Lino Mirgeler/dpa

Schlimmeres verhindern: Seuche auf ein möglichst kleines Gebiet begrenzen

Brandenburg hat Pläne vorgestellt, wie die Afrikanische Schweinepest eingedämmt werden könnte. Schweinezüchter aus ganz Deutschland haben Sorge, dass der Export von Schweineohren einbricht.

Kuhsdorf/Forst/Potsdam/Berlin - Nun ist es also doch geschehen. „Die Hoffnung war vergebens“, sagt Schweinezüchter Robert Hagemann aus Kuhsdorf in der Prignitz: „Wir mussten zwar damit rechnen, aber es wird uns schaden und deshalb war es an diesem Mittwochabend ein Schock für viele.“

Am Mittwochabend hatte sich angedeutet, was am Donnerstagmorgen durch das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit bestätigt wurde: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist in Deutschland angekommen. Zwar „nur“ bei Wild- und nicht bei Hausschweinen. Zwar ungefährlich für Menschen, zwar nur im östlichen Zipfel der Bundesrepublik – dennoch mit weitreichenden Konsequenzen für alle Schweinehalter Deutschlands.

Wie Robert Hagemann hatten sie gehofft, dass das ASP-Virus an ihnen vorbeigehen würde – auch wenn es seit 2014 bereits in einigen Nachbarländern wie Belgien oder Tschechien grassierte. Allerdings waren in den vergangenen Monaten in Westpolen immer wieder infizierte Wildschweine gefunden worden, oft nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt.

Infektionskette unklar

Ob das jetzt in der Nähe von Forst im Landkreis Spree-Neiße entdeckte tote Tier sich bei Artgenossen aus Westpolen infiziert hat, ist noch unklar. Der Leiter des Friedrich-Löffler-Instituts, Thomas Mettenleiter, meint, es bedürfe zur Klärung dieser Frage erst weiterer Untersuchungen. Mettenleiter war einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mit Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag zugeschaltet. Die Bundeslandwirtschaftsministerin verhehlte dabei nicht ihre Sorge, betonte aber immer wieder, dass man auf diesen Moment gut vorbereitet sei.

Zugleich bedauerte sie, dass präventive Maßnahmen wie der mobile Schutzzaun, den Brandenburg auf 120 Kilometern Länge an der Grenze errichtet hatte, den Seuchenausbruch nicht verhindern konnten. Pläne für einen wirksameren festen Zaun scheiterten, weil letztlich Polen den Plänen nicht zugestimmt hatte.

Auch Julia Klöckner wies aber darauf hin, dass nicht sicher sei, ob der Ausbruch mit dem Infektionsgeschehen auf polnischer Seite in Verbindung stehe. Es könne auch durch ein an der Autobahn sorglos weggeschmissenes Wurstbrot verursacht worden sein.

Deutschland verliert den Status "tierseuchenfrei"

Jedenfalls ist die Afrikanische Schweinepest nun im Land und da das jetzt gefunden Tier wohl schon vor längerer Zeit damit infiziert wurde – der Kadaver war schon verwest – könnten durchaus noch weitere Wildschweine betroffen sein. Deshalb konzentrieren sich Bund und Land Brandenburg jetzt darauf, eine Ausbreitung zu verhindern. Dafür habe man bereits in den vergangenen Monaten die rechtlichen Grundlagen geschaffen, sagte Klöckner. Sie äußerte Verständnis für die Sorgen vieler Tierhalter, die massive Einbrüche der Fleischexporte befürchten. Allerdings solle der Nachweis des Virus bei einem einzigen Wildschwein in einem begrenzten Gebiet auch nicht überbewertet werden. „Es heißt nicht, dass Deutschland jetzt als komplett infiziert gilt“, sagte die Ministerin.

Brandenburgs grüne Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher verwies hingegen wie viele Experten darauf, dass Deutschland nun dennoch den Status „tierseuchenfrei“ beziehungsweise „ASP-frei“ verliert. Zumindest für die Exporte außerhalb der Europäischen Union könnte das dramatische Folgen haben. Julia Klöckner teilte dann auch mit, dass sie mit den zuständigen chinesischen Behörden im Gespräch sei.

"Wir brauchen die Chinesen!“

„Hoffentlich erfolgreich“, wünscht sich Tierhalter Robert Hagemann. Seiner Ansicht nach kann Deutschland nicht auf den asiatischen Markt verzichten. Das liege vor allem daran, dass die meisten Deutschen und Europäer nur noch die ihrer Ansicht nach edlen Teile eines Schweins konsumieren. Knapp die Hälfte des Tiers bestehe aber aus Teilen, die hierzulande nicht (mehr) gegessen würden: Kopf, Schnauze, Ohren, Pfoten. In Asien hingegen sind das Delikatessen. „Frittierte Schweineöhrchen knabbert der Chinese abends vor dem Fernseher“, sagt Hagemann: „Wenn die uns das alles nicht mehr abnehmen, verlieren wir etwa die Hälfte unserer Einnahmen. Wir brauchen die Chinesen!“

Der Weltmarkt wird auf die Nachricht aus Brandenburg wohl mit Preissenkungen für Schweinefleisch reagieren, glaubt Hagemann. Und für die dadurch verursachten Verluste erhalten die Tierhalter keine Entschädigung, anders als etwa für das Töten von Schweinen bei einem Ausbruch in einer Mastanlage. Deshalb haben an diesem Donnerstag so viele Tierhalter voll Bangen nach Brandenburg geschaut.

Diverse Maßnahmen werden umgesetzt

Dort hat man zwar auch den Weltmarkt im Blick, ist aber erst einmal mit konkreten Maßnahmen beschäftigt, um Schlimmeres zu vermeiden. „Wir stehen erst am Anfang“, sagte Ministerin Nonnemacher: „Jetzt gilt es, das Ausmaß festzustellen und einzugrenzen, damit die Seuche auf ein möglichst kleines Gebiet begrenzt bleibt.“ Deshalb wird nun in einem Radius von 15 Kilometern eine Sperrzone eingerichtet, ein so genanntes „vorläufiges Gefährdungsgebiet“, in dem Restriktionen gelten. 

Landestierarzt Stephan Nickisch sagte, um den Fundort solle eine Sperrzone mit einem Radius von mindestens drei Kilometern gezogen werden. Die Zone soll dann auch eingezäunt, das Betreten soll verboten werden. 
Landestierarzt Stephan Nickisch sagte, um den Fundort solle eine Sperrzone mit einem Radius von mindestens drei Kilometern gezogen werden. Die Zone soll dann auch eingezäunt, das Betreten soll verboten werden. 
© Frank Rumpenhorst/dpa

So wird ein striktes Jagdverbot für alle Tierarten angeordnet, um eventuell infiziertes Schwarzwild nicht aufzuschrecken. Aus dem gleichen Grund könnte es auch Ernteverbote für Maisfelder geben. In dem 15-Kilometer-Radius befinden sich etwa 14 landwirtschaftliche Betriebe, die Schweine halten. Ab sofort darf Schweinefleisch – ASP gilt als hochinfektiös selbst bei verarbeitetem Fleisch und Wurst – dieses Gebiet nicht verlassen. Später werde außerdem eine Kernzone um den Fundort des Kadavers ausgewiesen – etwa im Radius von drei Kilometern, sagte Landestierarzt Stephan Nickisch. „Dort gilt dann ein Betretungsverbot". Zudem werde die Suche nach weiteren Kadavern von möglicherweise infizierten Wildschweinen intensiviert. Denn mit dem Virus können die meist nicht lange überleben.

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