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Die Berechnung der Kitagebühren nachvollziehen zu können, stellt Eltern vor große Herausforderungen. Eine Landestabelle soll nun für mehr Klarheit sorgen.
© Thilo Rueckeis

Brandenburger Kitagesetz: Mehr Durchblick im Beitragschaos

Das Ministerium hat die Novelle des Kitagesetzes auf den Weg gebracht. Damit sollen unter anderem die Betreuungsqualität verbessert und Klarheit bei der Berechnung der Elternbeiträge geschaffen werden.

Potsdam - Brandenburg plant in der neuen Legislatur eine große Kitareform, unter anderem sollen die Beitragsfreiheit für Eltern ausgeweitet und die Finanzierung der Einrichtungen transparenter werden. In einem ersten Schritt bringt das Bildungsministerium eine Kitagesetz-Novelle auf den Weg, die Ministerin Britta Ernst (SPD) am Donnerstag in Potsdam vorstellte und die nach Abstimmungen mit Verbänden im Februar dem Kabinett vorgestellt werden soll. Die PNN geben einen Überblick, was sich ab dem 1. August in den rund 2000 Betreuungseinrichtungen im Land ändern soll.

Mehr Erzieher

Mit der Gesetzesnovelle soll der Personalschlüssel im Kindergarten für Kinder von drei bis sechs Jahren von derzeit 1:11 auf 1:10 verbessert werden. Dafür seien etwa 650 zusätzliche Erzieher nötig, so Ernst. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und Grünen ist zudem vereinbart, ab 2021 den Personalschlüssel auch in der Krippe zu verbessern. Perspektivisch soll dann eine Erzieherin nur noch für vier statt fünf Kinder im Kleinkindalter zuständig sein. Um die Verbesserungen umsetzen zu können, müssten aber genug Erzieher gefunden werden, machte Ernst deutlich. Deswegen setze man die Qualitätsverbesserung nur schrittweise um und befinde sich in Gesprächen mit den Trägern, wie der Erzieherberuf attraktiver gemacht werden könne. „Die Verbesserung beim Personalschlüssel ist ein wichtiger Schritt für mehr Qualität und bessere Arbeitsbedingungen in der frühen Bildung. Damit nähert sich Brandenburg mit einem großen Schritt den Empfehlungen der Bertelsmann-Stiftung an“, sagte der Geschäftsführer des Kitaträgers Fröbel, Stefan Spieker, in einer ersten Stellungnahme. Die Fröbel-Gruppe hatte 2018 mit einer Selbstanzeige wegen Überlastung in den Kitas für Furore gesorgt und die Debatte über eine Verbesserung des Betreuungsschlüssels vorangetrieben.

Weniger Beitragschaos

Zudem will das Ministerium mit der Gesetzesnovelle für mehr Rechtssicherheit und Vergleichbarkeit der Elternbeiträge sorgen. Eltern hatten in mehreren Kommunen gegen die aus ihrer Sicht falsch ermittelten Beiträge geklagt, meist ging es dabei darum, ob Betriebskosten für die Kalkulation der Elternbeiträge herangezogen werden dürfen oder nicht. Nun will das Land eine rechtssichere Tabelle vorlegen, nach der die Beiträge festgesetzt werden können. Aufgrund der kommunalen Selbstverwaltung und der Trägerautonomie könne das Jugendamt nicht direkt eingreifen, stellte Ernst klar. Die Umsetzung der Tabelle ist also keine Pflicht. Das Land habe aber einen Vorschlag entwickelt, um die strittige Kitafinanzierung auf neue Füße zu stellen. Basis der Beitragstabelle des Landes sind nicht die Betriebskosten, sondern nur die Zumutbarkeit der Elternbeiträge.

Träger, die ihre Beiträge weiter selbst berechnen und die Tabelle nicht nutzen wollen, sollen mit einer Muster-Elternbeitragssatzung ein Hilfsmittel an die Hand bekommen. Dabei gehe es um eine einheitliche Praxis bei der Beitragsberechnung, nicht aber um landesweit einheitliche Elternbeiträge in konkreter Höhe, wie Ernst betonte. Unmut bei den Eltern gibt es auch deshalb, weil die Beiträge von Kommune zu Kommune teils sehr unterschiedlich ausfallen. Fakt sei: Der höchste Elternbeitrag dürfe nicht höher sein als die anteiligen Betriebskosten des Trägers, die rechnerisch auf einen Platz entfallen. Das sei die Rechtslage, so Ernst. Sie erwarte „kontroverse Debatten“ zum seit Jahren strittigen Thema Elternbeiträge, halte diesen Vorschlag aber für einen guten Kompromiss, so Ernst. „Wir begrüßen, dass die Ministerin beim Kitagesetz so schnell nach der Wahl konkret wird. Der neue Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage für die notwendige Diskussion“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) am Donnerstag.

Die im Koalitionsvertrag avisierte Ausweitung der Kitabeitragsfreiheit wird mit der Novelle noch nicht umgesetzt. Die Kenia-Koalition will 2022 das vorletzte Kitajahr vor der Einschulung beitragsfrei stellen, bislang gilt das nur für das letzte Jahr. Ab 2024 sollen Eltern dann für den gesamten Kindergartenbereich für Kinder von drei bis sechs Jahren nichts mehr bezahlen müssen. Die vom Landeskitaelternbeirat, der oppositionellen Linksfraktion und den Freien Wählern im Landtag geforderte sofortige, komplette Beitragsfreiheit sei momentan nicht zu finanzieren, so Ernst. Perspektivisch soll die Kinderbetreuung in Brandenburg für Eltern aber kostenlos werden.

Impfpflicht gegen Masern

Wer sein Kind in einer Brandenburger Kita oder bei einer Tagesmutter betreuen lassen will, muss künftig einen Nachweis über eine erfolgte Masernimpfung vorlegen. Bundesrechtliche Regelungen zum Masernschutz würden damit in Landesrecht umgesetzt, erklärte Bildungsministerin Ernst. Das Bundeskabinett hatte das Gesetz für eine Impfpflicht gegen Masern vergangenen Juli auf den Weg gebracht. Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt, Kinder innerhalb der ersten zwei Jahre zweimal gegen Masern impfen zu lassen. Dieses Ziel erreichen in Brandenburg nur 73,5 Prozent der Kinder. Der Landtag hatte im Vorjahr für eine Impfpflicht gestimmt. Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich für eine Impfpflicht ausgesprochen. „Wir können uns bei dem Thema keine esoterischen Diskussionen leisten“, hatte er erklärt. Es gehe um die Gesundheit von Säuglingen, Kindern und chronisch kranker Menschen, die nicht geimpft werden können.

Mehr Kinderschutz

Über die Kitagesetznovelle soll auch der Kinderschutz verbessert werden. Um zu verhindern, dass einschlägig Vorbestrafte in der Kinder- und Jugendhilfe tätig werden können, wird für die Jugendämter die Einsichtnahme in Führungszeugnisse erleichtert. Bislang konnte nur das einfache, künftig soll das erweiterte Führungszeugnis eingesehen werden. Zudem kann das Jugendministerium in Zukunft anordnen, dass ein Träger oder eine Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung sich fachlich begleiten lassen muss und dafür geeignete Stellen benennen. So ist es bereits geschehen nach den Gewaltvorwürfen gegen ein Jugendheim in Jänschwalde (Spree-Neiße). Um die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche, die in Heimen untergebracht sind, besser durchzusetzen, werden die Heimträger künftig verpflichtet, Kinder in der Schule anzumelden, wenn die Sorgeberechtigten das versäumt haben.

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