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Bei der Abstimmung im Landtag Brandenburg könne es eng werden für Schröters geplantes Polizeigesetz.
© Ralf Hirschberger/dpa

Landtag Brandenburg: Scheitert das neue Polizeigesetz?

In der Linksfraktion gibt es einige Abweichler. Bei der heutigen Abstimmung im Landtag Brandenburg könnte es deswegen knapp werden für den rot-roten Gesetzentwurf zum neuen Polizeigesetz.

Potsdam – Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) muss zittern: Vor der heutigen Abstimmung zum Polizeigesetz im Landtag steht die Linksfraktion nicht geschlossen hinter dem Kompromiss der rot-roten Koalition. Bei einer Probeabstimmung am Dienstag stimmten drei Abgeordnete nicht für die geplante Gesetzesnovelle, wie Fraktionschef Ralf Christoffers erklärte.

Die frühere Verbraucherschutzministerin Anita Tack sowie Ex-Justizminister Volkmar Schöneburg, der an den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner beteiligt war, enthielten sich. Die wissenschaftspolitische Sprecherin Isabelle Vandré, die auch Mitglied der Linksjugend Solid ist, stimmte im Probedurchlauf gegen den Entwurf. Dieser war wie berichtet nach monatelangem Ringen zwischen SPD und Linke vor zehn Tagen zustande gekommen.

Sofern nicht weitere Abweichler dazukommen und nicht viele Abgeordnete der Abstimmung im Landtag fernbleiben, dürfte die rot-rote Mehrheit für eine moderate Verschärfung des Polizeigesetzes dennoch stehen. Die Linksfraktion stellt 17, die SPD-Fraktion 30 der 88 Parlamentarier. Seine Fraktion stehe geschlossen hinter dem Gesetzentwurf, erklärte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff.

Die Opposition lehnt den Gesetzentwurf ab

Die fraktionslose Abgeordnete Iris Schülze hatte ebenfalls angedeutet, für den rot-roten Kompromiss stimmen zu wollen. Die Opposition lehnt ihn ab – aus verschiedenen Gründen. Der CDU geht die geplante Erweiterung der Befugnisse nicht weit genug. Rot-Rot habe den Koalitionsfrieden über die Sicherheit der Menschen in Brandenburg gestellt, sagte CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben am Dienstag.

Den Grünen wiederum geht der Gesetzentwurf zu weit. Die Position der Grünen, die eine Einschränkung der Bürgerrechte fürchten, teilen auch einige Linke. Aus dem Entwurf von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) wurden geplante Befugnisse für die Polizei auf Druck des Koalitionspartners Linke gestrichen, etwa das Ausspähen von Messengerdiensten oder der Einsatz elektronischer Fußfesseln für Gefährder.

Es könnte eng werden für Rot-Rot

Der abgeschwächte Gesetzentwurf ist dennoch eine Verschärfung der aktuellen Regelung, zum Beispiel wird der Einsatz von Bodycams, also Körperkameras, für Polizisten ermöglicht. Linke aus anderen Ländern hatten die Brandenburger Linksfraktion wie berichtet in einem offenen Brief zum Nein aufgefordert. Unterzeichnet hatten ihn auch Solid-Vertreter aus Brandenburg.

Im November 2018 zog ein Demonstrationszug gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz durch Potsdam.
Im November 2018 zog ein Demonstrationszug gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz durch Potsdam.
© Ralf Hirschberger/dpa

Bei der Abstimmung im Landtag könne es eng werden für Rot-Rot, prophezeit Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. Das Polizeigesetz in der jetzigen Form sei ausreichend, Bürgerrechte dürften nicht weiter eingeschränkt werden – zumal Polizei und Staatsanwaltschaften in Brandenburg schon jetzt von Mobilfunkbetreibern immer häufiger Auskünfte über den Standort von Handys, Telefonnummern und Gesprächsdauer einholen. Das geht aus der Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor. Im Jahr 2017 gab es demnach 340 Fälle, in denen die Polizei Handydaten bei der Suche nach Vermissten und bei Ankündigung eines Selbstmords abfragte. Das waren rund 60 mehr als ein Jahr zuvor und rund 100 mehr als 2015.

Telefonnummern werden häufiger gespeichert

Auch die Zahl zeitlich begrenzter Speicherungen von Telefonnummern, Nummern von Kundenkarten oder Daten für die Positionsbestimmung von Handys zur Strafverfolgung sind um 33 auf 386 gestiegen. Diese Fälle beziehen sich auf Straftaten wie Mord und Totschlag, Bandendiebstahl, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Grundsätzlich müssen polizeiliche Überwachungen durch ein Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann ein Behördenleiter den sogenannten Richtervorbehalt ersetzen.

Von 174 Anordnungen für eine Abfrage bei den Mobilfunkbetreibern wurden im Berichtsjahr 167 Fälle mit Gefahr im Verzug begründet. 2016 hatte es 159 Anordnungen, ein Jahr zuvor 139 gegeben – nahezu alle wegen Gefahr im Verzug.

Nach Angaben des Innenministeriums gab es 2017 auch drei Telefonüberwachungen, um einen Terroranschlag oder eine andere Straftat zu verhindern. Im Jahr zuvor wurden aus diesen Gründen Telefone in zwei Fällen angezapft.

Nach Ansicht von Nonnemacher ist der Richtervorbehalt, der im geplanten neuen Polizeigesetz auch einigen Maßnahmen vorgeschaltet ist, in den wenigsten Fällen ein wirklicher Vorbehalt. „In den meisten Fällen dient er der nachträglichen Legitimation bereits durchgeführter Maßnahmen“, sagte sie. Ein wirksamer Grundrechtsschutz der Bürger könne so nicht gewährleistet werden. (mit dpa)

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