Personalumbau im Gesundheitsministerium: Linke Lastenträger
Susanna Karawanskij als Ministerin und Andreas Büttner als Staatssekretär sollen nach dem Pharmaskandal im Brandenburgs Behörden aufräumen. Am Freitag berät der Landesvorstand der Linken über die Personalien.
Potsdam - „Wer etwas tut, der ist natürlich nicht vor Fehlern gefeit.“ Der Satz stammt von Susanna Karawanskij. Der Frau, die nach dem Willen der Linken nach Diana Golze neue Sozial- und Gesundheitsministerin in Brandenburg werden soll. Am heutigen Freitag entscheidet der Landesvorstand in Potsdam über die Personalie. Aber mit einer Überraschung, der Ablehnung Karawanskijs etwa, ist nicht zu rechnen. Schließlich ist nicht mehr viel Zeit: Kommenden Mittwoch soll die neue Ministerin im Landtag vereidigt werden – gemeinsam mit dem bisherigen Cottbuser Hochschulpräsidenten Jörg Steinbach, der auf Albrecht Gerber (SPD) folgt, der aus familiären Gründen ein Jahr vor der Landtagswahl aus dem Kabinett ausscheidet.
Karawanskij war Ostbeauftragte der Bundestagsfraktion
Von Fehlern also spricht Karawanskij – und meint damit nicht die gravierenden Fehler, die unter ihrer Amtsvorgängerin Diana Golze im Ministerium und im nachgeordneten Landesgesundheitsamt begangen wurde: Das viel zu späte Einschreiten gegen Lunapharm, die Brandenburger Firma, die mit in Griechenland gestohlener, womöglich unwirksamer Krebsarznei gehandelt haben soll, das Nichtwissen und Schweigen. Ein beispielloser Skandal, der letztendlich zum Rücktritt Golzes geführt hat. Der zitierte Satz Karawanskijs bezieht sich aber auf etwas ganz anderes. Er stammt aus einer Rede im Bundestag 2017, in der sie CDU und SPD angreift: „Ich verstehe nicht, warum diese Koalition regelmäßig etwas tut und dabei immer wieder den gleichen Fehler begeht, also mit vehementer Konstanz den Osten hinten runterfallen lässt.“
Der Osten war das Thema der 38-jährigen Politik- und Kulturwissenschaftlerin aus Leipzig. Von 2013 bis 2017 war sie Bundestagsabgeordnete und zeitweise auch Ostbeauftragte ihrer Fraktion sowie Sprecherin für Kommunalfinanzen. Im Vorjahr verpasste sie den Wiedereinzug ins Parlament, arbeitet seitdem als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Fraktion. Schaut man sich ihre früheren Bundestagsreden an, findet man da Themen wie „Steueroasen austrocknen“ oder „soziale Schere Ost-West durch gerechte Umverteilung schließen“. Die Themen Soziales, Arbeit, wohl auch Familie, die zu dem Megaressort gehören, sind ihr demnach nicht fremd. Aber wie steht es mit dem Bereich, der nach dem Pharmaskandal komplett neu aufgestellt werden muss, auf den es nun ankommt: Gesundheit?
Mehr Aufklärung für die Patienten
Expertise in Gesundheitsfragen bringt Karawanskij, verheiratet, ein Kind, nicht mit. Zum Pharmaskandal, den sie nun weiter aufklären muss, soll sie nach Berichten aus Parteikreisen gesagt haben: Sie wolle die Patienten ins Zentrum rücken. Das ist bislang nicht geschehen. Wie berichtet hat das Landesgesundheitsamt erst sieben Wochen nach Bekanntwerden der Affäre begonnen, betroffene Patienten in Brandenburg zu identifizieren. Außerdem habe Karawanskij in „Bewerbungsgesprächen“ deutlich gemacht, dass sie Druck machen wolle, um auch auf bundespolitischer und europäischer Ebene Änderungen bei der Medikamentenkontrolle zu erwirken.
Diana Golze entscheidet über eigene Nachfolge mit
Jemanden zu finden, der von vorneherein mit seinem Wissen alle Bereiche – Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen – abdecke, sei nahezu unmöglich, heißt es aus der Partei. „Sie ist eine sehr kluge Frau, die sich schnell in Themen einarbeitet und weiß, was sie will“, sagt ein Mitglied des Landesvorstands. Dieser stimmt am heutigen Freitag über die Golze-Nachfolge ab. Mit dabei: Diana Golze, die trotz ihres Rücktritts neben Anja Mayer Landesvorsitzende der Linken geblieben ist – und sich zumindest auf ihrem Twitterprofil sogar noch immer als Ministerin fühlt.
Gar von Golze selbst soll der Vorschlag für ihre Nachfolge aber nicht gekommen sein, wird versichert. Aber: Golze und Karawanskij dürften sich zumindest ganz gut kennen. Golze war von 2005 bis 2014 Bundestagsabgeordnete, zwei Jahre lang saßen die beiden jungen Linkspolitikerinnen also gemeinsam auf der Fraktionsbank.
Andreas Büttner soll Staatssekretär werden
Aus Brandenburger Sicht fast noch spannender ist der geplante Wechsel auf Staatssekretärsebene: Der frühere FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Andreas Büttner, soll nach PNN-Informationen neuer Staatssekretär im Sozialministerium werden. Büttner war erst 2015 bei der FDP aus und in die Linke eingetreten. Er soll Almuth Hartwig-Tiedt (Linke) ersetzen, die durch den Pharmaskandal untragbar geworden war, weil auch an ihr die Informationen im Lunapharm-Fall über lange Zeit vorbeigegangen sind. Der 45 Jahre alte Büttner ist von Beruf Polizist. Wenn man Verbindungen zu seinen künftigen Aufgabenbereichen sucht: In seiner Landtagszeit für die FDP war der gläubige Mormone aus der Uckermark zumindest frauenpolitischer Sprecher seiner damaligen Partei, die 2014 den Wiedereinzug in den Landtag verpasste. Seine Rückkehr nach Potsdam in neuer Funktion wollte Büttner auf Anfrage zunächst nicht kommentieren. Der Neu-Linke ist mittlerweile auch im Landesvorstand der Partei. Das heißt, er kann am Freitag die Personalien gleich selbst mit beraten, bevor sie am Abend offiziell bekanntgegeben werden sollen.